Eine lügende Presse hilft uns auch nicht weiter
Heute würde man schreiben „Schalke mistet den Kader aus!“ Damals, vor fast auf die Woche genau 37 Jahren, wurden Spieler noch nicht mit verunreinigtem Stallbodenbelag gleichgesetzt. „Acht Schalker müssen sich neuen Job suchen“ titelte „die Presse“ [leider kenne ich die genaue Quelle nicht] stattdessen Ende Januar 1974 und beschrieb damit einen radikalen Umbruch, der vom Schalker Vorsitzenden Günter Siebert geplant war. Immerhin kündigte er an, dass fast ein Drittel des Kaders den Verein verlassen müsse. Ob „Oskar“ das Vorhaben durchgezogen hat, habe ich nicht recherchiert. Die im Artikel erwähnten Kremers-Zwillinge waren jedenfalls auch in der Saison 1974/75 noch an Bord.
Der „Kaderumbau“ der letzten Tage hat extreme Wellen geschlagen – auch hier in diesem Blog. Richtig rund ging es allerdings in den diversen Foren. „Der Mann läuft Amok“ war ein Zitat, das es aus dem Internet in die Qualitätsmedien schaffte. Selbst im ZDF wurde der Satz angeführt.
Ich kann die Frustration, die allgemein herrscht, nachvollziehen. Auch ich habe mich auf dem Boden herumgewälzt und in die Auslegeware gebissen, als am Montag der Name Karimi die Runde machte. Zwei Nächte später hat sich meine Aufregung merklich gelegt. Und nach all‘ den entrüsteten, bissigen und den Weltuntergang beschwörenden Reaktionen, die ich allesamt verstehen kann, tröpfelten auch die ersten Kommentare ein, die mich zum Nachdenken angeregt, bzw. mich in meiner sich bildenden Meinung bestätigt haben: Letztendlich ist nichts passiert, außer dass wir alle stinksauer wegen der 0:1-Pleite gegen Hoffenheim sind, die sinnbildlich für eine verkorkste Saison steht.
Nur zur Erinnerung: Noch vor eine Woche feierten wir alle Julian Draxler und lobten „Magier Magath“ für sein goldenes Händchen. Jetzt kommen zwei ablösefreie Spieler, eine Leihgabe und ein Akteur, der bei der WM nachdrücklich auf sich aufmerksam gemacht hat – und der Trainager ist plötzlich der Riesenarsch. Das geht mir dann doch etwas zu schnell.
Wirklich ärgerlich ist, dass wir Fans uns vor den Karren von persönlichen Interessen und privaten Fehden spannen lassen. Dass die WAZ und Felix Magath nie warm geworden sind, dürfte jedem bekannt sein, der ab und zu auf das Trollportal DerWesten.de surft. Ein Jahr lang biss sich vor allem Redakteur Reinhard Schüssler aber an Magath und Schalke die Zähne aus. In dieser Saison stiegen die Chancen des Journalisten dann. Der Triumph sei ihm sogar irgendwie gegönnt, nicht akzeptabel ist jedoch, dass Schüssler „falsche Tatsachen“ verbreitet!
In einer am Montag veröffentlichten „Analyse“ erscheint als „Infokasten“ die Auflistung der Zu- und Abgänge in den letzten eineinhalb Spielzeiten. „41 kamen, 34 gingen“ heißt es da. Zwei Zahlen, die mich zunächst stutzig, dann stinksauer gemacht haben. Denn anscheinend rechnet die WAZ wie folgt: Drei Leute sitzen in einem Raum. Einer geht raus und kommt wieder rein. Zwei gehen raus, einer kommt wieder rein. Und dann kommt auch der Dritte wieder in den Raum. Jedes Kind weiß, dass wir von drei Personen gesprochen haben. Die WAZ zählt hingegen sechs! Noch schlimmer aber ist: Wir frustrierten Fans plappern es nach!
Ich habe deshalb, wie am Dienstag die Zugänge, auch die Abgänge „unter Magath“ grafisch dargestellt (größer wird’s mit dem Klick). Ich muss jedoch erneut vorwegschicken, dass ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebe und Korrekturen gerne entgegen nehme. Ich komme auf 23 Profis, die in Magaths Amtszeit den Verein verließen. Dabei habe ich Ralf Fährmann sogar hinzugezählt, obwohl der sich noch unter Rutten entschloss, seinen auslaufenden Vertrag auf Schalke nicht zu verlängern. Somit sind es für mich streng genommen sogar „nur“ 22 Abgänge. Hinter der von DerWesten verbreiteten Zahl 34 muss ich deshalb eine bewusste Täuschung vermuten.
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Die Lage ist derzeit ernst genug. Auf Schalke haben sich tiefe Gräben zwischen den Vereinsverantwortlichen und den Fans aufgetan. Diese Gräben müssen wir irgendwie wieder zuschütten. Das allein wird ein schweres Stück Arbeit. Das Letzte, was uns Schalkern dabei hilft, sind eine Presse, die wissentlich falsche Informationen verbreitet, und hysterische Fans, die alles glauben, was man ihnen gedruckt serviert.
