Gesunde Almluft sorgt für erste Zeichen der Besserung

09. Mrz. 2008 | Keine Kommentare

Christian Pander - Quelle: schalkefan.deDrei Tage nach dem Weiterkommen in der Champions-League findet der FC Schalke 04 auch in der Liga endlich wieder in die Spur zurück. Beim „traditionellen“ Sieg in Bielefeld – es war der achte Dreier in den letzten acht Spielen gegen die Ostwestfalen – präsentierte sich Schalke zunächst eine Halbzeit lang sehr gut und endlich auch wieder spielerisch gefällig, danach 25 Minuten lang absolut desolat, schlussendlich dann doch wieder souverän. Ein verdienter „Dreier“, der nur kurz gefährdet war und der für etwas mehr Ruhe sorgen könnte. Zudem feierten mit Christian Pander und Gustavo Varela gleich zwei Spieler nach langer Verletzungspause ihre Comebacks und hatten gleich entscheidenden Anteil am Erfolgserlebnis. Varela als Torschütze in der 24., Pander als Vorbereiter in der 76. Minute.

Schalke begann konzentriert und mit überraschender Startaufstellung: Für den gesperrten Ernst rückte nicht etwa Carlos Grossmüller in die Startelf, sondern Rekonvaleszent Gustavo Varela. Heiko Westermann musste „seine“ linke Abwehrseite für Christian Pander räumen und wanderte nach rechts, wo er den ebenfalls gelb gesperrten Rafinha so vorzüglich ersetzte, dass Schalke im kommenden Heimspiel gegen Duisburg ein Luxusproblem haben könnte. Taktisch hatte sich Trainer Mirko Slomka diesmal für ein 4-4-2 entschieden – der nach der „Handschlag-Affäre“ begnadete Kevin Kuranyi und Halil Altintop bildeten die Sturmspitzen. Dafür blieb Gerald Asamoah auf der Bank.

Bielefelds Trainer Frontzek hatte vor dem Spiel getönt, dass seine Mannschaft von Beginn an druckvoll in die Zweikämpfe gehen wolle, um den Schalkern nach der langen und kräftezehrenden Europapokal-Nacht direkt Paroli bieten zu können. Entweder hat er ohne rot zu werden geflunkert, oder sein Team wollte die Anweisung nicht umsetzen. Denn von Druck oder gar aktivem Pressing war bei den Gastgebern zunächst nichts zu sehen. Wie das Kaninchen vor der Schlange zog sich Bielefeld ängstlich zurück und ließ Schalke kommen.

Traditionell entwickelt sich in solchen Situationen ein Spiel, in dem Schalke handballmäßig um den Strafraum herumspielt, um dann durch eine hohe Flanke aus dem Halbfeld den Angriff abzuschließen. Nicht so gestern. Schalke fand schnell das richtige Mittel bestehend aus schnellem, sicherem Kurzpassspiel garniert mit vereinzelten langen Bällen in die Spitze und der richtigen Mixtur aus Angriffen über die Flügel sowie durch die Mitte. Schon nach sechs Minuten hätte sich das auszahlen können: Ein langer hoher Ball in den Strafraum landet bei Kuranyi, der legt mit dem Kopf zurück, findet Varela und dessen Schuss aus 14 Metern schlägt im langen Eck ein. Allein – dem Treffer wurde die Anerkennung verwehrt. Kuranyi soll beim gewonnenen Kopfballduell etwas zu sehr mit den Armen gearbeitet haben. Eine grenzwertige Entscheidung, die man nicht teilen muss, aber durchaus teilen kann.

Bielefeld kam nach 21 Minuten erstmals vor das Schalker Tor – doch dafür direkt sehr gefährlich! Eigler hatte sich im Strafraum nach einem verunglückten Befreiungsschlag durchgesetzt, umkurvte mit hohem Tempo die überraschte Schalker Innenverteidigung und kommt acht Meter vor dem Tor frei zum Schuss. Das war eigentlich das sichere 1:0, wenn sich nicht Manuel Neuer seiner Klasseleistung gegen Porto erinnert hätte und ähnlich spektakulär im Herausstürzen rettete, wie er es am Mittwoch gleich mehrmals tat.

Die Großchance für Bielefeld war der „Hallo wach!“-Ruf für die Schalker Mannschaft. Drei Minuten später sollte sich dies bereits auszahlen. Ein verunglückter Angriff durch die Mitte landet bei Westermann, der marschiert ein paar Meter auf der rechten Außenbahn und flankt dann überlegt und mit viel Schnitt auf Varela, der mit einem Flugkopf(schulter)ball aus sieben Metern zum 0:1 trifft. Danach spielte bis zum Halbzeitpfiff nur noch Schalke und hätte leicht erhöhen können. Zunächst scheitert Rakitic nach einem Doppelpass mit Kuranyi aus 14 Metern am ebenfalls gut aufgelegten DSC-Keeper Hain (26. Minute), drei Minuten später hämmert der endlich einmal gut aufgelegte Halil Altintop nach einem Doppelpass mit Kobiashvili den Ball aus 16 Metern an die Latte. Danach ließ es Schalke ruhiger angehen und schaukelte das Spiel locker in die Pause.

