Geschäftstüchtiges Osnabrück

03. Nov. 2009 | 15 Kommentare

Münster und Osnabrück nennen sich beide aus demselben Grund „Friedensstadt“ und verweisen unisono auf ihr „Rathaus des westfälischen Friedens“, was bei einem Autobahnreisenden, der die A1 in Richtung Norden befährt und hintereinander die Sehenswürdigkeiten-Hinweisschilder am Kreuz Münster und etwa eine halbe Stunde später am Kreuz Osnabrück erspäht, sicherlich für etwas Erheiterung sorgt, so es ihm überhaupt auffällt. Doch auch sonst haben Münster und Osnabrück einige Gemeinsamkeiten. Ein riesiger Klotz von Dom im Stadtkern – hier katholisch, dort evangelisch – jede Menge Studenten und Radfahrer, denselben westfälischen Dickschädel auf den Schultern und drumherum Landschaft soweit das Auge reicht, durchsetzt von Pferden und Kühen. Beide Städte nennen traditionsreiche, derzeit aber nur leidlich erfolgreiche Fußballvereine ihr eigen und wie es bei der räumlichen Nähe zueinander nunmal so ist: die Anhänger dieser Vereine hassen sich wie die Pest. Zu einem „Pflichtspiel-Derby“ zwischen den Münsteraner Preußen und dem VfL aus Osnabrück kam es allerdings schon gefühlte 100 Jahre nicht mehr, was zum einen daran lag, dass die Violetten aus Niedersachsen zuletzt durchgängig erheblich höherklassiger spielten als ihre schwarz-weiß-grünen Kollegen aus Nordrhein-Westfalen, vor allem aber daran, dass die Liga-Landschaft des DFB in den Amateur-Spielklassen keine gemeinsame Basis für ein Aufeinandertreffen schuf. So waren es zumeist die Relegations-Aufstiegsrunden aus den Oberligen in die Zweite Bundesliga, in denen es überhaupt zu Begegnungen kommen konnte. Aber das ist nun wirklich schon lange, lange her.

Osnabrücker sind evangelisch. Das sagt man so. Natürlich gibt es dort auch Anhänger anderer Religionen und Konfessionen. Aber rein geschichtlich gesehen ist Osnabrück so urprotestantisch wie Münster erzkatholisch ist. Dieser kleine aber feine Unterschied, der selbst im Münsterland kaum noch einer ist, versetzt Osnabrück heute in die Lage, zweimal im Jahr richtig Geld aus Münster abzuziehen. Denn immer an den in NRW arbeitsfreien Feiertagen Fronleichnam und Allerheiligen setzt sich eine Karawane aus Münster in Bewegung und staut sich ins Nicht-Feiertagsbeglückte Osnabrück, um dem dortigen Einzelhandel im wüstesten Getümmel die Ersparnisse vor die Füße zu werfen. Ein Phänomen, das ich in all‘ meinen münsterschen Jahren ebensowenig verstanden habe, wie diese nervige Inflation der „Verkaufsoffenen Sonntage“, die letztendlich nur dazu führen, dass sich kaum ein Bewohner einer von dieser Seuche biblischen Ausmaßes befallenen Stadt mehr vor die Tür traut, so er denn nicht von kaufgeilen Touristen totgebummelt werden möchte.

Festzuhalten bleibt: Der Osnabrücker an sich scheint also von seinen Uranlagen her ein ziemlich geschäftstüchtiges Kerlchen und dem Geld nicht böse  zu sein. Was er im Falle des VfL auch aktuell wieder beweist. Bekanntlich steht das Team im DFB-Pokal-Viertelfinale und trifft im Stadion an der Bremer Brücke mit dem schöden Beinamen „osnatel-Arena“ auf den FC Schalke. Mit etwas mehr als 16.000 Plätzen ist es eine recht kleine Kampfbahn. Das knappe Kartenangebot hat jetzt die Verantwortlichen beim VfL kreativ werden lassen. Bei der Verteilung des raren Gutes gilt ein leicht komplizierter Modus.

Der Vorverkauf für das Viertelfinale im DFB-Pokal gegen den Bundesligisten Schalke 04 beginnt am 9. November 2009. Bis zum 18. November können zunächst die Inhaber einer Dauerkarte für die Saison 2009/10 ihr Vorkaufsrecht nutzen.

