Schalke gewinnt das Champions-League-Finale
Es war gestern um 15:33 Uhr, als ich – noch mit einigen hundert anderen Schalker Fans vor den Toren des Hamburger Stadions stehend – einen deutlich vernehmbaren Torjubel hören konnte. Nach ein paar Sekunden bangem Warten und der Feststellung, dass die für ein Heimtor übliche Fanfare nicht über die Stadionlautsprecher eingespielt wurde, stand fest: Schalke hatte ein frühes Tor geschossen! „Das war doch sowieso der Kuranyi mit der Rübe, wahrscheinlich nach einer Flanke von Streit“, mutmaßte ein Wartender neben mir. Vielleicht sollte er seine beruflichen Aktivitäten demnächst mehr in Richtung Oddset ausrichten, denn genau so wie er es prognostiziert hatte, war es dann auch. Ob er auch wusste, dass dieses frühe 1:0 nach 93 Sekunden der einzige Treffer eines Spieles sein sollte, das aufgrund der Tabellensituation vorab als „Champions-League-Finale“ tituliert wurde, weiß ich natürlich nicht. Aber durch diesen Umstand kam ich in den zweifelhaften Genuss, einen extrem wichtigen Schalker Auswärtssieg im Stadion zu erleben, ohne ein einziges Tor gesehen zu haben.
Zusammen mit fünf weiteren Mitgliedern des Schalke Fanclubs Monasteria hatte ich mich am frühen Samstagmorgen auf den Weg Richtung Hamburg gemacht. Diesmal reisten wir nicht im eigenen Fanbus, individuell oder mit der Bahn, sondern nahmen das nette Angebot des Fanclubs Königsblau Oberaden aus Bergkamen wahr, die uns in Münster aufgabelten und so eine komfortable Anreise ermöglichten. Nun muss ich vielleicht noch vorweg schicken, dass ich Hamburg, dieses potthässliche Schweinekaff, das leider 100 Kilometer zu weit südwestlich liegt, wie keine andere Stadt der Welt verabscheue. Die hier mitlesenden Hamburger mögen es mir nachsehen, dass ich ihnen in baldiger Zukunft eine veritable Sturmflut oder zumindest eine Pestepidemie biblischen Ausmaßes an den Hals wünsche, aber für mich steht fest: Hamburg ist nur an exakt einem Tag des Jahres einen Besuch wert. Dann, wenn Schalke vorbeischaut.
Nun macht es Hamburg mir allerdings auch wirklich einfach, es zu verachten. Das beginnt bei der Anreise, wo das Land Niedersachsen durch die Aneinanderreihung von möglichst vielen Autobahnbaustellen zwischen Münster und Hamburg scheinbar einen Besuch unmöglich machen möchte, geht weiter über die Innenstadt, die den Charme versprüht, als sei sie in den frühen 70ern von unten durch eine Betonplatte geschossen worden, und endet auf St. Pauli, dessen Schönheit sich ausschließlich Nachts bei einem entsprechenden Alkoholpegel erschließt. Die „HSH Nordbank Arena“ bildet da keine Ausnahme. Als eines der schönsten Stadien der Republik gepriesen ist sie in der Tat ein Stein gewordenes Ausschilderungsfiasko. Es sei denn, man erfreut sich an Detailinformationen wie der, dass man nach elendig langen Einlasskontrollen durch inkompetente „Junge Herren zum Mitreisen gesucht“, das Treppenhaus „T10“ erblicken kann. Dumm nur, dass die Eintrittskarte dieses Treppenhaus „T10“ mit keinem Wort erwähnt, stattdessen von „Block 14c“ spricht, auf dessen Ausschilderung wiederum im Stadion großzügig verzichtet wurde. Gegen 15:40 Uhr hatte ich nach unzähligen „Try an Error“-Durchgängen endlich meinen Platz gefunden und konnte mir von der Entstehung des 0:1 berichten lassen. Sekunden später hätte es gar 0:2 heißen können, doch Altintop zeigt frei vor Hamburgs Keeper Rost Nerven, lupft den Ball zwar über den ehemaligen Mitspieler hinweg, allerdings auch am Tor vorbei. Womit wir dann endgültig beim Spiel wären.
