„Noch 10, dann sind wir drauf“

11. Okt. 2010 | 2 Kommentare

Länderspielpause. Irgendwie auch angenehm. Man muss sich nicht mit den Schwächen der Schalker herumärgern, muss am Samstag nicht zum Fanbus oder in die Fankneipe hecheln, und kann am Sonntagmorgen im Bett faullenzen, ohne Gefahr zu laufen, aus Versehen Sport1 einzuschalten und sich unvermittelt Udo Latteks steilen Thesen von „Neid und Missgunst“ ausgesetzt zu sehen. Dennoch ist so ein Bundesliga-freies Wochenende mitten in der Saison natürlich auch irgendwie wie ein alles verzehrendes schwarzes Loch. Dieses versuchte ich zusammen mit ein paar Freunden am Samstag zu stopfen, indem ich erstmals der „TV Total Stock Car Crash Challenge“ in der Veltins-Arena beiwohnte. Mit 20 Euro waren die Tickets in der noch nicht einmal günstigsten Kategorie geradezu spottbillig, erwartete uns doch eine gut fünfstündige Show mit zahllosen „Promis“ und „Top-Acts“. Die Anführungszeichen sind mit Bedacht gesetzt.

Wie es war? Ziemlich OK! Es war meine erste außerfußballerische Veranstaltung, die ich in der Arena besuchte, und so kam ich auch zum ersten Mal in den Genuss, die Donnerhalle mit herausgefahrenem Rasen zu sehen. Auch dass die Schlangen vor den Verkausständen nicht nennenswert waren und meine Knappenkarte endlich echten Umsatz zeichnen konnte, ist ein Erlebnis, das ich so noch nicht hatte. Die „Show“ an sich war dann allerdings so lala. Nicht wirklich schlecht, aber leider auch nicht sensationell. Ich hatte allerdings auch keine Sensationen erwartet. Die Rennstrecke im Innenraum sah vom Oberrang aus betrachtet erstaunlich klein aus. Fahrerisches Können ist auf dem Parcours nun wirklich nicht vonnöten. Die „Promis“ waren die üblichen Verdächtigen, die bei Raab-Events immer auflaufen. Ehrlicherweise wüsste ich allerdings auch nicht, wie und mit wem man ein Starterfeld von gut 30 Teilnehmern durchgängig Star-prominent besetzen sollte.

Interessant war es vor allem, die Abläufe einer Live-TV-Sendung mitzuerleben, wenn die Fernsehzuschauer gerade nicht live dabei sind. Etwa 20 Minuten vor dem Sendestart versuchte ein Warm-Upper der Halle einzuheizen. Er machte es den besonderen Rahmenbedingen gemäß auch recht ordentlich, wenngleich sein Eingangsscherz „Jetzt heben bitte alle Männer die Hand, die nicht mit ihrer Partnerin, sondern mit einer anderen Frau hier sind“ eher an einen beschwingten Unterhaltungsnachmittag im Seniorenheim erinnerte. Ein echtes „Warm-Up“ war allerdings auch gar nicht notwendig. Ich weiß nicht, ob die Zuschauer heutzutage einfach wissen, wie man sich als schmückendes Beiwerk zu verhalten hat, oder ob es eine besondere Art der Massenpsychose war. Auf jeden Fall erwachte die Arena nach jeder Werbepause, die übrigens recht unoriginell mit Einspielern aus „Raab in Gefahr“ überbrückt wurden, sekundengenau dann aus dem Winterschlaf, wenn eine unscheinbare Stimme aus den Lautsprechern die Parole „Noch 10, dann sind wir drauf!“ ausgab. Dann wurde plötzlich geklatscht und gejohlt als gäbe es kein Morgen mehr, obwohl in den von Kameras unbeobachteten Minuten zuvor die Stimmung eher an den Warteflur eine Behörde erinnerte. Dem Fußball wird ja häufig vorgeworfen, er sei nur noch eine Show, ein williger Befehlsempfänger der Medien. Nach meinen Beobachtungen von gestern muss ich dazu sagen: Schwachsinn! Beim Fußball ist das Fernsehen zu Gast im Stadion. Gestern war das Stadion zu Gast im Fernsehen. Aber – nur damit mich keiner falsch versteht: Ich will das gar nicht negativ verstanden wissen. Es war im Gegenteil sogar hochinteressant.

Ich habe mir heute – nebenbei – die Wiederholung der Sendung angeschaut. Alles in allem kam im Fernsehen gut rüber, wie es war. Nur gegen Ende hat die Regie dann doch etwas „geschummelt“. Denn während des „Rodeos“, dem Hauptrennen des Tages, bei dem sämtliche noch irgendwie fahrtüchtigen Autos endgültig verschrottet wurden, hatte längst eine kleine Völkerwanderung eingesetzt. Von den vielleicht gut 40.000 Zuschauern, die am Anfang dabei waren (die von Moderator Opdenhövel eingangs abgefeierten „fast 50.000 Besucher“ waren doch sehr, sehr geschönt), erlebten maximal noch 25.000 das große Finale. Als Stefan Raabs TV-Total-Team die Mannschaftswertung gewann, war der große „FC SCHALKE 04“-Schriftzug auf der Gegengerade schon wieder fast zur Gänze zu lesen, so viele Zuschauer hatten sich vor dem offiziellen Finale schon auf den Weg gemacht. Dementsprechend verzichtete die Regie zum Ende auch auf euphorische Kameraschwenks über die Ränge. Es hätte ein wenig von der „Magie“ zerstört.

Unter dem Strich hat es aber wirklich Spaß gemacht. Ich schließe es auch nicht aus, dass ich im kommenden Jahr wieder zur Stock-Car-Crash-Challenge fahren werde. Das Preis-/Leistungsverhältnis war gerade mit dem S04-Mitgliederrabatt wirklich gut. Die Pyrotechnik und die Light-Show waren sehr beeindruckend und gerne hätte ich an dieser Stelle auch ein paar Fotos davon gezeigt. Jedoch war die Eintrittskarte mit dem unübersehbaren Hinweis gekennzeichnet, dass das Mitbringen von Kameras sowie das Anfertigen von eigenen Bild- und Tonaufnahmen strengstens verboten ist. Dem beuge ich mich, auch weil ich keine Lust darauf habe, dass mir irgendein übereifriger Pro7-Praktikant die versammelte Anwaltschaft des Hauses auf den Hals hetzt.


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2 Kommentare zu “„Noch 10, dann sind wir drauf“”

  1. Horstam 14. Oktober 2010 um 18:02 1

    Noch zwei Tage, dann ist ein Sieg Pflicht! Sonst sind wir nicht DRAUF sondern wirklich DRUNTER!

  2. Horstam 17. Oktober 2010 um 19:03 2

    Es herrscht das große Schweigen hier. Ich schließe mich mit gesenktem Haupte an!