Gut, das ist jetzt nicht besonders kreativ. Das machen andere Vereine genauso.

Darüber hinaus wird allen Mitgliedern und den Besitzern einer neuen Dauerkarte, die ebenfalls am 9. November in den Verkauf geht, ein Vorkaufsrecht für das Pokalspiel eingeräumt. Diese Dauerkarte berechtigt zum Besuch der restlichen acht Heimspiele in der ersten Jahreshälfte 2010 – zum Preis von sieben Partien.

OK, das ist auch nur eine Erweiterung der Dauerkarten-Regelung. Wenngleich aus Vereinssicht eine sehr lukrative. Aber was ist denn jetzt eigentlich mit dem Rest der Tickets?

Der freie Verkauf für das Viertelfinale im DFB-Pokal beginnt am Sonntag, den 22. November 2009, um 10.00 Uhr in beiden Fanshops des VfL.

Also steht man am Sonntag einfach mal etwas früher auf, schlurft zum Kartenschalter und wartet? Oder?!

Der Erwerb einer Pokalkarte ist an den Besitz eines Tickets für das Heimspiel gegen den aktuellen Tabellenzweiten Wacker Burghausen (5. Dezember 2009, 14.00 Uhr) gekoppelt.

Natürlich ist das legitim, natürlich darf ein Verein seine Karten so verkaufen, wie er es für richtig hält. Und natürlich ist das Viertelfinale eine Kuh, die der VfL melken möchte. Keine Kritik daran meinerseits. Aber der letzte „Pferdefuß“ macht die Sache dann doch irgendwann lächerlich. Was kommt als nächstes? Darf nur der eine Wacker-Karte erwerben, der auch gleichzeitig mindestens drei Karten für Spiele der Rückrunde kauft? Und diese Karten bekommt nur, wer sich vorher im Fanuntensilien im Shop eingedeckt hat?

Zumindest in diesem Punkt könnten selbst die geschäftstüchtigen Osnabrücker noch etwas lernen. Vom VfL Bochum, beispielsweise.

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15 Kommentare zu “Geschäftstüchtiges Osnabrück”

  1. hellwacham 3. November 2009 um 20:09 1

    Die Heimatkunde habe ich mit Vergnügen gelesen, war mir gar nicht klar, dass eine gute Autostunde von mir entfernt nahezu irische Verhältnisse anzutreffen sind. Werde mir den Dom zu Osnabrück dann wohl auch mal ansehen müssen. Den zu Münster habe ich im Rahmen der einen oder anderen Stadtführung schon besucht.

    Die Kreativität der Verantwortlichen des VfL in Osnabrück ist durchaus witzig beschrieben.

    Allerdings muss ich an einer Stelle Wasser in den Wein gießen: Die Karte für das Spiel in Bochum habe ich in meiner Mittagspause im VfL-Stadioncenter erworben. Ich habe vorher weder die Krawatte abgenommen, noch meinen Anzug gegen irgendwelche Fan-Utensilien getauscht. Und nicht einmal behaupten müssen, VfL-Fan zu sein. War eher wie der Kauf einer Kinokarte, mit freier Platzwahl.

  2. tumulderam 3. November 2009 um 22:04 2

    Schön, man hat halt berechtigte Angst wenn es gegen Schalke geht. Ich muß bei solchen Geschichten immer an die Spiele in Uerdingen denken, als die Schalker selbst in der Uerdinger hüstel Fankurve standen.:D

  3. Beneam 4. November 2009 um 16:30 3

    Das machen die Violetten übrigens nicht zum ersten Mal diese Saison. Auch die B*B-Fans mussten Karten für das Spiel gegen Regensburg dazu nehmen. Weiß ich von einem Bekannten, der seine Karte gegen den SSV allerdings nicht genutzt hat. Komischerweise…
    PS: An alle findigen Schalker, die sich denken: verscherbel ich das Dingen dann hinterher bei Ebay: schon die VfL – Regensburg Karten gingen weg wie harte Semmeln von letzter Woche! Bei den Burghausen-Tix erwarte ich nix anderes! Also für uns bedeutet es einfach nur doppelter Preis…

  4. Osnabrückeram 4. November 2009 um 21:25 4

    Da muss man aber doch mal das ein oder andere anmerken: Welcher der beiden Dome evangelisch sein soll, bleibt Dein Geheimnis. Deine Schilderung legt nahe, dass Du den Osnabrücker Dom für evangelisch hältst. Das ist aber mitnichten der Fall, ebensowenig wie Osnabrück „urprotestantisch“ ist. Auch wenn die Evangelen in der Mehrzahl sind: Osnabrück ist katholische Bistumsstadt und der Dom somit katholisch.