Das Schalker Interims-Trainerduo „Muskens“hatte keine Ãœberraschungen für die mitgereisten Fans parat. Die einzige Änderung gegenüber dem 5:0-Sieg über Cottbus in der vorvergangenen Woche war eine Umstellung in der Abwehr, wo Krstajic für den einmal mehr verletzten Christian Pander wieder in die Startelf rutschte. Das frühe 1:0 spielte Schalke natürlich in die Karten, das mögliche 2:0 nur wenige Minuten nach der Führung hätte den Sack schon nach 15 Minuten zumachen können. Doch so kam Hamburg nach einer verschlafenen Anfangsphase immer besser ins Spiel, zeigte sich – insbesondere in Person von Olic – vor dem Tor allerdings zu fahrlässig. Schalke spielte über weite Phasen des Spiels nicht wirklich gut, Hamburg präsentierte sich jedoch noch einen Tick schlechter. Zwar eroberten die Hausherren durch ein recht aggressives Pressing die Bälle früh im Mittelfeld, genauso schnell gaben sie die Kugel aber auch wieder ab. Nein, es war wirklich kein gutes Spiel. Eben eines, in dem sich Ernst und Jones nicht durch Offensivaktionen auszeichnen konnten, sondern ihre Stärken in der Spielzerstörung zeigten. Da auch die von Bordon einmal mehr brillant organisierte Abwehr – mit Ausnahme vielleicht von Heiko Westermann, der gestern ein ums andere Mal unerklärliche Schwächen zeigte, letztendlich aber auch ohne großen Schnitzer blieb – perfekt stand, blieb die ganz große Gefahr für das Schalker Gehäuse aus. Wenn überhaupt, dann ging bei Hamburg etwas über Fernschüsse, die allerdings zumeist weit am Tor vorbei rauschten.
Hamburg machte das Spiel, Schalke stand sicher und vergab insbesondere ab der 60. Minute ein ums andere Mal die Chance auf die Entscheidung durch einen Konter. Das war es eigentlich auch schon, was man zu diesem Spiel schreiben kann. In der 84. Minute bewies dann auch noch Schiedsrichter Fandel, dass man sich als Unparteiischer einer mäßigen Partie durchaus angleichen kann, und verwährte Schalke einen klaren Strafstoß nach einem Foul von Reinhardt an Jermaine Jones. Am Endergebnis änderte dies jedoch auch nichts mehr. Fazit: Mund abputzen, drei Punkte mitnehmen, sich darüber freuen, dass man nun statte sechs Zähler Vorsprung auf den einstigen Bayernjäger HSV hat – und nichts wie zurück nach Gelsenkirchen.
Für mich ging es nach dem Spiel noch für ein paar Stunden auf die Reeperbahn. Und da schloss ich dann auch so etwas ähnliches wie meinen Frieden mit der Gaststadt. Denn wo sonst kann man sich als Auswärtsfan von Einheimischen derart blumige Hasstiraden auf den Heim-Bundesligisten anhören, als auf St. Pauli. Sagen wir’s mal so: Wenn die nächste Sturmflut kommt, sollte rund um den Kiez vielleicht in ein paar Euro für Sandsäcke investiert werden.
Mehr zum „Champions-League-Finale“ schreibt die „Financial Times Deutschland„. Wer sich das Spiel noch einmal in voller Länge oder in Ausschnitten ansehen möchte, ist im Schalke-04-TV auf „Maxdome“ gut bedient.
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3 Kommentare zu “Schalke gewinnt das Champions-League-Finale”
Ich fahre ja schon nicht mehr nach Hamburg, weil Schalke dort eigentlich noch glänzen konnte. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel. Genau aus diesem Grund, und natürlich der A1, habe ich keine Lust mehr da hin zu fahren. Ansonsten ist Hamburg aber völlig o.k.;)
Ich finde auch das du sehr hart mit Humbug ins Gericht gehst…..Gerade wo man doch so gastfreundlich war und uns 3 Punkte gegeben hat !
Jetzt noch (mindestens) zweimal gewinnen und wir dürfen wieder auf die CL hoffen. Dann eventuell mal Real Madrid im Halbfinale. Das wäre doch ganz nett…..
Immerhin habe ich schöne Fotos gemacht und wie ich schon geschrieben habe……ein Spiel dauert 90sec….:-)
Glück auf
„der Schalker“