Monatsarchiv für Juni 2010

Jun 26 2010

Horst Heldt auf Schalke

Autor: . Abgelegt unter Schalke

Felix Magath hat in Deutschland das Amt des “Trainagers” salonfähig gemacht. Ganz so viele Manager und Trainer in Personalunion – zumindest so erfolgreiche – gab es im deutschen Fußball eben noch nicht. In den vergangenen drei Jahren war Magath ununterbrochen als “Trainager” unterwegs und das mit überragendem Erfolg: UEFA-Cup-Qualifikation mit Wolfsburg, Meister mit Wolfsburg, Vizemeister mit Schalke. Und jetzt soll das alles vorbei sein? Die Anzeichen verdichten sich, dass auf Schalke das Büro des Managers demnächst von einem Full-Time-Jobber bezogen wird. Horst Heldt war bereits vor der vergangenen Saison ein heißes Thema rund um das Berger Feld, nun soll es dem Vernehmen nach in trockenen Tüchern sein.

In den letzten Monaten wurde oft über Schalke gewitzelt. Oft auch zu Recht. Denn Schalke war im vergangenen Jahr ausschließlich Felix Magath. Trainer, Manager, Vorstandsmitglied, Arena-Anteilseigner – das ist das eine. Zum anderen installierte Felix Magath nicht nur seinen Trainerstab, entledigte sich dabei auch langverdienter Mitarbeiter, sondern schuf sich mit einem neuen – aus Wolfsburg mitgebrachten – Vereinspressesprecher aus seinem engeren Vertrautenkreis auch eine noch gewichtigere Stimme in der Außendarstellung. Eben diese gewichtige Stimme ist anderen handelnden Personen in den letzten zwölf Monaten abhanden gekommen. Jupp Schnusenberg, einst angedacht als wichtigster Mann auf Schalke, strahlt heute weniger Macht aus als es Gerhard Rehberg jemals tat. Mit dem Unterschied, dass Rehberg qua Satzung nur ein repräsentativer Präsident war. Bei Schnusenberg war die Überlegung ursprünglich eine andere.

Oder kennt noch jemand Peter Peters? OK, das ist jetzt böse gesagt aber nicht böse gemeint. Jahrelang stand Peters als treuer Vereinssoldat in vorderster Front. Jedes dritte Vorwort im Schalker Kreisel war für ihn reserviert. Peters war “Schalkes Mann bei der DFL”, direkt dran an den Schalthebeln der Fußballmacht. Und heute? Wenn ich mich richtig erinnere, hieß es vor einem knappen halben Jahr, rund um die Zeit des GEW-Deals, Peters werde sich aus dem operativen Geschäft ein Stückweit zurückziehen und dafür mehr hinter den Kulissen arbeiten. “Geld suchen” wurde diese neue Tätigkeit damals süffisant genannt.

Clemens Tönnies spielt in der öffentlichen Wahrnehmung mittlerweile kaum noch eine Rolle. Es sei denn, er muss als Prellbock für merkwürdige Forderungen herhalten, wie der nach “30 Millionen Cash in die Täsch” für Neuverpflichtungen. Tönnies spielt die neue Rolle auf Schalke übrigens wirklich sehr gut. Mir erscheint es, als sei er gar nicht einmal unglücklich darüber, aus der sportlichen Verantwortung komplett entlassen worden zu sein.

Kurzum: Das geflügelte Wort “Schalke ist Magath” hat durchaus seine Berechtigung und Schalke ist damit im vergangenen Jahr nicht schlecht gefahren. Allen Unkenrufen zum Trotz.

Aber.

Kann es mit dem oft beschriebenen “System Magath” weitergehen, wenn jetzt Horst Heldt Manager auf Schalke wird? Oder konkreter gefragt: Kann Horst Heldt ein glaubhafter Manager sein, oder wird er nicht doch eher als ein “Abnick-Onkel” von Magaths Entscheidungen wahrgenommen. Wird Horst Heldt jetzt anstelle von Magath den Posten im Vorstand einnehmen? Oder wird der Trainer Magath mit Forderungen an den Manager Heldt herantreten und dabei manchmal auch auf Granit beißen müssen? Aber was wird dann das Vorstandsmitglied Magath zum Angestellten Heldt sagen? Was ist mit der gescheiterten Satzungsänderung? Wollte Magath mehr Macht für sich, oder wollte er einen erweiterten finanziellen Spielraum für “den Manager”. Ist die jetzt doch sehr schnell vollzogene Installation eines Managers, der nicht Felix Magath heißt, nicht im Nachhinein die beste Erklärung dafür, warum die Mitglieder gegen die Änderung der Vereinssatzung votierten?