    Und noch was: Duelle mit den Preußen sind so lange nun auch wieder nicht her. Es stimmt, dass es jahrzehntelang kaum welche gab – der VfL war bis 1993 fast ausschließlich Zweitligist, die Preußen fast nie (Ausnahme 1989-1991), und danach waren beide auf Drittligaebene regional getrennt. Aber mit der Einführung der zweigleisigen Regionalliga änderte sich das, zwischen 2001 und 2007 gab es insgesamt 5 gemeinsame Jahre.

    Ãœbrigens, Bene: Noch hat Dein Bekannter die Chance – das Spiel gegen Regensburg findet erst kommenden Samstag statt…

  5. charakterstärkeam 4. November 2009 um 21:32 5

    ich schaue mal gerne auf das nächste spiel gegen die lederhosen:

    wenn ich mich richtig erinnere hat manuel damals seine ok-gedächtnis-pose in die welt gerufen und anschliessend war grinsi-klinsi wieder in californien.
    nicht auszudenken, wenn dies dieses we auch wieder passiert.
    ein herzliches glückauf

  6. osnaam 4. November 2009 um 23:11 6

    Die Schalker die im Gästeblock stehen,brauchen im überigen keine 2.Karte kaufen,das mal so nebenbei angemerkt !

    Und das andere Koppelgeschäft ist mehr als legitim,denn
    mehr als 2000 Schalker benötigen wir nicht im Februar und wenn doch dann solln sie wenigstens richtig löhnen dafür 🙂

    Bin mal gespannt ob Ihr uns auch nicht unterschätzt,wie schon die Hamburger und die Doofmunder…

  7. Beneam 5. November 2009 um 08:03 7

    Jau, ist mir beim Blick auf den Spielplan auch aufgefallen – stellen wir uns beim lesen des Kommentares vor, es wäre schon Sonntag… frage meinen Kumpel gleich mal, ob er nicht doch hin will. Glaube aber die Antwort zu kennen…
    Und einen Fehler macht der S04 – macht der Felix – sicher nicht: den VfL zu unterschätzen!

  8. Matthiasam 5. November 2009 um 18:44 8

    Osnabrücker, ich leiste hiermit förmlich Abbitte. Du hast natürlich vollkommen recht: der Dom in Osnabrück ist in der Tat eine katholische Kirche. Da hätte ich gestern wirklich noch alles darauf gesetzt, dass es anders ist. Ich war mir sogar so sicher, dass ich noch nicht einmal die Wikipedia bemüht habe. Das kommt davon, wenn man keine richtige Stadtführung in der Nachbarstadt macht, sondern im vorbeigehen einen Kumpel fragt „Is‘ das eigentlich ’ne evangelische Kirche?“ und der murmelt „Glaub‘ schon…“

    Auch was die Regionalliga-Aufeinandertreffen zwischen Osnabrück und Münster angeht, gebe ich dir recht. Die für Münster sehr unerquicklichen Zweigleisig-Regionalliga-Jahre habe Gallier-Alesia-like verdrängt. Dennoch ist es irgendwie schon erstaunlich, wie groß die Rivalität zwischen den Preußen und dem VfL ist wenn man bedenkt, dass Spiele gegeneinander doch eher selten stattgefunden haben. Als Osnabrück neulich in der Relegation gegen Paderborn abgestiegen ist, habe ich doch tatsächlich einen Typen hier in Münster gesehen, der in voller Preußen-Montur durch die Stadt gelaufen ist und ausgelassen gegröhlt hat.

