Heute bin ich Sampdoria-Fan
Diesen Angriff auf das deutsche Fußballherz möchte ich mit einer kleinen Klugscheißerei in Richtung der Sport1-Sendung „Bundesliga Aktuell“ beginnen. Mag ja sein, dass sich Werder Bremens heutiger Champions-League-Quali-Gegner Sampdoria Genua in dieser Saison kostenintensiv verstärkt hat. Nur: Rafinha gehört nicht zu den Neuzugängen. Der Ex-Schalker spielt zwar neuerdings in der ligurischen Hauptstadt, jedoch beim Ortsrivalen CFC Genua.
Und dann möchte ich es nicht versäumen, dem SV Werder Bremen zu einem sensationellen Transfer zu beglückwünschen. Der Rede nach rund 15 Millionen Euro soll sich Real Madrid die Dienste von Mesut Özil haben kosten lassen. Das ist ein stattliches Sümmchen für einen Spieler, der in einem Jahr ablösefrei gewesen wäre und der zuletzt keinen Hehl daraus machte, dass er der Liste seiner Karrierestationen nach Buer und Bremen nun Bernabéu hinzufügen möchte. Natürlich gehen meine besten Glück- und Segenswünsche auch direkt an den Schalker Jungen, der jetzt das Trikot eines der bedeutendsten Clubs der Welt tragen wird.
Jetzt aber auch genug der Glückwünsche. Denn wenn es nach mir geht, sollte gestern der vorerst letzte Feiertag an der Weser gewesen sein. Boah, wie fies, wa!? Ich höre jetzt schon einige reflexartig rufen: „Wenn deutsche Mannschaften spielen, MUSS man doch zu ihnen halten!“ Nö, muss man nicht! Das sage nicht nur ich, sondern auch Werder-Bremen-Edelfan Arndt Zeigler, der vor dem letzten Champions-League-Finale die Frage in den Raum stellte „Sind wir jetzt alle Bayern-Fans?“ um sie im Anschluss mit einigen launischen aber auch einigen großartigen Argumenten prompt in der Luft zu zerreißen.
Für den FC Schalke 04 hat das morgige Spiel zudem eine ganz konkrete finanzielle Dimension. Denn wenn Werder Bremen in der Qualifikation scheitert, winken Schalke nicht unerhebliche Zusatzeinnahmen aus der Champions-League, ohne auch nur den kleinen Finger dafür krumm machen zu müssen. So will es der Verteilerschlüssel der UEFA, der neben einer „Antrittsprämie“, einer Spiele-Prämie sowie diversen Punkt-, Sieg- und Runde-Weiter-Prämien auch eine Prämie aus dem TV-Pool (im UEFA-Jargon „Market-Pool“) vorsieht. Diese Vergütung aus dem TV-Pool ist das Stück vom Kuchen, das Schalke sich mit Bremen teilen müsste, wenn Werder es in die Gruppenphase schafft. Woraus speist sich dieser TV-Pool? Wikipedia beschreibt das leicht verklausuliert so:
Zusätzlich bekam jeder Verein für jedes Heim- und Auswärtsspiel einen bestimmten Anteil an den Fernsehgeldern, die mit einem Gesamt-Etat von 270 Millionen Euro gespeist sind, welche vom Sender, der die Fernsehrechte im Land des Heimklubs erworben hat, bezahlt werden. Die Höhe dieser Fernsehgelder variiert stark je nach Nationalität des Heimklubs.
Auf UEFA.com liest sich das wie folgt:
Die (…) Einnahmen aus dem TV-Pool (…) werden nach dem anteiligen Wert jedes TV-Markts, der ab der Gruppenphase noch Vereine im Wettbewerb hat, verteilt. Der Anteil eines nationalen Verbands wird zwischen den teilnehmenden Klubs aufgrund ihrer Leistungen in der vergangenen Liga-Saison aufgeteilt.
Stichwort „aufgeteilt“. Wie denn nun genau? Hierzu fand ich schriftlich leider nur eine schon etwas betagtere dpa-Meldung aus dem Jahr 2007, die meines Wissens aber noch aktuell ist und es unmissverständlich sagt:
Der Meister erhält 45 Prozent, der Zweite 35 und der Drittplatzierte 20 Prozent. Scheitert der Tabellendritte (…) in der Champions-League-Qualifikation, so erhält der Meister 55 und der Vize 45 Prozent.
55 Prozent? 35 Prozent? 45 Prozent? 20 Prozent? Wer wissen will, über welche Summen wir hier tatsächlich reden, sollte einmal einen Blick auf dieses offizielle PDF-Dokument der UEFA werfen. Es stammt aus der Saison 2008/2009 und somit genau aus der Spielzeit, als der FC Schalke in der CL-Quali an Atletico Madrid scheiterte und so der FC Bayern und Werder Bremen die Nutznießer waren. Relevant ist die Spalte „Market-Pool“. Sie weist beim FC Bayern eine Summe von 21,5 Millionen Euro aus, bei Werder Bremen immerhin noch satte 15,1 Millionen Euro. Dass hierbei das Verhältnis von 55:45 Prozent nicht exakt eingehalten wird, liegt am Vorrunden-Aus von Werder, während es die Bayern ins Viertelfinale schafften. Jedoch liegt die Differenz bei „nur“ etwa einer Millionen Euro. Hätte Schalke 2008/09 die Gruppenphase erreicht, hätten die Kassen in Bremen und Bayern weniger hübsch geklingelt. Von den ca. 35,5 Millionen Euro aus dem deutschen TV/Market-Pool wären nur etwa 16,5 Millionen nach München geflossen (statt 21,5) und 12 Millionen nach Bremen (statt 15,1). Werder Bremen hatte somit an dem Abend, als Schalke in Madrid scheiterte, ohne eigenes Zutun mehr als drei Millionen Euro verdient. Das entspricht fast genau der Summe, die ein DFB-Pokal-Halbfinalist im Verlauf des Wettbewerbs an Prämien einspielt.
Für mich ist das ein durchweg legitimer Grund, heute und in sechs Tagen Sampdoria die Daumen zu drücken.
Abgelegt unter Schalke
Super Arbeit, wollte gerade mal recherchieren um wieviel Kohle es heute Abend für uns geht und hier alles gefunden, was der Schalker braucht….
Danke und Forza Italia!
Genau! Reicht ja dann für die 5-Jahres-Wertung auch, wenn Sampdoria dann als 4. inner Vorrunde rausfliegt… 😉