Die Verpflichtung eines neuen, eines “echten” Managers halte ich für sehr begrüßenswert. Es ist ein Schritt zurück in eine Normalität, die Schalke schon sehr lange nicht mehr hatte. Ich bin gespannt darauf, wie Heldt und Magath sich in Zukunft das Terrain aufteilen werden. Das letzte wirklich gute Trainer-Manager-Gespann in unserem Verein bildeten Huub Stevens und Rudi Assauer. Von Huub Stevens stammt der Satz, dass ein Trainer nur ein Angestellter eines Vereins ist. Wörtlich – aus dem Gedächtnis rezitiert – sagte er mit lobenden Blick auf Rudi Assauer: “Ein Trainer kommt und ein Trainer geht. Aber der Verein muss immer handlungsfähig bleiben, egal mit welchem Trainer.”

Wollen wir alle mal hoffen, dass Horst Heldt dieser Anker sein kann, der dem Verein im Falle eines Trainerwechsels Halt gibt. Sollte er es aber nicht sein, wäre er die unsinnigste Neuverpflichtung der letzten Jahre.

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Jun 24 2010

Eine wahrscheinlich weggeworfene internationale Karriere

Autor: . Abgelegt unter Schalke

Ich weiß wie es ist, als Mensch mit Migrationshintergrund aufzuwachsen: Ständig hin- und hergerissen zu sein zwischen zwei Welten um je nach Situation und Aufenthaltsort blitzschnell von der einen auf die andere Kultur umschalten zu müssen. Ich kenne dieses Gefühl, weder hier noch da richtig anerkannt zu sein und nicht zu wissen, wo das Herz schlägt, wo man geerdet ist, was das Wort Heimat überhaupt bedeutet. In welcher Sprache soll man träumen? Träumt man überhaupt in Sprachen?

Meine Mutter kommt aus Österreich.

OK, genug gescherzt und soviel muss als Einleitung für einen Gedanken, den ich schon seit Monaten in mir trage, reichen. Auch wenn meine ersten Worte nicht ganz ernst gemeint waren, möchte ich doch darauf bestehen, dass die Herkunft – auch und wenn es eine geteilte ist – einen Menschen durchaus bestimmen kann. Ich tippe mal keck darauf, dass im Schatten des Westfalenstadions mehr Borussia-Fans aufwachsen als als in Sichtweite eines Parkstadion-Flutlichtmasten. Und umgekehrt.

Ich hielt Joel Matips Entscheidung für Kamerun zu spielen von Beginn an für komplett falsch. Falscher als falsch. So falsch, dass eigentlich ein neues Wort für falsch erfunden werden müsste. Joel Matip gehörte zum WM-Kader der Mannschaft von Kamerun, die heute mit einem bedeutungslosen Spiel gegen die Niederlande das Turnier abschloss. Bereits nach zwei Spielen stand das Vorrundenaus fest. Das kann passieren und ist nun wirklich auch kein Beinbruch. Jedoch darf bezweifelt werden, ob Joel Matip nach dem Turnier überhaupt noch einmal für das Heimatland seines Vaters auflaufen wird. Denn sein Förderer, der französische Trainer Paul Le Guen, wird nach dem Weltmeisterschaft mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Feld räumen müssen. Und bis auf diesen Trainer hatte Joel Matip in Kamerun nicht unbedingt viele Fürsprecher.

Zum WM-Auftakt durfte Joel Matip noch über die vollen 90 Minuten ran. Beim 0:1 gegen Japan spielte er ordentlich. Dennoch war es gerade der junge, unbekannte Matip, der nach dem Spiel von der Öffentlichkeit in Kamerun für die Niederlage verantwortlich gemacht wurde. Le Guen beugte sich dem öffentlichen Druck und verbannte den jungen Schalker auf die Bank, wo er das zweite und dritte Gruppenspiel erlebte. 90 Minuten gespielt, 180 Minuten auf der Bank gesessen. OK, es war immerhin eine WM, sicherlich für einen Spieler das größte aller Erlebnisse, dennoch frage ich mich: War es das wirklich wert?