    Dass der VfL ein „Koppelgeschäft“ aus dem Viertelfinale macht, ist – wie ich bereits schreib – durchaus legitim. Die Regelung „Rückrundendauerkarte = Kaufrecht für Pokalkarte“ ist sogar eine sehr sinnvolle, schließlich werden so vielleicht neue Fanschichten angesprochen, die sich in der Rückrunde sagen: Hey, ich hab‘ ja ne Karte, also gehe ich auch mal wieder hin. Vielleicht gewinnt der VfL auf diese Weise tatsächlich ein paar neue treue Stadiongänger, die dann auch im Jahr darauf dabei bleiben. Ist auf jeden Fall besser, als die Event-Schickeria zu bedienen, die sich nur zu Highlights ins Stadion traut. Die Erweiterung „Pokalkarte + Wackerkarte“ ist für mich allerdings nach wie vor grenzwertig weil nicht wirklich Fanfreundlich. Aber das soll mein Bier nicht sein. Ich als VfL-Fan wäre darüber stinkig, genauso wie ich stinkig war, als Peter Peters vor einem Jahr den Top-Zuschlag für UEFA-Cup-Spiele erfand, sich aber gleichzeitig im Vorwort des „Kreisels“ feierte, dass man den Fans nach der verpassten CL-Quali ein großes Geschenk gemacht habe.

    Ich habe übrigens standardmäßig eine Karte für das Spiel über Schalke bestellt, rechne aber nicht damit, dass ich sie bekomme. Wenn’s nicht klappt, ist es auch nicht schlimm, dann schaue ich das Spiel eben im größeren Kreis im TV. Ich werde es erst gar nicht über den VfL versuchen, eine Karte zu bekommen. Und das völlig unabhängig von der Wackerkarte oder sonstigen finanziellen Auflagen: einfach nur daraum, weil ich keine Zeit und Lust habe, mich Nachts vor die Geschäftsstelle zu stellen. Ich habe in den letzten Jahren einige Viertelfinals der Schalker in den unterschiedlichsten Wettbewerben im Stadion gesehen. Nimm’s mir nicht übel, wenn ich sage, dass das Spiel im Februar für mich sicherlich ein reizvolles ist, jedoch nicht „Das Spiel des Jahrzehnts“, für dass ich alles in Bewegung setze.

  9. matthiaßam 5. November 2009 um 21:39 9

    Zur Feier rund um den westfälischen Frieden (350 Jahre) ist damals ein königlicher Gast MEHR in Münster gewesen, als in Osnabrück. Ich glaube es war der Spanier. Ein Skandal! Aber nur aus nördlicherer Sicht der Angelegenheit. Das Abstiegsspiel gegen die Möbelfinken habe ich in der Glotze verfolgt; oder doch nicht, weil permanent jemand auf der Leitung stand. Den bekloppten Preußen habe ich dann nach dem Osnabrücker-Abstieg auch live in MS gesehen. Waren bestimmt mehrere. Selber nix auf die Reihe bekommen, dafür aber über das Ãœbel anderer Vereine ausflippen. Obwohl, die letzte Pokalrunde war schon auch lustig…
    Jetzt ist erstmal Bauernwochenende und wenn die weiter so lustlos spielen in München frage ich mich, welches Tor des FCB denn nun von BIFI verlost werden soll. Oder kann man auch olle Tore gewinen? Dann könnte man ein gewisses Tor einem gewissen Zahnarzt aus Kaiserslautern widmen. Wenn die nicht sogar genau über diesen Gedanken auf ihre Würstchentortombola gekommen sind.
    GLÃœCK AUF!

  10. charakterstärkeam 6. November 2009 um 10:10 10

    @ Matthias: übrigens – ein dom ist grundsätzlich katholisch!!!! nur nicht der zum verhüten :-))

  11. Matthiasam 6. November 2009 um 10:38 11

    Oh, da klugscheißere ich aber zurück 🙂 Denn natürlich gibt es auch Dome, die (heute) evangelisch sind. z.B. der Magdeburger Dom, der Berliner Dom, der Altenberger Dom, der Dom zu Helsinki … Die Wikipedia weiß wie immer mehr.

  12. charakterstärkeam 6. November 2009 um 20:01 12

    🙂 aber mein kommentar war ohne wikipedia nichts für ungut ausserdem – grundsätzlich –

  13. Andréam 24. November 2009 um 20:08 13

    Huhu Matthias!

