Der FC Schalke, das Pokal-Eichhörnchen

27. Jan. 2011 | 4 Kommentare

Wäre der Pokal eine Liga, wäre es unmöglich, dass eine Mannschaft mit negativem Torverhältnis in der Runde der letzten Vier steht. Schließlich muss man in jeder der vier Runden bis zum Halbfinaleinzug mindestens ein Tor mehr geschossen haben als der Gegner. In diesem Jahr schaffte Schalke ein Kunststück: Man schoss sowohl in der ersten (2:1 in Aalen) als auch in der zweiten Hauptrunde (1:0 beim FSV Frankfurt), sowie im Achtel- (1:0 in Augsburg) und im Viertelfinale (3:2 gegen Nürnberg) genau ein Tor mehr als die gegnerische Mannschaft. Die Pokal-Tordifferenz von +4 ist somit gepflegtes Minimalistentum – oder eben unglaublich effektiv. Es kommt einfach auf die Sichtweise an.

Mit nur einem Tor mehr als der jeweilige Rundengegner bis in Halbfinale des Pokals vorzudringen ist eine echte Seltenheit. Allerdings ist Schalke kein Unikum. Zuletzt gelang dieses Kunststück dem SV Werder Bremen in der Saison 1999/2000. Damals spielte der im Europacup tätige Bundesligist jedoch nicht vier Partien bis zum Semifinale, sondern dank einer – nur in jener Spielzeit praktizierten – Freilos-Regelung lediglich drei. Bremens Gegner bis zur Vorschlussrunde waren Kaiserslautern (6:5 n.E.), Ulm (2:1) und Bochum (2:1). Bremen gewann daraufhin auch das Halbfinale mit einem Tor Vorsprung (3:2 gegen Hansa Rostock), doch im Finale musste man sich dem FC Bayern mit 3:0 geschlagen geben. Ein schlechtes Omen für Schalke?

Nein! Denn dass man sich mit dem Eichhörnchen-Prinzip sogar bis zum Titel durchwurschteln kann, bewies ebenfalls Bremen in der Pokalsaison 1998/99. Werder spielte gegen Leverkusen II (2:1), Rostock (3:2), Düsseldorf (3:2), TeBe Berlin (2:1), Wolfsburg (1:0) und schließlich im Finale gegen Bayern München. Nach 120 Minuten stand es 1:1. Im Elfmeterschießen gewann die Weser-Elf mit 5:4 und somit – wie könnte es anders sein – ebenfalls mit nur einem Tor Vorsprung.

Hier die tabellarische Aufstellung aller Pokal-Minimalisten (fett), die es in das Halbfinale schafften. In den weiteren Spalten sind die jeweiligen Rundengegner angegeben.

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Jahr 1. Runde 2. Runde 1/8-Finale 1/4-Finale
10/11 Schalke VfR Aalen FSV F’furt Augsburg Nürnberg
99/00 Werder K’lautern SSV Ulm Bochum
98/99 Werder L’kusen II FC Hansa Düsseldorf TeBe Berlin
97/98 Duisburg RW Essen Bochum E. Frankfurt Jena
97/98 Trier U’haching Schalke Dortmund Mannheim
93/94 Dresden Wolfsburg Hannover FC Bayern Leverkusen
91/92 Hannover Bochum Dortmund Uerdingen Karlsruhe
73/74 Offenbach Heilbronn Nürnberg K’lautern
63/64 FC Altona M’gladbach Duisburg Karlsruhe
62/63 Werder Lohberg Tas. Berlin

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Zur Tabelle drei Anmerkungen:

1. 1991/92 feierte der deutsche Fußball seine Wiedervereinigung. Um möglichst vielen Vereinen der ehemaligen DDR die Möglichkeit zu bieten, im gesamtdeutschen Pokal startberechtigt zu sein, wurde eine zusätzliche Runde eingeführt, an der die westdeutschen Bundesligisten nicht teilnehmen mussten. Zweitligist Hannover 96 musste hingegen antreten und schlug in dieser „0. Hauptrunde“ den NSC Marathon Berlin mit 7:0. Da diese Runde heute nicht mehr existiert, habe ich Hannover – immerhin später Pokalsieger – in die Tabelle aufgenommen.

2. 1971/72 und 1972/73 wurde der Wettbewerb mit Hin- und Rückspiel ausgetragen. In diesen beiden Spielzeiten habe ich das Gesamtergebnis beider Partien verwendet.

3. Überhaupt unterlag der Austragungsmodus in den 50er, 60er und frühen 70er-Jahren extremen Schwankungen. Gerade vor der Einführung der Bundesliga gab es DFB-Pokalwettbewerbe, die diesen Namen nicht verdient hatten, da sie teilweise erst mit dem Halbfinale begannen. Ich habe deshalb in der Saison 1962/63 aufgehört, nach Pokal-Minimalisten zu suchen. Erstmals ausgetragen wurde der DFB-Pokal 1952/53.

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4 Kommentare zu “Der FC Schalke, das Pokal-Eichhörnchen”

  1. Reineram 27. Januar 2011 um 08:23 1

    Danke für diese Liste. Hatte mich selbst schon gefragt wie oft das passiert, dass man mit so vielen knappen Siegen so weit im Pokal kommt. Da ist Schalke aber in bester Gesellschaft, siehe Bremen. Hoffen wir das Beste.

    Glück auf!

  2. Uweam 27. Januar 2011 um 09:09 2

    Wäre der Pokal eine Liga, wäre es unmöglich, dass eine Mannschaft mit negativem Torverhältnis in der Runde der letzten Vier steht.

    Naja, wenn man sich die BL-Tabelle zur Winterpause anschaut, dann entdeckt man dort einen Verein mit negativem Torverhältnis auf Platz 4. Am 18. Spieltag hatten sie ein positives und letzte Woche haben wir ihnen wieder ein ausgeglichenes beschert und sie bleiben trotzdem auf Platz 3!

  3. Matthiasam 27. Januar 2011 um 09:16 3

    Jepp, genau das meine ich! In der Liga kann man mit negativem Torverhältnis ganz weit oben stehen. Im Pokal braucht es qua Modus ein positives.

  4. Carsten1904am 27. Januar 2011 um 11:55 4

    Coole Auflistung!!! War mir ehrlich gesagt noch gar nicht aufgefallen wie minimalistisch sich die Blauen ins Halbfinale gepöhlt haben. Da überwog bei mir wohl noch die Freude von Mittwoch. Gutgeh’n!