Joel Matip kam in Bochum zur Welt. Seit 1997 spielt er für den FC Schalke 04. Er absolvierte seine Schulausbildung in Deutschland, baute an der Gesamtschule Berger Feld sein Abitur, besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft und dürfte das Land seiner Vorfahren bestenfalls aus ein paar Urlauben kennen. Seit der vergangenen Saison spielt er im Profikader der Schalker – und das mit beachtenswerten Leistungen. Seine Leistungen, die ihm sogar zeitweise einen Platz in der Stammelf einbrachten, wurden vom Verein mit Matips erstem Profivertrag gewürdigt. Der Rubel beginnt zu rollen.

Nicht wenige, die Joel Matip regelmäßig spielen sehen, erkennen sein überragendes Potenzial. Er ist ein bereits erstaunlich gut geschliffener Rohdiamant, dem nur noch ein paar Jahre an Erfahrung und das notwendige Quäntchen Glückfehlen, um ein ganz Großer zu sein. Seine Leistungen hatten ihm im Prinzip auch schon den Weg in die DFB-Auswahlteams beschwert. U19, U21 – er hätte beides noch spielen können mit der Perspektive, auch schon bald bei den Senioren im Nationaldress auflaufen zu können. Der Status eines deutschen Nationalspielers wiegt in der Bundesliga schwer. Die Vereinstrainer überlegen sich zweimal, ob sie einen deutschen Nationalspieler auf die Bank setzen können. Die Medien berichten noch ausführlicher und bringen im Schlepptau jede Menge Sponsoren mit. Bei Vertragsverhandlungen dürfte alleine das Label “Nationalspieler für Deutschland” ein paar hunderttausend Euro Gehalt wert sein.

Doch Matip entschied sich gegen eine DFB-Karriere und für Kamerun. Emotional nachvollziehbar, rational eine Dummheit. Zumal auch Felix Magath keinen Hehl daraus machte, dass er Matips Entschluss – nun ja – nicht gerade zum jubeln findet. Ein Spieler müsse schon außergewöhnlich gut sein, wenn er es sich leisten wolle, wochenlang für Qualifikationsspiele zum Africa-Cup durch die Gegend zu touren, ohne seinen Status im Verein zu gefährden, ließ der Trainager kurz nach Matips Entschluss verlauten.

Kamerun beendete heute die WM nach einem 1:2 gegen die Niederlande als Gruppenletzter ohne Punkt. Für Joel Matip ist die WM heute beendet. So leid es mir tut, aber ich bin mir sicher, dass er mit seinem voreiligen Entschluss eine große internationale Karriere leichtsinnig weggeworfen hat. Schade.

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Jun 13 2010

Magath! Was erlaube Magath!?

Autor: . Abgelegt unter Schalke

Was hatte ich mich doch auf eine entspannte Sommerpause gefreut. Noch vor ein paar Tagen twitterte ich aus dem hohlen Bauch heraus:

Oh mein Gott, mach‘ bitte endlich WM!!! #schalke #magath #30mios #ballack #besiktas #sommerloch #rafinha #pantelic #playboy #keinmeister2013

Und dann ist endlich die Mööööp-Mööööp-WM, doch das Sommerloch kreist immer noch über Schalke und droht einiges von dem zu verschlingen, was im letzten Jahr aufgebaut wurde. Mittendrin in den selbstverursachten Turbulenzen taucht immer wieder der Name Felix Magath auf. Noch vor drei Wochen wollten ihn viele auf Schalke heilig sprechen. Machte man jetzt eine Spontanumfrage unter Fans, würde das Ergebnis sicherlich nicht mehr ganz so positiv, wenngleich natürlich auch noch nicht negativ, ausfallen. Es ist durchaus berechtigt zu hinterfragen, was Felix Magath mit seiner aktuellen Informationspolitik eigentlich bezwecken möchte. Dafür muss ich aber zunächst chronologisch werden.