    Ich als Erzosnabrücker und natürlich auch VFL-Fan habe gerade mal ganz zufällig deine Seite hier entdeckt und mich beim Lesen des Artikels wirklich amüsiert! 🙂 ..haste schon trotz der Fehler(ev.kath.Dom etc.) klasse geschrieben!!
    Was die Kartenvergabe für das Pokalspiel angeht..dieses „nette“ Koppelgeschäft mit Ligaspielen..das kotzt uns als Osnabrücker genauso an. Seit die Ligaspiele Samstag Mittags stattfinden, haben meine Partnerin und ich keine Dauerkarte mehr,da wir diese aus beruflichen Gründen nie nutzen könnten. Ergo ist auch die Koppelkarte für uns wertlos und wie bereits erwähnt reif für die Altpapiertonne,weil wir die selbst bei ebay für ein einzelnes Eurochen nicht loswerden! Wie schön,das dieses Mal wenigstens UNSER VFL auch mal im Fernsehen zu bewundern ist! :-))
    Fazit: ..nicht alle Osnabrücker sind geschäftstüchtige Kerlchen..nicht wenige der „Eingeborenen“ sind selber betroffen und Leidtragende. 😉
    Dir noch nen lieben evangelischen Gruß nach Schalke und auf ein spannendes und faires Spiel im Februar und Osna danach im Halbfinale! :-))

  14. Andréam 24. November 2009 um 20:15 14

    Hey..ich nochmal!

    Kleine Korrektur..Gruß nach Münster und nicht nach Schalke!! Habe soeben gelernt: Erst die Seite lesen und dann schreiben! 🙂

    ..und bin auf was ganz gruseliges in deinem Blog gestoßen..

    *
    FC Bayern Fan Shop
    Der offizielle Online Shop des FC Bayern M\x26#252;nchen!
    http://www.FCBayern.de/Shop

    Lässt sich sowas nicht überkleben oder so?? 😉

    Nochmals lieber Gruß aus Osna nach MÜNSTER! 🙂

  15. Matthiasam 25. November 2009 um 01:21 15

    Danke für die Blumen. Tut auch mal gut.

    Zu Osnabrück kann ich noch schreiben, was mir ein Kumpel gestern mitteilte. Er wollte sein Glück im freien Verkauf (mit Zwangskarte für ein Ligaspiel) versuchen, war ganz früh am Morgen angereist und musste dann wieder abdrehen, weil vor der Geschäftsstelle schon eine derart lange Schlange stand, dass es sinnlos gewesen wäre, sich einzureihen. Es sollen sogar Leute dort campiert haben. Respekt! Ich mache das zwar auch jedes Jahr vor der Schalker Geschäftsstelle beim Start des Mitglieder-Vorverkaufs, aber das ist dann im Sommer.

    Ich will nur hoffen, dass die Karten für das Viertelfinale nun an treue Hände gegangen sind und nicht allesamt bei ebay auftauchen. Leider wimmelt es dort bereits vor Auktionen – und was mich da am meisten ärgert ist, dass da auch jede Menge Gästekarten dabei sind.

    Der Schalker Fanclub Verband hat sein karges Kontingent leider wieder einmal nur nach Schema-F vergeben: „Karten nur für bekannte Viel- und Allesfahrer.“ Einerseits verständlich, vordergründig auch fair, allerdings darf die Frage gestattet sein, wie man denn zum Viel- und Allesfahrer werden kann, wenn man nie eine Karte über den SFCV bekommt? Ich bin echt kein Allesfahrer, aber ich war in den letzten 20 Monaten u.a. in Wolfsburg, 2x in Berlin, in Hamburg, 2 x in Bremen, in Hannover, am Samstag geht’s nach Gladbach, im Mai wieder nach Berlin (zum Ligaspiel – damit keine Missverständnisse aufkommen). Es ist also auch nicht so, dass ich die Schalker grundsätzlich nie auswärts begleite. Wenn ich dann aber bei Spielen, bei denen ich mich u.a. ebenfalls um Karten bemüht hatte (und jetzt zähle ich nur die letzten 12 Monate auf) in Bochum (Pokal), Freiburg, Bremen, Osnabrück, München (Liga) und Enschede immer wieder lesen muss „Karten nur für Viel- und Allesfahrer“, dann schwillt mir allmählich der Kamm. Würde ich nur für die Hälfte der Spiele, für die ich mich um Karten bewerbe, auch Tickets bekommen, könnte ich mich zumindest als „Einiges-Fahrer“ bezeichnen. So aber muss ich nehmen, was übrig bleibt. Berlin, beispielsweise (obwohl das natürlich immer eine geile Tour ist) und darf mir danach vom SFCV den latenten Vorwurf anhören, ich würde die Schalker Auswärts nicht genug unterstützen und müsse deshalb mit der „Strafe“ leben.

