Tippelschritte auf der Stelle

17. Okt. 2010 | 7 Kommentare

Ich möchte Felix Magath ja glauben. Ich will das Gefühl haben, dass er wirklich Fortschritte sieht und die aktuelle Punkteausbeute in der Tat nur eine unglückliche Momentaufnahme ist. Ich würde so gerne von der großen Aufholjagd in der Rückrunde träumen, mit der Schalke das Feld von hinten aufrollen und mit Pauken und Trompeten in die Spitzengruppe der Liga einmarschieren wird. Allein – ich kann es nicht mehr. Die Realität sieht so aus: Schalke steht völlig folgerichtig auf dem drittletzten Rang.

Natürlich hat Felix Magath Recht, wenn er nach dem Spiel feststellt, dass Stuttgart stärker war, als es der Tabellenplatz andeutet. Doch was soll das im Umkehrschluss heißen? Dürfen wir ab sofort nur noch dann mit einem Heimsieg liebäugeln, wenn ein Tabellenletzter vorbeikommt, der wirklich so schlecht ist, wie es die Tabelle sagt? Sind wir auf Schalke dort angekommen, wo allein die (Nicht-)Stärke des Gegners den Ausgang des eigenen Spiels diktiert? Sind wir jetzt auch höchstoffiziell nicht mehr in der Lage, ein Spiel aus eigener Stärke heraus zu gestalten und zu – Vorsicht, es folgt ein ungewohntes Wort – gewinnen? Wenn es selbst gegen eine verunsicherte Mannschaft, die zudem noch ohne Abwehr anreiste, nur zu 20 überdurchschnittlichen Minuten reicht, darf man dann endlich von einer Krise reden?

Schalke lässt derzeit einfach viel zu viele Fragen offen, als dass ich es mir erlauben würde, von Höherem zu träumen. Fortschritte sind bestenfalls in homöopatischen Dosen erkennbar. Aber auch nur, wenn man ganz genau hinschaut. Christoph Metzelder beispielsweise liefert mittlerweile zuverlässigen Bundesligadurchschnitt ab. Er ist natürlich weit davon entfernt, zusammen mit Benedikt Höwedes ein Innenverteidigungs-Bollwerk zu bilden, aber er ist zumindest nicht mehr der Unsicherheitsfaktor, der er an den ersten Spieltagen war. Dafür zeigen jetzt andere, dass sie es noch schlechter können. Atsuto Uchida auf der Außenverteidigerposition ist ein stetiger Unruheherd für das eigene Tor und bringt in der Offensive wenig bis gar nichts. Dass Felix Magath heute im „Doppelpass“ sogar Christian Pander als mögliche Alternative für die Zukunft ansprach zeigt, dass selbst ihm keine realistischen Lösungsansätze mehr einfallen. Uchida wird also bis auf weiteres spielen und sich steigern müssen. In einer funktionierenden Mannschaft hätte er dazu sicherlich eine Chance. Ob es auf Schalke klappt, muss – Stand heute – angezweifelt werden.

Hinten löcherig wie der Mund einer alten Squaw, vorne bei weitem nicht so treffsicher, wie es notwenig ist – so präsentiert sich Schalke in dieser tristen Spielzeit. Einen hochveranlagten Spieler wie Raul möchte man manchmal einfach nur an den Schultern packen und kräftig durchschütteln. Früher war es Jiri Nemec, der durch seine konsequente Verweigerung eines Torabschlusses das Stadion im Alleingang in die Verzweiflung trieb. Heute schickt sich Raul an, diesbezüglich ein würdiger Nachfolger des Meisters zu werden. Gegen Stuttgart entschied er sich zu häufig für den fein angedachten aber schlecht ausgeführten Pass auf seinen Sturmpartner Huntelaar. Etwas mehr Eigensinn wäre wünschenswert gewesen. Ansonsten kann man Raul keinen Vorwurf machen. Regelmäßig gehört er zu den laufstärksten Akteuren auf dem Platz, doch irgendwann wird ein Stürmer eben auch an seinen Toren gemessen. Und was das angeht, ist Rauls Arbeitsbilanz auf Schalke mangelhaft. Traurig, aber wahr.

In der derzeitigen Situation hilft Schalke nur eines: Siege, Siege, Siege. Am Mittwoch geht es in der Champions-League gegen die unbekannte Größe Tel Aviv weiter, dann fährt man in der Liga und im Pokal nach Frankfurt. Für mich geht es längst nicht mehr darum, die Kurve zu kriegen. Ich zähle derzeit ausschließlich die Punkte bis zum Klassenerhalt. 5 von geschätzt notwendigen 37 Zählern hat Schalke erst. Es könnte wirklich besser aussehen. Mehr zum Spiel gegen Stuttgart schreibt der „kicker“.

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7 Kommentare zu “Tippelschritte auf der Stelle”

  1. ProErnstam 17. Oktober 2010 um 21:20 1

    Guten Abend,

    Deinen Frust, den Du heute zum Ausdruck bringst kann ich gut verstehen. Auch ich habe das Gekicke am Samstag gesehen, wobei m. E. in den Fernsehkommentaren noch „gut“ mit uns umgegangen wurde.
    Aber andererseits bin ich der Meinung, dass Felix Magath sich noch einigermaßen gut verkauft hat im heutigen Doppelpass.

