Patsch (oder: Das Geräusch einer flachen Hand auf der Stirn)
Manchmal möchte ich wirklich gerne Mäuschen spielen. Zum Beispiel bei der Schlusskonferenz für eine neue Ausgabe der „TV Movie“, wahlweise auch „TV-Spielfim“, „TV-Digital“ etc. Ich stelle mir vor, dass da ein Rudel hochbezahlter Kreativ-Redakteure an einem langen Tisch sitzt und sich überlegt, wie das Titelblatt der kommenden Ausgabe aussehen könnte. Nach vier Stunden, 17 Litern Kaffee und sechs Packungen filterloser Zigaretten durchbricht dann ein zaghaftes „… wir könnten ja auch eine Frau mit tiefen Dekoltee auf den Titel heben…“ den Dunst, gefolgt von einem begeistert zustimmenden „Ja! Oh Gott! Ja! Heidi Klum, vielleicht!“ Und dann fallen sich alle um den Hals, beglückwünschen sich und ziehen gemeinsam weiter zur After-Work-Party. Ein kreatives Gemüt muss schließlich geölt werden.
Ganz ähnliche Szenen vermute ich seit Jahren im Vorfeld von großen Fußballturnieren auch in den „Creative-Divisions“ der großen deutschen Werbeagenturen. Auch da sitzen – so mutmaße ich – fürchterlich kreative Köpfe an langen Tischen und lassen dieselben rauchen (die Köpfe, nicht die Tische – nur damit keine Missverständnisse aufkommen). Nach Stunden intensivsten „Brainstormings“, wie man das Produkt des Kunden irgendwie an den fußballaffinen Käufer bringen kann, ergießt sich schließlich als kreativer Schwall der Name „Michael Ballack“ in den Raum. Und dann sind plötzlich alle glücklich, weil sie erneut beweisen konnten, dass sie die kreative Elite des Landes sind.
Wie gesagt: Manchmal würde ich gerne Mäuschen spielen. Heute besonders.
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Ein Kommentar zu “Patsch (oder: Das Geräusch einer flachen Hand auf der Stirn)”
Hallo Matthias,
es ist schön zu lesen, dass du von wirtschaftlichen Kreations-Prozessen eine Menge verstehst…
Und weißt du was das Schlimmste ist?
Du hast ganz genau recht!
Herzlichen Kreationismus,
und, natürlich: Glück auf!
Thom