Ein Sahnetag, abso-fucking-lutely!
Neige ich eigentlich zum Ãœberschwang? Wahrscheinlich. Ziemlich sicher sogar, wenn es um Fußball im Allgemeinen und Schalke im Speziellen geht. Deshalb möchte ich aus meinem Herzen auch keine Mördergrube machen und sage es frei heraus: Das 4:0 von Raúl in der 71. Minute war das schönste Tor, das ich jemals auf Schalke gesehen habe! Mit welch‘ überragender Technik der Señor den frisch eroberten Ball über Bremens verdutzten Keeper Tim Wiese hob, mit steil ansteigender und ebenso steil wieder abfallender Flugkurve, das butterweiche Auftropfen der Kugel auf der Torlinie, der anschließende Torjubel vor der tosenden Nordkurve, energisch, gelöst, zwar einstudiert aber keinesfalls überheblich – allein diese Szenen entschädigten am Samstag für vieles, was wir in dieser Saison auf und mit Schalke erleben mussten. Für einen Moment kam ich mir vor, wie ein Maler, der nach jahrelanger Suche seine Muse gefunden hat und nun vor ihr in Ehrfurcht erstarrt. Gejubelt – aber mal so richtig! – habe ich dann aber schließlich auch noch.
Raúls Kunstschuss krönte einen Nachmittag, wie er aus Schalker Sicht kaum schöner sein konnte. Mit Ausnahame der Anfangsviertelstunde hatten die Königsblauen einen Auftritt gezeigt, der dem der Bremer in allen Belangen überlegen war. Schalke war ballsicherer, frischer, engagierter, gedanklich und physisch schneller und hätte Werder eine historische Niederlage beibringen können, vielleicht sogar müssen. Allein Dirk Jan Klaas Huntelaar vergab eine ganze Handvoll 100%iger Möglichkeiten auf weitere Treffer und auch der überragende Jefferson Farfán hätte sich leicht in die Torschützenliste eintragen können. Aber egal: Ein 4:0 spricht eine eindeutige Sprache und Bremen, das sich über weite Phasen wie ein Patient im Wachkoma präsentierte, konnte froh sein, noch derart kurz geschoren dem Albtraum entkommen zu sein.
Bei einem derart dominanten Auftritt und einem nicht nur hochverdienten sondern auch hoch ausgefallenem Sieg verbietet es sich eigentlich, über Mängel zu sprechen. Doch selbst wenn ich es wollte, könnte ich nur an den ersten Spielminuten herummäkeln. Als es noch 0:0 stand brauchte Schalke seine Zeit und eine Standardsituation, um ins Spiel zu finden. Spätestens nach dem1:0 durch Christoph Metzelder (da ist er, Schalkes erster deutscher Torschütze) brach Bremen in sich zusammen, vor allem auch, weil Schalke nun keinen Zweifel daran ließ, wer als Sieger den Platz verlassen sollte. Mit Ausnahme des etwas glücklos agierenden Joel Matip zeigten alle, wirklich alle (!) Spieler, die am Samstag für Schalke zum Einsatz kamen, eine ihrer besseren, wenn nicht sogar die beste Saisonleistung. Metzelder war der Turm in der Abwehr, der durch ein fehlerfreies Spiel die wenigen Angriffe der Gäste unspektakulär aber effektiv im Keim erstickte. Im Mittelfeld eroberte Peer Kluge einen Ball nach dem anderen, während Jefferson Farfán aufdrehte, wie ein Duracell-Hase mit eingebautem Kernreaktor. Und im Sturm strahlten sowohl der dreifache Torschütze Raúl als auch der am Samstag etwas unglückliche Huntelaar in jeder Sekunde höchste Torgefahr aus. Gegen drei Offensivkönner dieser Extraklasse kann man nicht über 90 Minuten konsequent verteidigen. Zumindest nicht, wenn alle drei einen Sahnetag erwischen. Diese bittere Lektion musste nun ausgerechnet Bremen lernen, das ansonsten ja selbst dafür bekannt ist, durch überragendes Offensivspiel den Gegner zu eliminieren.
Wenn das das neue Schalke ist, wenn es kein Zufall war, wenn es nicht nur ein kurzes Aufflacken gegen einen schwachen Gegner, sondern die Fortsetzung eines Trends war, wenn neun selbst erzielte Tore in drei Spielen kein Strohfeuer sondern das Resultat einer strategischen Planung sind, dann will ich mehr davon. Dann ist es mir fast egal, das wir in diesem Jahr nichts mehr reißen werden. Dann freue ich mich einfach jetzt schon auf die kommenden Spiele und Spielzeiten. Abso-fucking-lutely!