    Das ist jetzt keine Pauschalkritik an den fleissigen Bienen beim SFCV. Die verwalten eben auch nur den allgemeinen Mangel. Um so unverständlicher aber ist es, dass bei ebay Verkäufer auftauchen, die bereits zig Schalke-Gästekarten für die begehrten Spiele verkauft haben, aber anscheinend immer noch aus dem Kontingent für „bekannte Viel- und Allesfahrer“ bedient werden – schließlich sind das laut SFCV ja die einzigen, denen Karten zugeteilt werden. Und ebay ist nur die Spitze des Eisbergs. Wer anonymer Schwarzmarkt betreiben möchte, geht eben zu Seatwave und Co. Da ist die Chance „erwischt“ zu werden noch geringer.

    Zurück zur Regelung „Karten nur für Viel- und Allesfahrer“. Ich finde es richtig und wichtig, dass diese Leute bei den Kartenzuteilungen bevorzugt werden. Was mich allerdings ärgert, ist die Ausschließlichkeit. Warum wird kein Verteiler gefunden wie „Zwei Drittel der Karten an Viel- und Allesfahrer, das dritte Drittel wird fair unter den Mitgliedern verlost?“ Dann wären die Chancen, auf legalem Weg an eine Osna-Karte zu kommen zwar auch nicht wirklich groß, aber es gäbe sie zumindest. Jede Woche spielen Millionen Menschen Lotto, obwohl sie wissen, dass ihre Chance auf den Jackpot bei „Eins zu Fantastillionen“ liegt. Aber kein Schwein würde Lotto spielen, wenn die Lottogesellschaft vorher bekanntgeben würde, dass sie auf die Ausschüttung der Gewinne komplett verzichtet.

    Rechne ich alle Auswärtsspiele zusammen, auf denen ich Schalke begleitet habe, komme ich locker auf eine, vielleicht sogar zwei Erdumrundungen und etliche Wochen in stinkenden Bussen, Zügen oder wackeligen Flugzeugen. Ich bin allerdings auch schon 35 und hatte dementsprechend Zeit, mein persönliches „Schalke Miles&More-Konto“ zu füllen. Ich bezeichne mich also als absoluten Normalo-Fan und will gar keinen auf Punk machen. Umso stinkiger aber bin ich, wenn diejenigen, die einen auf Punk machen, grundsätzlich als die besseren Fans dargestellt werden, gleichzeitig aber Karten aus deren Kontingent bei ebay und Co. auftauchen.

    Im Fall des Osnabrück-Spiels ärgert mich das ganze sogar nicht einmal ganz so toll. Es ist eben ein kleines Stadion und für Osnabrück wird es das Spiel des Jahrzehnts. Ich wünsche mir ehrlich, dass nur echte Fans dieses Spiel live erleben werden. Mir reicht zur Not auch der Fernseher. Aber – ehrlich – ich habe fast schon Angst davor, was passiert, wenn Schalke das Pokalfinale erreichen sollte. Ich bin seit 1991 Schalke-Mitglied, habe seit mehr als 10 Jahren eine Dauerkarte, meine Bettwäsche ist blau-weiß und meine Wohnung wird von Kumpels manchmal als Schalke-Museum bezeichnet, meine Freundin habe ich durch Schalke kennengelernt und der einzig mögliche Hochzeitstermin ist der 19. April. Sollte ich dann auf der SFCV-Webseite lesen, dass es Karten wieder nur für Viel- und Allesfahrer gibt, kann ich für nichts mehr garantieren.

    Zum Glück sind das jetzt noch ungelegte Eier. Und wer weiß: Vielleicht gelingt ja bereits Osnabrück das Kunststück und zerstört meine „Final-Befürchtung“. Ich freue mich jedenfalls auf ein spannende, faires und – auch das muss man in diesen Tagen ja leider sagen – unverschobenes Spiel.