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Jun 04 2010

„Der Tag, als Rot-Weiss Essen starb“

Autor: . Abgelegt unter Fußball allgemein

Und alle Schalker sangen? Ich nicht! Für mich sind die Nachrichten und Entwicklungen des Tages, die heute aus Essen herüberschwappten und von „Reviersport“ sogar mit einem „Live-Ticker“ begleitet wurden, ein Drama. Ich hatte nie einen Vertrag mit „RWE“ und kann mich sogar noch sehr gut daran erinnern, wie ich mich als Jugendlicher schwarz geärgert habe, als die Essener beim letzten sportlich wertigen Aufeinandertreffen der beiden „Ersten Mannschaften“ Schalke mit 2:0 aus dem DFB-Pokal warfen. 1992 war das und nach dem Insolvenzantrag, den RWE heute stellen musste, scheint festzustehen, dass das nächste Aufeinandertreffen wohl noch sehr lange auf sich warten lassen wird. Vielleicht noch einmal 18 Jahre oder länger.

Auch als Fußballfan, der nur wenige hundert Meter von der Heimstätte des SC Preußen Münster entfernt wohnt und häufiger Spiele der Adlerträger mit lokaler Sympathie begleitet, ist dieser 4. Juni 2010 für mich kein guter Tag. Essen und Münster – das war eine über Jahrzehnte gewachsene Rivalität, die – ganz im Gegensatz zur Rivalität zwischen RWE und S04 – wenigstens im sportlichen Alltagsgeschäft gelebt werden konnte. Es ist gar nicht lange her, da schönte der SCP, der einmal mehr in der Liga meilenweit hinter seinen Erwartungen zurückgeblieben ist, die Saison mit einem 4:0 über konfuse Essener. Mehr als 6.300 Zuschauer waren Zeuge dieses Traditionsduells und gleichzeitig Beitragende zu einem letzten mittelgroßen Zahltag für die Preußen. Auf diesen Zahltag wird der Verein im kommenden Jahr wohl verzichten müssen, weshalb sich bei der Anhängerschaft des SCP die Häme tunlichst in Grenzen halten sollte.

Das Aus für Rot-Weiss Essen zeigt in erschreckender Weise eine schreiende Ungerechtigkeit und ein strukturelles Problem im deutschen Fußball auf. Die Regionalliga, Deutschlands dreigleisige vierthöchste Spielklasse, ist spätestens seit Einführung der eingleisigen „Dritten Liga“ zu einer Pleiteliga verkommen. Das hat einen ganz einfachen Grund: Allein in der Regionalliga-West tummelten sich in der abgelaufenen Spielzeit acht Zweitvertretungen von aktuellen Proficlubs: VfL Bochum, 1. FC Köln, FC Kaiserslautern, Fortuna Düsseldorf, Schalke 04, Bayer Leverkusen, Mainz 05 und Borussia Mönchengladbach schickten ihre zweiten Mannschaften ins Rennen. Sie spielen zwar mit gegen den Abstieg und um den Aufstieg, existieren aber nicht – wie die anderen „echten“ Vereine – aufgrund eigener finanzieller Stärke. Die Zweitvertretungen der Proficlubs sind der Appendix der Bundesliga, mit viel gutem Willen vielleicht noch als „Nachwuschsschmiede“ zu bezeichnen. Sie spielen fast ausschließlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit, bringen zu Auswärtsspielen kaum Fans mit und besitzen für den Fan der Traditionsvereine keinerlei Attraktivität. Wenn man es ganz böse sagen möchte, dann hatten die Zweitvertretungen zuletzt nur noch für die Hooligans der Proficlubs eine Bedeutung, die sich fernab des großen Polizeiaufgebotes eines Bundesligaspiels mal wieder so richtig austoben wollten.

Der positive Ausweg aus der „Pleiteliga“ ist der Aufstieg in die finanziell nicht minder gebeutelte Dritte Liga. Doch hier gibt es wenigstens noch ein paar TV-Gelder und die Gegner klingen etwas attraktiver. Auch ist die Quote der Zweitvertretungen in der Dritten Liga bei weitem nicht so hoch, wie in der Regionalliga. In der abgelaufenen Saison waren es nur Bayern München, der VfB Stuttgart, Werder Bremen und Borussia Dortmund, die in der 20er Liga mit ihren „Amateuren“ antraten. In jene dritte Liga aufzusteigen hatten sich auch die Rot-Weissen aus Essen in diesem Jahr auf die Fahnen geschrieben, mussten sich aber schon sehr früh von diesem Ziel verabschieden. Eine Liga, in der nur der Meister aufsteigt, verzeiht einfach keinen miesen Saisonstart. Und um die Lage für die anderen Regionalligisten noch etwas aussichtsloser zu gestalten, existieren jetzt schon Pläne, den Aufstieg aus der vierten Liga noch etwas komplizierter zu gestalten. Gut möglich, dass bald selbst der Meister nicht mehr die Ausfahrt nach oben nimmt, weil er sich in einer Relegation mit anderen Regionalliga-Meistern messen muss.

