Mit Schalke in Barcelona – Teil 3
Nachdem ich in „Mit Schalke in Barcelona – Teil 2“ berichtete, was wir am Spieltag (Donnerstag, 23. Februar) erlebt haben, möchte ich euch heute mitnehmen auf einen bebilderten Spaziergang quer über den Montjuic.
Mit dem klaren 3:0-Sieg gegen den RCD Espanyol hatte unsere kleine Reisegruppe den Schalke-Teil des Barcelona-Trips bekanntlich erfolgreich abgeschlossen. Es folgten zwei volle Tage, die ausschließlich dem Sightseeing gewidmet sein sollten.
Ich hatte ja schon geschrieben, dass Henrietta und ich bereits vor einem knappen Jahr Barcelona besucht hatten. Aus diesem Grund trennten wir uns am Freitagmorgen bereits nach dem Frühstück von unseren Mitreisenden, die einen „Gaudi-Tag“ einlegen wollten. „Casa Mila“ und „La Sagrada Familia“ sind natürlich einen Besuch wert, wenn man aber erst vor 365 Tagen das Vergnügen hatte, will man etwas anderes sehen. Also entschieden wir beide uns dafür, etwas in Angriff zu nehmen, was beim letzten Mal noch „liegen geblieben“ war: eine Fahrt mit der Seilbahn über Barcelonas Hafen bis auf den Hausberg Montjuic.
Es gibt kaum eine Postkarte von Barcelona, auf der die berühmte Seilbahn (offiziell: „Transbordador Aeri“) nicht zu sehen ist. Warum? Das wird mir ab sofort ein Rätsel bleiben! Immerhin 7,50 Euro mussten wir pro Nase dafür berappen, um die Aussichtsplattform des „Torre de Jaume“, die Mittelstation von insgesamt drei Einstiegsstellen, erklimmen zu dürfen. Oben angekommen bot sich uns zwar ein schöner Blick über die historische Innenstadt – aber das war es dann auch. Die Fahrt selbst war eine herbe Enttäuschung. Zusammengefercht auf vier oder fünf Quadtratmeter teilten wir uns die Kabine mit 18 weiteren Mitfahrern und einer diplomierten Seilbahnführer-Fachkraft. Zu sehen gab es bei der Enge überhaupt nichts und nur wenn man Glück hatte konnte man über die Schulter des Vordermanns einen Blick durch die schmierigen Fenster werfen. Keine fünf Minuten nach Fahrtbeginn war alles auch schon wieder vorbei.
Die nächste Enttäuschung dann direkt nach dem Verlassen der Seilbahnstation am Placa de l’Armada. Hatten wir uns die besch… Fahrt noch damit schöngeredet, dass wir nach unserer Nachtwanderung zum Olympiastadion vom Vortag nun den Montjuic nicht noch einmal per Pedes bezwingen müssen, mussten wir sehr schnell erkennen, dass entgegen unseren Erwartungen die Seilbahn noch nicht einmal ansatzweise in Gipfelnähe endete. Was auf dem Stadtplan noch aussah wie eine Strecke von vielleicht zehn Minuten, wurde ein Marsch von mehr als einer Stunde. Was so ein (auf Stadtplänen nicht vermerkter) Höhenunterschied doch alles ausmachen kann.
Der Fußweg führte uns durch diverse Gartenanlagen und Parks, die für den Montjuic typisch sind. Bis vor 100 Jahren war der Hügel noch nahezu unerschlossen. Erst einer Weltausstellung Anfang des 20. Jahrhunderts hat Barcelona es zu verdanken, dass das ursprünglich sehr unwegsame Terrain in ein schmuckes Naherholungsgebiet mit Fußwegen, Museen, Galerien und Grünanlagen umgewandelt wurde. Die Olympischen Spiele von 1992, die zu einem Großteil in Sportstätten auf dem Montjuic ausgetragen wurden, taten ihr übriges hinzu. Nach wie vor ist der Montjuic allerdings für Wohnhäuser Tabu – nicht die schlechteste Entscheidung, wie ich meine.
Das Ziel unseres Marsches war das „Castell de Montjuic“ am höchsten Punkt des Berges. Von hier aus hat man einen wirklich überwältigenden Blick auf das Meer, über Barcelona und über die gesamte Talsenke, in die sich die Stadt zwängt. Eine strategisch extrem gute Lage, dachten sich auch die Besatzer aus Madrid, die das Castell Anfang des 18. Jahrhunderts errichteten, um von dort aus regelmäßig Barcelona bombardieren oder Aufstände gegen die Fremdherrschaft niederschlagen zu können. Insgesamt ist das Castell somit ein sehr dunkles Kapitel der Stadtgeschichte, das bis in der 1960er-Jahre reichte. Denn erst vor knapp 50 Jahren übergab Spaniens Diktator Franco das Gemäuer an die Stadt Barcelona und zog seine Truppen ab. Verständlich, dass auch heute die Katalanen sich nicht als vollständiger Teil Spaniens, sondern als eigenes Volk sehen und nach wie vor nach Autonomie streben. Der Umstand, dass im „Castell de Montjuic“ eine Dauerausstellung zur Militärhistorie beheimatet ist, die mit keinem Wort darauf eingeht, wie viel Tod und Leid die Festung über Barcelona gebracht hat, kann da nicht unbedingt als versöhnendes und einendes Element angesehen werden.
Nachdem wir das Castell besichtigt und die endlich zwischen den Wolken herausblitzende Sonne begrüßt hatten, machten wir uns an den Abstieg. Vorbei am Olympiastadion, in dem wir vor wenigen Stunden noch den Sieg der Schalker gefeiert hatten, vorbei am Palau d’Esports Sant Jordi, in dem es 1992 um olympische Medaillen ging, quer durch die Gärten von Joan Maragal standen wir plötzlich vor dem Palau Nacional, in dem das Katalanische Museum für Künste untergebracht war. Ein beeindruckender Bau mit großer Kuppel, den ich von weitem als Kirche missgedeutet hatte. Das eigentliche Highlight war aber nicht das Museum, sondern der tolle Ausblick über die Stadt beim weiteren Abstieg zum Placa d’Espanya über – im stetigen Wechsel – Treppen und Plateaus und immer vorbei an weitläufigen Springbrunnen-Galerien.
Tja, hätte man das mal vorher gewusst. Vom Placa d’Espanya aus kann man den Montjuic auf ganz einfache Art und völlig kostenlos erklettern. Die längsten und steilsten Stücke sind mit Rolltreppen ausgestattet und überhaupt lohnt der Aufstieg von hier aus weit mehr als über die dem Meer zugewandte Seite. Die 7,50 Euro pro Nase für die Seilbahn hätten wir auf jeden Fall besser in Tapas und Vino investiert.
Ein Blick vom Palau Nacional aus hinweg über die mit riesigen Springbrunnen gesäumten Anlagen hinüber zum Placa d’Espanya.
Vom Placa d’Espanya aus machten Henrietta und ich uns fix auf den Weg zurück zum Hotel, wo die übrigen Mitfahrer wieder zu uns stießen. Nach einem schnellen Abendessen ließen wir den Tag lange, feucht und sehr fröhlich mit ein paar Guiness, Sangria und Live-Musik im sehr empfehlenswerten „Ryan’s Pub“ unweit des Picasso-Museums ausklingen.
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