Felix heißt „Der Glückliche“
Dass „Felix“ übersetzt „Der Glückliche“ heißt, dürfte selbst Menschen, die Latein für eine Sprache halten, die in Mittel- und Südamerika gesprochen wird, hinlänglich bekannt sein. Dass Felix Magath in Wahrheit gar nicht Felix, sondern Wolfgang heißt, ist auch kein Geheimnis. Warum er sich irgendwann einmal dazu entschied, aus dem bodenständigen Wolfgang einen begünstigten Felix zu machen, entzieht sich meiner Kenntnis. Dass sein gewählter Aliasname allerdings passt wie die Faust auf’s Auge steht außer Frage. Alles, was Felix derzeit auf Schalke anpackt, gelingt. Wirklich alles! Das macht es ja so unglaublich. Er setzt junge Spieler ein, die bislang noch niemand kannte – und sie „funktionieren“ auf Anhieb. Er schnappt sich den bis dato komplett enttäuschenden Star-Einkauf der Vorsaison – und auf einmal ist er der Motor der Schalker Offensive. Er setzt den selbst ernannten Weltfußballer der Jahre 2010 bis 2018 für ein paar Spiele auf die Bank – und plötzlich stellt er ihn wieder auf, was der derart „Zurechtgestutzte“ prompt mit einem Tor nach einem für ihn geradezu untypischen Geistesblitz honoriert. Vor allem aber führt er Schalke nach neun Spieltagen auf den dritten Rang in direkter Schlagdistanz zur Tabellenspitze und niemand, wirklich niemand, redet im Umkreis des Berger Feldes von Meisterschaftsambitionen. Stattdessen freut man sich ausgelassen über den Traumstart in die Saison, backt insgeheim aber immer noch sehr kleine Brötchen. Man möchte sich angesichts dieses glücklichen Händchens den ganzen Tag lang ungläubig die Augen reiben, so wie ich es tat, als Kevin Kuranyi am Samstag in Stuttgart seine einzige Tormöglichkeit eiskalt zum 2:1-Siegtreffer verwertete.
Es ist kein vorauseilender Trainager-Gehorsam oder eine falsche Demut, wenn ich darauf hinweise, dass der Sieg beim kriselnden VfB natürlich auch das war, wofür der Name Felix steht. Zumindest in der zweiten Halbzeit waren die Stuttgarter über weite Phasen nicht nur ebenbürtig, sondern schlichtweg besser. Doch in den ersten 45 Minuten ließ Schalke wenig bis gar nichts anbrennen. Magath betont immer wieder, dass die Mannschaft ordentlich kämpfen und verteidigen kann. Er weiß selbst, wie sehr er damit untertreibt. In der Tat dürfte es für jeden Gegner derzeit schwer sein, gegen eine derart kompakt stehende Mannschaft wie die der Schalker in den ersten 45 Minuten von Stuttgart zu Torchancen zu kommen. Es ist kein Zufall, dass Stuttgarts zweitbeste Chance im ersten Durchgang ein versuchter Kunstschuss von Cacau war, der es aus 25 Metern einfach mal volley probierte. Die beste Stuttgarter Möglichkeit in diesem Spielabschnitt hatte sich ebenfalls Cacau geboten, doch im Duell „1 gegen 1“ zog er gegenüber Manuel Neuer den Kürzeren.
Schalke brannte freilich auch kein Offensivfeuerwerk ab. Doch die Angriffe, die zumeist durch blitzschnelles Umschalten aus einer Abwehrsituation eingeleitet wurden, wirkten wie kleine fiese Nadelstiche, die die Stuttgarter Hintermannschaft unter einen latenten Druck setzten. Nach 24 Minuten entlädt sich dieser Druck im 1:0 für Schalke. Wieder einmal hatte die Mannschaft da vorbildlich schnell den Schalter von Verteidigung auf Angriff umgelegt. Zwei, drei kurze aber direkte Pässe durch das Mittelfeld, dann ein weiter Flankenlauf von Rafinha und eine scharfe – allerdings nicht sonderlich platzierte – Flanke in das Stuttgarter Strafraumzentrum. Dort versucht Celozzi vor Raktitic zu klären, vertendelt den Ball und muss deshalb zusehen, wie der Kroate aus sechs Metern unhaltbar wuchtig einschießt.