    Ich fand es eigentlich schon unverschämt von Wontorra, Lattek und Konsorten, nach der Begrüssung einen wahrlich „Doffmunder“ mit so einer „saudummen“ 6 Punkte Parodie eine Bühne zu geben. Wäre die Tabellensituation umgekehrt und der „Schlauschwätzer“ Watzke sässe im Podium wäre so ein Klamauk gar nicht vorgekommen. Man muss schon vor Felix den Hut ziehen, dass er nicht gleich aufgestanden und gegangen ist. Ich hätte es an seiner Stelle getan.

    Im übrigen hat er sich m. E. an seine Aussagen aus dem Austria-Termin gehalten, die hier ja überwiegend positiv aufgenommen wurden. Die anwesenden Journalisten sind ja auch einigermasssen fair mit ihm umgegangen.

    Warum soll man nicht noch weiter positiv denken, dass wir da unten wieder herauskommen, auch wenn das Spiel gegen Stuttgart wieder grottenschlecht war.

  2. Matthiasam 17. Oktober 2010 um 21:33 2

    Ich habe nur die zweite Hälfte vom „Doppelpass“ gesehen, da war das Thema Schalke schon fast „durch“. Deshalb weiß ich auch nicht, was am Anfang los war. Ich kann mir den Doppelpass allerdings bereits seit Jahren nicht mehr ohne körperliche Schmerzen antun. Wontorra und Lattek, zumeist noch irgendein blasierter Schönling von der BILD und ganz oft Freddie „Ich weiß alles besser, nur viel später“ Röckenhaus – da kann nichts bei herum kommen. Und jetzt haben sie auch noch das Jazztrio zugunsten eines „DJs“ mit 70er-Jahre-Fahrstuhlmusik ausgetauscht…

  3. ProErnstam 17. Oktober 2010 um 21:53 3

    Hallo,
    ich hab auch nur wegen Felix geschaut. Ansonsten bin ich bei Dir.

    Freundliche Grüsse

  4. holzboy2008am 17. Oktober 2010 um 22:05 4

    Brauche keinen Kicker mehr,alles genau beschrieben!.Genauer gehts nicht mehr.Bin einfach nur traurig über den Zustand der Manschaft,Einsatz,Kampf und Moral mögen Noch I,O sein und das Glück war auch wieder da,ein Tor des Gegners nicht gegeben und ein Elfmeter den von zehn Schiris neun nicht geben.Sonst im Westen leider nichts neues.

  5. […] Matthias, der Schalkefan, hat die Nase voll von den scheinheiligen Schönreden, von guter Moral und Kampfgeist. Er kann die Phrasen des Felix M. nicht mehr hören und sieht die Schalker Ansprüche mittlerweile genauso im Keller. “Sind wir auf Schalke dort angekommen, wo allein die (Nicht-)Stärke des Gegners den Ausgang des eigenen Spiels diktiert? Sind wir jetzt auch höchstoffiziell nicht mehr in der Lage, ein Spiel aus eigener Stärke heraus zu gestalten und zu – Vorsicht, es folgt ein ungewohntes Wort – gewinnen?” […]

  6. Achimam 18. Oktober 2010 um 18:27 6

    Also ich bin ja ein Fernsehgucker und bekomme natürlich das authentische Feeling so nicht mit, das Zugelabere durch Felix am Samstag war auch nicht sehr hilfreich – mehrmals habe ich mich gefragt, welches Spiel er da gerade sieht, aber trotz vieler Aktionen, bei denen ich am liebsten in den Teppich gebissen hätte, möchte ich hier doch auch mal sagen, dass es so schlimm, wie ihr das hier darstellt, auch nicht war. Ich messe das allerdings nicht an unseren hohen Ansprüchen, sondern an den vorangegangenen Spielen. Wir treten nicht auf der Stelle, es sind tatsächlich kleine Fortschritte zu erkennen, und vor allem bei der Mehrheit der Mannschaft spürt man wieder den Willen, die jetzige Situation zu ändern. Na klar, es ist wie so häufig, wenn du Pech hast, kommt auch noch Unglück dazu. Schon allein ein abgestimmtes Zuspiel, besseres (glücklicheres) Kombinieren hätte den Sieg über Stuttgart gebracht, die (das nebenbei) auch nicht wie ein Absteiger gespielt haben. Ich bin überzeugt, wir kommen wieder und schon in dieser Woche werden wir wieder siegen – Punkt!

  7. hendrikam 19. Oktober 2010 um 16:08 7

    Ich denke dass in der CL ein Sieg herausspringen wird. Das ist aber wenig positiv, sondern viel mehr negativ zu sehen, da ich den willen des teams bezweifele. Das CL spiel in lyon war bis zum platzverweis ok, und gegen lissabon war es eine der besten leistungen der saison (wobei das auf niedrigem niveau stattfindet).
    In der Bundesliga scheint es nur zu gehen, wenn der Druck am grössten ist (Freiburg). Gegen gladbach und stuttgart wurde erst angefangen fussball zu spielen, als man in rückstand geraten war.

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