Zurück im Niemandsland
Aus meiner persönlichen 3000-Kilometer-„Bestmarke“ ist zum Glück nichts geworden. Nach ziemlich genau 2810 Kilometern im vierten Auswärtsspiel der Saison bescherte mir Schalke endlich den ersten Punktgewinn. Mehr noch: In Hannover ergatterten die Königsblauen ein wenig glücklich aber nicht gänzlich unverdient den Dreier. Das 1:0 nach 90 unterhaltsamen Spielminuten bringt Schalke wieder dahin, wo man sich zur Winterpause schon befand: irgendwo ins Nirgendwo. Bis in die internationalen Ränge sind es nun acht Zähler. Der Abstand zu den Abstiegs- bzw. Relegationsrängen beträgt sechs Punkte. 15 Spieltage vor Schluss ist nach wie vor alles möglich. Mit Prognosen möchte ich mich mehr denn je zurückhalten. Denn in Hannover wirkte Schalke nur sehr selten wie ein Team, das aus dem Stand heraus eine Serie starten kann. Jedoch ist im Gegensatz zum peinlichen Auftritt gegen den Hamburger SV wenigstens wieder etwas Stabilität eingekehrt.
Selten habe ich einem Spiel gegen Hannover 96 mit so viel Spannung entgegengefiebert wie der gestrigen Partie. Hannover zählt zu den Vereinen in der Liga, die ich nie so richtig auf dem Schirm habe. Ich registriere die Ergebnisse und ordne diese in der Tabelle ein. Aber wie Hannover Fußball spielt? Ganz ehrlich: Meistens interessiert mich das nicht! Um so mehr lechzte ich nach einem Erkenntnisgewinn, wie es diese – sorry – graue Maus nach 18 Spieltagen bis auf den zweiten Tabellenrang geschafft hat. Seit gestern bin ich ein wenig schlauer.
Hannover begann leidenschaftlich, druckvoll und agierte in den ersten 20 Minuten in der Tat wie eine Heimmannschaft, die ihren Höhenflug fortsetzen will. Das Mittelfeld wurde von den Gastgebern mit steilen Pässen und weiten Flanken flink überbrückt. Vorne versuchten der aus dem Mittelfeld aufrückende Schlaudraff und Sturmspitze Ya Konan für Unruhe zu sorgen. Die so genannten „zweiten Bälle“ wurden konsequent mit scharfen Weitschüssen abgeschlossen. Ein zunächst sehr viel versprechendes Konzept. Wer weiß, wie es ausgegangen wäre, wenn Schlaudraff nicht bereits nach 13 Minuten das Feld hätte verlassen müssen. So aber war es allein am wirklich beneidenswert wuseligen Didier Ya Konan, die Akzente in vorderster Front zu setzen.
Schalke war in der Anfangsphase um Ruhe und Spielkontrolle bemüht. Nach der ersten Offensive der Niedersachsen eroberte das Magath-Team mehr und mehr Spielanteile und agierte aus einem gesicherten, weil um Peer Kluge wieder verstärkten Mittelfeld heraus. Spielerische Akzente blieben in dieser Phase jedoch Mangelware und wurden, wenn überhaupt, nur durch Jefferson Farfán und den Startelf-Debutanten Juian Draxler präsentiert. Doch immerhin wurde Schalke zunächst ebenbürtig, dann sogar etwas besser. Und so reichte es in dieser spielerisch stärksten Phase der Königsblauen nach einer guten halben Stunde zum 1:0, das aus einem richtig feinen Spielzug über Draxler, Schmitz und Raúl hervorging. Schalke hätte danach das Ergebnis erhöhen können, doch ebenso glücklich, wie der S04 den Anfangsdruck Hannovers standgehalten hatte, überstanden nun die Gastgeber die Schalker Drangphase gegen Ende der ersten Halbzeit.
Nach dem Seitenwechsel musste man aus Schalker Sicht gleich mehrmals heftig durchatmen. Hannover kam mit viel Druck aus der Kabine und spielte Schalke bis zur 75. Minute teilweise an die Wand. Jedoch fehlte bei allem Engagement der Niedersachsen immer der letzte Pass in die Spitze, sodass es in erster Linie Weitschüsse waren, die für Gefahr sorgten. Manuel Neuer parierte in dieser Phase einige Male wirklich sensationell, ganz oft aber auch genau so, wie man es von einem Tormann seiner Klasse erwarten darf. Dennoch: Ein Ausgleich wäre zu diesem Zeitpunkt nicht unverdient gewesen.
Schalke verpasste es in der zweiten Halbzeit, eine der sich ergebenden Konterchancen konsequent auszuspielen. Raúl, der wieder einmal der aktivste Mann auf dem Feld war, musste sich in der Schlussphase zu oft mit Mittelfeld-Aufgaben beschäftigen, als dass er in vorderster Front für die Entscheidung hätte sorgen können. Huntelaar, dem diese Aufgabe zufiel, agierte glücklos und ließ in vielen Situationen die notwendige Spritzigkeit vermissen. Es reichte dennoch zum Sieg, weil Hannover letztendlich mit seinem Weitschuss-Latein am Ende war und Schalke routiniert aber jederzeit spielerisch an der Uhr drehte.
Neben dem alles überstrahlendem Raúl und dem wieder gut aufgelegten Manuel Neuer wussten in Hannover vor allem Julian Draxler, Jefferson Farfán und Peer Kluge zu gefallen. Doch generell war es eine deutliche Leistungssteigerung der gesamten Mannschaft im Gegensatz zur Auftaktpleite gegen Hamburg. Dennoch bleibe ich dabei: Wie eine Mannschaft, die fortan die Rückrunde rocken wird, wirkte Schalke in Hannover nicht. Das tabellarische Niemandsland droht mehr als eine Momentaufnahme zu werden.
Mehr zum Spiel schreibt der kicker. Einen kleinen Erlebnisbericht mit Bildern gibt es morgen.
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2 Kommentare zu “Zurück im Niemandsland”
Sehr schön auf den Punkt gebracht.
Irgendwie müssen wir uns ins Endspiel des Pokals wurschteln.
Ihr habt einen Sockenschuss.
Pokalfinale, 37 Mio, Viertelfinale.
Ale anderen „Großen“ sind schlimmer dran.
Eisern Union