Und wirklich niemand hebt ab
Schalke gewinnt mit 2:1 gegen Stuttgart und klettert für eine Nacht an die Tabellenspitze. Es war in der ersten Halbzeit sicherlich kein mitreißendes, dafür aber ein taktisch sehr interessantes Spiel. Offensichtlich waren die Bemühungen von Stuttgart, in der eigenen Hälfte bloß keinen Freistoß zuzulassen, gleichzeitig aber den Schalker Spielfluss dennoch nachhaltig zu stören. Es gelang, weil der VfB sicherlich eine der stärksten Mannschaften war, die in den letzten Monaten ihre Visitenkarte in der Arena abgab. In der zweiten Halbzeit legten beide Teams dann für eine Viertelstunde ihr taktisches Korsett ab – und schon wurde es ein mitreißendes Spitzenspiel. Zunächst profitiert der für Farfán eingewechselte Edu von einem Abwehrquerschläger von Tasci und netzt mutterseelenallein zum 1:0 ein (46. Minute). Nur vier Minuten später macht Tasci diesen Fehler wieder gut und köpft nach einem (zumindest aus meiner Perspektive höchst zweifelhaft zustande gekommenen) Freistoß aus dem Halbfeld zum Ausgleich ein. Fünf Minuten später wieder Schalke: Ein Freistoß-Lupfer, die Stuttgarter Abseitsfalle scheitert an der “Passives Abseits”-Regelung, Westermann kann den Ball frei vor Lehmann locker annehmen und wartet dann noch eine halbe Ewigkeit, um schließlich doch noch im richtigen Moment auf Kuranyi abzulegen, der aus drei Metern zur neuerlichen Führung trifft.
Der weitere Spielverlauf konnte mit diesem turbulenten Auftakt in die zweite Halbzeit zwar nicht mehr mithalten, dennoch war es ein richtiges Spitzenspiel mit allem drum und dran. Inklusive Schalker Abwehrschlacht, inklusive einiger vergebener Großchancen nach Kontern und inklusive grenzenlosem Jubel nach dem Schlusspfiff. Ein paar Minuten lang hallten die “Spitzenreiter, Spitzenreiter”-Rufe durch die Halle, danach war aber wieder alles normal. Schalke genoss den Sieg und die Kurzeit-Tabellenführung, doch – und das ist für mich die bemerkenswerteste Feststellung des Tages – niemand hob ab. Mit 54 Punkten aus 26 Spielen hat man zwar jetzt sogar den Wert der Saison 2005/06 übertroffen und steuert weiterhin auf die erfolgreichste Bundesliga-Saison aller Zeiten zu, doch wirklich erreicht ist noch nichts. Das weiß und lebt jeder. Neben der unglaublichen Effektivität, die Schalke auszeichnet, ist für mich die eingebaute Euphorie-Bremse, mit der jeder rund um das Berger Feld konzentriert seiner Arbeit – auch der “Arbeit” als Fan – nachgeht, der größte Verdienst von Felix Magath.
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Ein Kommentar zu “Und wirklich niemand hebt ab”
Niemand hebt ab?
Ich schon, zwar nur wenige cm, aber schön war es schon. Mein „kriegdasgrinsennichtaus…“ war erst beim 1:1 in M verflogen, wobei es beim 0:1 sogar noch etwas schlimmer wurde.
Es ist und bleibt eine wunderschöne Saison auch wenn am Ende „nur“ ein Platz in Europa bleiben könnte. Meister wird nach Berechnung eines Physikers aus MS die Bayern, zu finden im Archiv der westfaelischen-nachrichten. Wahrscheinlich hat er seinen inneren Affen befragt.
GLÜCK AUF!