Bitte nicht noch eine Woche Winter

03. Dez. 2010 | 5 Kommentare

Wie sortiert man eigentlich jemanden aus, der ohnehin nie eine Rolle gespielt hat? Wie stellt man einen Spieler auf das Abstellgleis, der kaum das öffentliche Schienennetz gesehen hat? Diese Fragen geistern mir seit Dienstag durch den Kopf, als die Presse in Eilmeldungen verbreitete, Alexander Baumjohann sei zur zweiten Mannschaft „strafversetzt“ worden. Diese Meldung zur echten Meldung machte allein, dass auch Jermaine Jones und Hans Sarpei von dieser Maßnahme betroffen waren. Aber Alexander Baumjohann? Mal ehrlich…

Nach Kaiserslautern lechzte das Volk nach den Konsequenzen, die der Trainager direkt nach dem Abpfiff angekündigt hatte. Sie folgten in Form von „Straftrainings in kurzen Hosen bei eisiger Kälte“, der „Kürzung des Urlaubs“ und eben in der „Suspendierung“ von Sarpei, Jones und Baumjohann. Dafür rückten Levan Kenia und Christian Pander in den Kader derer auf, die unter der gnädigen Anleitung von Felix Magath über den Platz schweben dürfen und nicht unter der unbarmherzigen Knute von Michael Boris stehen müssen. Alles eine Frage der Sichtweise.

Auch wenn Felix Magath es nicht zugeben würde: Die vergangene Woche hat Spuren hinterlassen. Erstmals trauten sich die Journalisten, ihn öffentlich anzuzählen. Von einem Ultimatum war die Rede und mit Christian Groß stünde sogar schon ein Nachfolger bereit. Dies alles schrieben sie unter „Klarnamen“ und benutzten keine gestelzten Satzkonstruktionen wie „hinter vorgehaltener Hand wird auf Schalke gemunkelt“, nur um nicht glasklar Position beziehen zu müssen.

Während ich in den letzten Monaten immer wieder die Medienkompetenz des Trainagers lobte, sieht man in der Pressekonferenz zum Spiel gegen Bayern München am morgigen Samstag einen Macher, der dünnhäutiger geworden ist. Nein, natürlich sei die Vorstandssitzung unter der Woche keine Krisensitzung gewesen. Nein, natürlich sind weder Baumjohann noch Jones noch Sarpei für alle Zeit in Ungnade gefallen. Nein, die Spieler hätten sich natürlich eine lange Hose angezogen, wenn es Ihnen beim Kurzhosentraining unter der Woche zu kalt geworden wäre. Sätze, für die man eigentlich keine Pressekonferenz braucht, weil sie selbstverständlich sind. Doch der Ton macht die Musik. Dieser Ton ist bei Felix Magath deutlich leiser und vor allem defensiver geworden. Schließlich begeht er sogar noch den Dünnhäutigkeits-Kardinalfehler, einem fragenden Journalisten zu erwidern, die Frage sei so dumm, dass er darauf eigentlich gar nicht antworten wolle. Nein – das ist nicht der knallharte Medienfuchs Magath, den ich in den letzten eineinhalb Jahren zu schätzen gelernt habe.

Auf der anderen Seite wäre es ja auch schlimm, wenn Schalke nach dem Debakel vom Betzenberg einfach wieder zur Tagesordnung überginge. Der vergangene Samstag hat einiges von dem Vertrauen zerschlagen, das die Fans gerade bereit waren, in ihre Mannschaft zu setzen. Da trifft es sich gut, dass mit Bayern ein Gegner kommt, auf den man ein Team nicht gesondert einstellen muss. Obwohl das in diesem Jahr nichts heißen will – siehe die Demütigung gegen Dortmund.

Ich hatte vor ein paar Wochen, als sich der rumpelige Saisonstart langsam relativierte, eigentlich gehofft, spätestens gegen München den wahren Charakter der Mannschaft zu sehen. Nun bin ich mir nicht mehr sicher. Natürlich wünsche ich mir einen Sieg, doch würde er nicht nur das Vorurteil nähren, Schalkes Spieler seien Schauläufer, die nur auf der großen Bühne glänzen können? Trotz allem hoffe ich natürlich schon auf einen Moment der Entspannung. Schalke muss einfach gewinnen.

Falls nicht, macht Felix Magath noch eine Woche eiskalten Winter.

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5 Kommentare zu “Bitte nicht noch eine Woche Winter”

  1. Jonasam 3. Dezember 2010 um 17:14 1

    Wo wäre denn das große Problem wenn sie gegen Bayern gewinnen? Dann sind sie eben Schauläufer aber das macht doch nichts solange sie es regelmäßig sind 😉

  2. Matthiasam 3. Dezember 2010 um 17:54 2

    Das Problem sehe ich in der Art der Außendarstellung. Wenn Schalke morgen verliert, lachen sich alle wieder kaputt. Wenn Schalke gewinnt, lästern alle über den fiesen Charakter der Mannschaft ab. So oder so wird das Ergebnis morgen nichts daran ändern, dass wir es geschafft haben, innerhalb von nur einem halben Jahr zur Lach- und Lästernummer der Liga zu werden. Vor Kaiserslautern hatte ich noch Hoffnung, dass sich das ändern könnte. Mittlerweile weiß ich, dass wir diesen Status unabhängig von den Ergebnissen in den letzten Spielen des Jahres 2010 auf jeden Fall mit in die Winterpause nehmen werden. Und so etwas – da bin ich mir sicher – belastet nicht nur Fans, sondern auch Spieler.

  3. charakterstärkeam 4. Dezember 2010 um 11:33 3

    also freunde jetzt bleibt doch mal sachlich.

    bremen zu null geschlagen; pauli zu null geschlagen; lyon zu null geschlagen; ok gegen klautern unterirdisch zu null verloren – aber ist das wirklich so tragisch wie es dargestellt wird. es liegt einfach nur daran, dass schalke unheimlich medienwirksam ist. was jedem sponsor übrigens sehr entgegen kommt.

    einfach mal abwarten und sich nicht verrückt machen lassen – auch wenn es schwer fällt

    glückauf

  4. Henningam 5. Dezember 2010 um 12:34 4

    Und jetzt auch Bayern Zu Null geschlagen – obwohl da mehr Glück als Verstand bei war! Trotzdem: jetzt noch 4-6 Punkte bis zu Winterpause und man könnte sich auf Platz 12 wiederfinden. In der Winterpause kommen Pander, Kenia und Hoogland voll zurück, und dann läuft auch das Spiel auf den Außen.
    Ich habe wieder Hoffnung!
    Glück auf

  5. Carlitoam 6. Dezember 2010 um 22:19 5

    @charakterstärke: Eben, wenn wir nicht Schalke, sondern Wolfsburg oder Hoffenheim wären, dann würde das vermutlich keine Sau interessieren…