Zurück aus der Pause kam es dann aber zu dem Bruch, den man schon so häufig in dieser Spielzeit erleben musste. Die ganze Souveränität der ersten 45 Minuten war urplötzlich wie weggeblasen, was sicherlich nicht daran lag, dass Slomka den guten aber natürlich noch nicht endgültig wieder hergestellten Varela durch Albert Streit ersetze. Schalke ließ sich die Partie aus der Hand nehmen – und das hätte sich leicht rächen können. Bielefeld, das mit dem eingewechselten Ex-Schalker Jörg Böhme nun mächtig drückte, erarbeitete sich eine Reihe guter Möglichkeiten, kam aber letztendlich über Ansätze nicht hinaus. Einzig Eigler hatte in der 62. Minute eine 99,9%ige auf dem Kopf, als er sechs Meter vor dem Tor frei zu Kopfball kommt, den Ball aber nicht genug drücken kann. Neuer geht auf Nummer sicher und lenkt den Ball über die Querlatte.

Wie schon in der ersten Halbzeit, so wirkte auch diese Großchance wie ein Weckruf. Schalke berappelte sich und holte sich die Partie zurück. In der 74. Minute dann ein Freistoß für Schalke aus halblinker Position – etwa 30 Meter vom Tor entfernt. Klare Sache: Das wird ein Ding für Christian Pander und seine mit viel Schnitt auf’s Tor gezogenen Freistöße. Fast viereinhalb Monate nach seinem letzten Spiel für Schalke legt er sich den Ball zurecht und zirkelt ihn im hohen Bogen in den Strafraum auf’s lange Toreck. Dort kommt Kevin Kuranyi hart bedrängt an den Ball, versucht aber aus spitzem Winkel abzuschließen, sondern legt klug quer in den Rücken der Abwehr, wo Halil Altintop lauert und aus drei Metern sicher vollendet. 2:0 für Schalke – das Spiel war gelaufen, auch weil Wichniarek drei Minuten nach dem zweiten Schalker Treffer freistehend vor dem leeren Tor über den Kasten köpft.

In der Schlussphase gönnte Trainer Slomka dem Torschützen Altintop einen Schlussapplaus und ersetzte ihn durch Vicente Sanchez. Fünf Minuten vor Schluss durfte dann auch der überragende Marcelo Bordon (80 % gewonnene Zweikämpfe, 100 % gewonnene Kopfballduelle) früher Feierabend machen. Wie bereits in Porto schnupperte der junge Benedikt Höwedes wieder etwas Profiluft.

Fazit: Nach drei Pleiten in Folge gab es in Bielefeld etwas Balsam für die Schalker Seele. Allerdings braucht es schon mehr als ein 2:0 bei einem derzeit indisponierten Abstiegskandidaten, der im Jahr 2008 erst einen Punkt geholt hat, um das Gemurkse der letzten Wochen zu vergessen. Erstaunlich war, dass nicht etwa die in der Winterpause verpflichteten „absoluten Wunschspieler“ die Akzente auf der „Alm“ setzten, sondern mit Varela und Pander zwei Akteure, die sich nach monatelangen Verletzungspausen wieder in den Kader gekämpft haben.

Der Sieg bugisert Schalke vorerst auf den fünften Platz und somit vorbei an Karlsruhe in den „virtuellen“ UEFA-Cup. Am Freitag kommt der MSV Duisburg in die Arena. Ein Sieg ist absolute Pflicht – ebenso eine überzeugende spielerische Leistung!

Bevor jetzt nach den Spielen in Porto und Bielefeld der große Jubel ausbricht, möchte ich einmal kurz Wasser in den Wein gießen und die nackten Zahlen sprechen lassen: In der Winterpause hatte Trainer Mirko Slomka im „DSF-Doppelpass“ angesichts der zahlreichen neu verpflichteten „absoluten Wunschspieler“ 68 Punkte als Abschlussziel ausgegeben. Damals stand Schalke bei 29 Zählern, 39 Punkte hinter diesem selbst gesteckten Saisonziel. Für die Rückrunde bedeutet dies: Schalke braucht rechnerisch knapp 2,3 Punkte pro Spiel (2,294117647… um genau zu sein). Nach sechs Spielen der Rückrunde und neun erbeuteten Zählern liegt man mit exakt 1,5 Punkten pro Spiel noch meilenweit hinter dem Anspruch des Trainers zurück. (Herr Wieland kennt dieses Interview auch und setzt es seit ein paar Wochen in der „Schalker Realität“ sehr schön um. Allerdings betrachtet er nicht nur die Rückrunde, sondern die gesamte Saison und kommt deshalb auf einen aktuellen Zwischenstand von 1,65 Punkten bei zu erreichenden 2,0 Zählern.)

Mehr zum Sieg in Bielefeld schreibt das WAZ-Portal „Der Westen“. Wer den ersten Schalker Bundesligasieg seit einem Monat noch einmal in Ausschnitten oder in ganzer Länge sehen will, surft im Schalke04-TV auf „Maxdome“ vorbei.

www.maxdome.de

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