Dass auch auf Schalke nicht alles klappt, was sich der Trainer vor seinem geistigen Auge ausgemalt hat, zeigten dann die zweiten 45 Minuten. Völlig ohne Not präsentierte sich die Mannschaft nach dem Wiederanpfiff passiv und bettelte regelrecht um den Ausgleich. Plötzlich war es vorbei mit den nadelstichartigen Konterangriffen, plötzlich ging es nur noch darum, das Ergebnis zu verwalten. Und beinahe zwangsläufig fiel dann auch das hochverdiente 1:1, weil der eingewechselte Zambrano im Laufduell gegen Schieber deutlich unterlag. Die Flanke Schiebers verwertete Cacau freistehend vor Neuer. Nach 73 Minuten begann das Spiel wieder bei Null und alles deutete nun darauf hin, dass Stuttgart die Wende schaffen wird.
Doch dann kam es so, wie es einfach kommen muss, wenn sich der alte, dereinst von Jürgen „Die Cobra“ Wegmann geprägte Spruch „Erst hast du kein Glück und dann kommt auch noch Pech dazu“ ins komplette Gegenteil verkehrt. Jeder rechnete nun mit einem Sturmlauf der Hausherren, nur Schalke spielte da nicht mit. Stattdessen reicht eine einzige kleine Tempoverschärfung und ein blitzgescheiter Pass von Rafinha, um Kuranyi frei vor dem Tor in Position zu bringen. Und ebenso plötzlich klatscht dessen Schuss aus zehn Metern eben nicht an den Außenpfosten, sondern landet vielleicht zwei Zentimeter weiter rechts, was letztendlich den 2:1-Siegtreffer bedeutet. Dass Stuttgart in der Schlussphase ein – zumindest für mich – doch ziemlich regulärer Treffer verwährt blieb, rundete diesen Fußballnachmittag zum Augenreiben grandios ab.
19 Punkte aus 9 Spielen – eine unglaubliche Bilanz. Dennoch wird man auf Schalke und drumherum nicht müde zu betonen, dass die „Spiele der Wahrheit“ erst noch kommen. Am Samstagmorgen waren es noch „vier Spiele gegen ganz schwere Gegner“. Nun sind es nur noch drei und die ersten „ganz schweren“ Punkte bereits eingefahren. Es wäre gänzlich untypisch für mich, wenn ich angesichts dessen nun abheben würde. Aber ich gebe gerne zu: Der Boden der Tatsachen hat sich auch schon einmal deutlich härter angefühlt.
Einer der ganz wenigen Spielberichte, die in diesen Tagen ohne den Satzbaustein „136,5 Millionen Euro“ auskommt, ist der im „kicker„. Bewegte Bilder bietet wie immer das Videoarchiv auf www.bundesliga.de.
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3 Kommentare zu “Felix heißt „Der Glückliche“”
ja, das ist schon klasse, was schalke 04 da spielt.
nur, was ist mit den finanzen? wenn das schon die sueddeutsche
anpackt (und leyendecker hat schon so einiges aufgedeckt), ist man doch etwas beunruhigt. vorsichtig ausgedrückt.
hoffentlich stimmt alles was unsere leute sagen. aber , ich will kein wasser in den wein gießen. nur klarheit. nicht zu weihnachten den großen knall.
glückauf
Da ich den Medien gegenüber in den letzten Jahre gelernt habe zu misstrauen, hoffe ich auf „viel Lärm um nichts“.
Argumente hierfür (Schulden ja, Stadion als Gegenwert – andere Vereine haben auch Schulden etc) wurden zur genüge genannt.
Das mit Wolfgang/Felix habe ich nicht gewußt. Erstaunlich!
Bin aber mit allen Schalkern glücklich über diesen Sieg. Schon sehr irre.
Noch irrer aber dieses Spiel im www.
http://www.quaelomat.de
Hatte die TV-Spielfilm vor ein paar Wochen als Tip.
GLÃœCK AUF
Und Matthias, schreib doch mal was von den Deppen, z.B., wer alles 0 Punkte hatte… FRED!