Das Aus für Rot-Weiss Essen hat viele Gründe. Viele davon sind im Missmanagement an der Hafenstraße zu suchen, an einer gewissen Großmannssucht, die der Verein bis zuletzt an den Tag legte und an einer Mannschaft, die eigentlich stark genug war, ihr Potenzial aber letztendlich verschwendet hat. Neben Essen verabschiedet sich auch der Bonner SC aufgrund finanzieller Unzulänglichkeiten aus der Liga, sodass es der sportliche Abstiegskampf in der RL-West einmal mehr zu einer Farce verkommen ist. Wer weiß: Vielleicht findet sich ja noch ein dritter Pleiteverein, dann dürfte selbst der Tabellenletzte, die Eintracht aus Trier, im kommenden Jahr wieder viertklassig ran. Oder sind die auch schon insolvent? Ich weiß es nicht…

Preußen Münster wird im kommenden Jahr erneut einen Anlauf auf den Aufstieg starten. Noch geht es dem Verein gut. Die Hauptkonkurrenten dürften neben den Sportfreunden Lotte die Zweitvertretungen von Bochum und Köln sein. Auch der FC Schalke schickt seine zweite Mannschaft wieder ins Rennen. Letztendlich fehlten den Rot-Weissen Essenern zum heutigen Stichtag knapp 2,4 Millionen Euro, um die Lizenz für die kommende Spielzeit zu erhalten. Der letzte offizielle Schuldenstand des FC Schalke 04 lag bei mehr als 120 Millionen und somit gut 50 Mal höher.

Die Situationen auf Schalke und in Essen sind freilich nicht vergleichbar. Neben den absoluten Schulden spielt bei der Lizenzierung hauptsächlich die Frage eine Rolle, ob ein Verein eine kommende Saison ohne finanziellen Crash, der zu einem Rückzug der Mannschaft in der laufenden Spielzeit führen könnte, überstehen kann. Die DFL sieht dies bei Schalke als gegeben an. Der DFB hatte im Falle von Essen seine Zweifel. Soviel zu den Fakten. Ich kann es dennoch verstehen, wenn sich manch ein Fußballfreund in Momenten wie diesen die Frage nach der Gerechtigkeit stellt.

Nein, heute ist wirklich kein Tag, an dem alle Schalker singen sollten.

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Jun 01 2010

Meine kleine Geschichte zu Asa und Brassa

Autor: . Abgelegt unter Schalke

Gerald Asamoah - Quelle: schalkefan.deEs geschah beim ersten Training im Vorfeld der Saison 1999/2000. Damals besuchte ich ab und zu noch die Übungseinheiten auf dem Berger Feld, mittlerweile fehlt mir dazu die Zeit. Es war Gerald Asamoahs erster Auftritt auf Schalke. Der Neuzugang von Hannover 96 war unter großem Mediengetöse in den Pott gewechselt. Ob es zu verantworten sei, einen Spieler mit einem schweren Herzfehler Leistungssport ausüben zu lassen, war die Frage der Stunde. Erstmals las man in der Sportpresse von „Defibrillatoren“, denn genau ein solcher „Herz-Schock-Geber“ musste fortan bei jedem Schalker Spiel an der Trainerbank bereitstehen. Benötigt hat „Asa“ das medizinische Gerät nie und nach nunmehr elf Jahren Leistungssport auf Schalke darf man sich getrost die Frage stellen, ob damals nicht alles doch etwas höher gehangen wurde, als es eigentlich notwendig war. Aber Vorsicht ist nun einmal die Mutter der Porzellankiste und ein paar Jahre später rettete genau jener Defibrillator, der eigentlich für Gerald Asamoah angeschafft worden war, dem damaligen Schalker Konditionstrainer Christos Papadopoulos das Leben, nachdem dieser während einer Übungseinheit einen Herzinfarkt erlitt. Sachen gibt’s.