Abschließend noch ein Lesetipp: Matthias Berghöfer, der nun wirklich nicht als Magath-Busenkumpel bekannt ist, hat sich im „Auswärtssieg“ sehr fundierte Gedanken gemacht. Und auch auf die Kommentare von Herrn Wieland und Hellwach möchte ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich hinweisen.
Es tut gut, alles mal etwas unaufgeregter zu betrachten.
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7 Kommentare zu “Eine lügende Presse hilft uns auch nicht weiter”
Du hast recht, natürlich entspringt die derzeitige Hysterie vor allem dem entäuschenden letzten Wochenende. Am Samstag mussten die letzten Hoffnungen auf eine EL-Qualifikation über die BL begraben werden, und das bei einer unglaublichen schlechten Mannschaftsleistung (und taktischen Aufstellung). Am Sonntag dann das (vermeintliche) Ende aller Hoffnungen, über den DFB-Pokal in die EL zu gelangen. Und dann am Montag, durch fragwürdige Transferns, das Ende aller Hoffnung, dass Magath doch noch den großen Masterplan haben könnte.
Dieser dreifache Schlag war in dünnhäutigen Zeiten einfach zu viel!
So ist es richtig, Ruhe bewahren. Derzeit spielen allerdings Zigtausende den Fußballlehrer und plappern dazu noch alles nach, was in den sog. Qualitätsmedien steht. Auch ich mache mir Gedanken, aber ich kann das ewige Gejammer nicht mehr hören. Ich unterstelle FM, dass er bei all seinen Aktionen auch seine Gründe hat – sonst würde er anders handeln. Er ist mit dieser Prokura und der damit verbundenen Verantwortung ausgestattet. Man gibt ihm 4 Jahre Zeit, nun sind gerade 1,5 Jahre rum. Die erste Saison verlief außerordentlich gut, wider erwarten, vielleicht ist das auch das Problem vieler. Die Messlatte liegt doch etwas höher, wenn man Vize wird und sich dann noch mit einigen „Hochkarätern“ verstärkt hat. Wäre es andersherum gelaufen, wäre die Stimmung derzeit natürlich eine andere. Es soll auch keiner sagen, er habe nicht gewusst, was uns erwartet. Auch in WOB hat FM das Austauschen ganzer Mannschaftsteile so lange praktiziert, bis er eine meisterliche Truppe zusammen hatte. Sollte ihm das auch auf Schalke gelingen, ist ihm ein Denkmal sicher und kaum einer wird sich über den Weg dorthin beklagen. Leben, lieben und leiden im Glanze deines Banners – für immer Schalke 04!
btw: Ich hatte in der WAZ folgenden Kommentar auf dieses Geschmiere hinterlassen: „Das kann man so sehen, Herr Schüssler, muss man aber nicht. Man kann auch zu dem Ergebnis kommen, dass mancher Leichtmatrose sich besser nicht zu weit aufs offene Meer hinauswagen und lieber Kapitän in der eigenen Badewanne bleiben sollte.“ Der Kommentar wurde von der Redaktion gelöscht!
Es geht munter weiter (nun auch schon bei welt-online), der SFCV gießt auch noch Öl ins Feuer und in Lüdenscheid lacht man sich kaputt!
http://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/fc-schalke-04/article12424413/Schalkes-Fans-protestieren-gegen-Magaths-Kaufwut.html
@Matthias,
danke für den Hinweis auf den Beitrag deines Namensvetters. Ich surf da viel zu selten rein.
Also eine kritische Auseinandersetzung mit Magath und sienem Treiben auf Schalke (in WOB ging´s einfach schneller) bleibt notwendig, aber warum man sich über Charisteas und Karimi aufgeregt, ist schwer verständlich.
Man darf ja ein paar Witze machen, aber wenn man davon ausgeht (und ich finde, dass muss man), dass diebeiden leistungsbezogene Gehälter an der unteren Grenze erhalten, dann kann da bei 0 Ablöse nicht so viel falsch sein. Außer, dass beispielsweise Gavranovic sich nicht so richtig ernstgenommen vorkommt…
Aber es dürfte ja klar sein, dass sich nach einer Niederlage im Derby der Unmut noch potenziert! Egal wie´s ausgeht, ich hoffe, dass wenigstens Einsatz und Leistung stimmen, sonst wirds echt ungemütlich…
Charisteas ??? dass ist doch nicht zu glauben, der hat noch nie etwas geleistet !!!
Luit
Delfzijl (Holland)
Unser Trainager erklärt seine Strategie und Transferpolitik.
http://www.eyep.tv/beitrag/1-bundesliga/video/magathdortmund-wohl-der-kommende-meister-24.html
Die Pressekonferenzen sind eigentlich immer nett zu sehen.