Die mediale Aufarbeitung des Spiels übernimmt diesmal DerWesten.de
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Bildquelle: Darz Mol @ wikipedia
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9 Kommentare zu “Ein Sahnetag, abso-fucking-lutely!”
Ich bin vollkommen deiner Meinung. Wenn das jetzt so weiter geht, dann ist der Plan von Herrn Magath aber voll aufgegangen. Ich hoffe dies und bin auf die nächsten Spiele gespannt!
Netter Post.
Jahaa, schon die zweite Halbzeit letzte Woche ließ mich wieder ein wenig hoffen. Aber gestern war einfach unbeschreiblich. Klar Bremen war schwach, ganz klar. Aber Rauls Tor … da muß … oder kann man gar nichts mehr zu schreiben. Ich freue jedenfalls schon auf das nächste Spiel.
Ich möchte die Feierlaune gar nicht trüben und schau mir das Spiel selbst gleich zum dritten Mal auf S04 TV an, aber Bremen hatte gestern einfach gar keine Mittel. Ich habe selten eine derart verunsicherte Mannschaft gesehen. Klar, das war auch ein Verdienst der Königsblauen, also feiern wir das Fest ruhig, wie es uns in die Arena gefallen ist – und hoffen, dass uns die gute Laune nicht am Mittwoch auf die Füße fällt. Ein weiteres Erfolgserlebnis käme jetzt nämlich so richtig gut. Das hilft, um die Defizite – die gerade auf den Außenverteidigerpositionen vorhanden sind – auszugleichen. Dass wir einen Sturm haben, um den uns nur ganz wenige nicht beneiden dürften, steht außer Frage.
Hi, bin über die 11 freunde-Blogschau hierher gespült worden und dachte zuerst: Was ist das denn für ein Jubeldepp. Muss aber sagen, dass die deinen Blogpost durch Zitatschnipsel total falsch rübergebracht haben: http://www.11freunde.de/bundesligen/134297 Hast du ein Problem mit denen oder warum machen die das?
So schlecht Bremen am Samstag war… Der Wiese, dieser „Rosa-Wiese“ hat dann doch noch mal meinen Respekt verdient! Meine Herren, was der rausgeholt hat!!! Seis drum, war ne tolle Fete am Samstag. Mit dem „schönsten Tor“ in der Arena bin ich zwar nicht so ganz bei dir (denk da nur an Hamit´s Knaller gegen Milan) aber ein Tor zum Zungeschnalzen war es allemal. Mal schauen wie es jetzt weitergeht. Aufm Betze müssten wir eigentlich auch im stande sein etwas reißen zu können und Gegen die Bayern zu Hause… Ruhe bewahren und: „Sag niemals nie“ Abso-fucking-lutely!
@Bingel: Nö, ich habe kein Problem mit denen. Ich freue mich sogar, wenn ich ab und an in der 11Freunde-Blogschau erwähnt werde. Ich gebe dir allerdings recht: Diesmal haben sie wirklich etwas sinnentstellend zusammengefasst und zitiert. Das ist aber kein Drama für mich, zumal mein Artikel ja auch bewusst etwas euphorischer als sonst geschrieben war.
@blutgraetsche: Jeder hat seinen eigenen „Torgeschmack“. Für mich war es das schönste Tor, weil es a) überlegt b) so gewollt c) perfekt ausgeführt und d) kein Zufall war. Bei allen anderen schönen Toren in den letzten Jahren – z.B. auch bei Kuranyis Seitfallzieher-Bude gegen den BVB – war immer einer dieser Punkte zumindest teilweise anzuzweifeln. Was aber nicht heißt, dass das nicht auch schöne Tore waren. Nur nicht so schön wie das 4:0 am Samstag 😉
Als Bremer gönne ich euch Schalkern den Sieg, ist nicht ironisch gemeint, aber eine echte Bewährungsprobe ist Werder Bremen momentan natürlich nicht. In den letzten beiden Spielen haben sie weit schlechter gespielt als Schalke bisher in dieser Saison, dies will schon etwas heißen.
Das Spiel hätte auch locker 8:0 ausgehen können.
Ob Schalke wirklich die Wende geschafft hat, werden wohl erst die nächsten beiden Spiele zeigen. Von der Qualität des Kaders her müßte Schalke ja ohnehin viel weiter oben stehen.
Auch gegen die Lyonaise wieder so ein irres Fest in Halbzeit 1.
„Dirk Jan Klaas Huntelaar“ 😉
Ansonsten bin ich ganz nah bei Dir bzgl. Deiner Einschätzung! Und das Spiel gestern zeigt auch, dass wir wirklich den Umschwung zum besseren geschafft haben könnten…