Vor ziemlich genau elf Jahren saß ich also auf der Terrasse des gerade neu eröffneten „Kuzorra“ und beäugte die Nachmittagseinheit bei einer kühlen Cola, als sich plötzlich ein mir völlig unbekannter dunkelhäutiger Mann zu mir gesellte. „Ju see Asamoah? It’s my brassa! I am brassa of Asamoah! You love him!“ radebrechte er mir auf englisch entgegen und nahm an meinem Tisch Platz. Im Verlauf des weiteren Gespräches wurde aus „Brassa“ mal „Frent“, „Cussin“ oder auch „Buddy“, sodass für mich schnell feststand, dass ich es wohl bestenfalls mit einem Bekannten aus dem erweiterten Asamoah-Dunstkreis zu tun hatte. Doch selbst daran hatte ich meine Zweifel, denn in einem nicht enden wollenden Redeschwall wurden mir ständig neue Sensationsneuigkeiten von „Brassa Asa“ verkauft. „Wat’n Quatschkopf“, dachte ich, machte mich aber dennoch nicht aus dem Staub, weil der Typ irgendwie auch drollig war.

Das Training war lange beendet und auch die wenigen Trainingsgäste, die sich die Nachmittagseinheit noch angeschaut hatten, waren längst verschwunden. Also wollte auch ich mich auf den Weg machen und versuchte den mir gegenüber sitzenden verbalen Wasserfall mit einem „I have to go home“ zu stoppen. Doch da wurde es schlagartig dunkel auf der Sonnenterasse und als ich meinen Kopf drehte stand Gerald Asamoah vor mir, der seinen „Brassa“ herzlich begrüßte und Platz nahm. Ich würde jetzt gerne behaupten, dass wir drei da noch stundenlang gefachsimpelt haben, doch „Asa und Brassa“ mussten sehr zügig weiter. Zum Abschied, der gefühlte siebeneinhalb Sekunden nach der Begrüßung stattfand, bedankte sich Asamoah bei mir, dass ich seinen Kumpel den Nachmittag lang beschäftigt hatte, und deutete mir, dass die Getränke unseres Tisches bereits von ihm bezahlt worden seien. Dann war er wieder weg, genau so schnell, wie er gekommen war, um die Sonne zu verdunkeln.

Das war also meine erste Begegnung mit Gerald Asamoah. In den zurückliegenden Jahren wurde er zu dem Spieler, der wie kein anderer das „ehrliche Schalke“ verkörperte. Asamoah ist authentisch mit allem, was er tut. Sei es, ob er sich vor wichtigen Spielen auf dem Klo einschließt, um wenigstens ein paar Sekunden lang in sich gehen zu können, oder mit 170 km/h durch eine Tempo-80-Zone rast, weil seine Frau gerade in den Wehen liegt. Dass er als Schirmherr einer Stiftung für herzkranke Kinder fungiert und dabei auch engagiert, nimmt man ihm einfach so ab – ohne jeglichen Hintergedanken, der ja leider sehr oft dabei ist, wenn Sportler plötzlich den Gutmenschen in sich entdecken.

Im letzten Jahr war für Gerald Asamoah kein Platz mehr auf dem Schalker Spielfeld. Das tat mir leid, auch wenn ich die sportlichen Beweggründe des Trainagers verstehen konnte. Heute wurde sein Wechsel zum FC St. Pauli bekannt gegeben. Für zwei Jahre und mit einer vertraglich fixierten Rückkehroption ins Schalker „Management“, wobei dieser Begriff wie üblich extrem weit gefasst ist. Für mich ist es eine ideale Lösung. St. Pauli passt zu Asa wie Arsch auf Eimer – und umgekehrt! Ich wünsche ihm von ganzem Herzen zwei supergeniale Jahre, viel Spaß am Fußball und viele Tore, meinetwegen sogar gegen den legendären S04. Und ich freue mich darauf, dass eine Lösung gefunden wurde, die einerseits den Schalker Etat entlastet und andererseits dem Verein eine dringend benötigte Identifikationsfigur wie Gerald Asamoah erhält.

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