0:2 – aber trotziger Stolz auf das Geleistete
Am Ende war es nicht nur verdient, es war ein hochverdienter Sieg für Manchester United. 15 Minuten lang war Schalke ein ebenbürtiger Gegner. Weitere 45 Minuten gelang es, das eigene Tor mit viel Glück und noch mehr Neuer sauber zu halten. Dann brach der Damm und Giggs durfte nach einem von unzähligen Steilpässen, die der Arena vorher schon den Atem raubten, frei vor Neuer einschieben. Zwei Minuten später gelang Rooney dasselbe nach fast identischem Spielzug und das Ding war durch. Wie gesagt hochverdient – schade ist es dennoch. Das 0:2 vor heimischem Publikum, das nach dem Doppelschlag mindestens genau so geschockt war wie die Mannschaft, lässt keine Hoffnungen mehr zu. In einer Woche geht es in Old Trafford nur noch darum, sich anständig aus der bislang erfolgreichsten Champions-League-Saison der Vereinsgeschichte zu verabschieden. Es wird ein mindestens einjähriger Abschied aus der Königsklasse sein. Wenn nicht sogar ein viel, viel längerer. Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Schade!
Schalke scheiterte gestern nicht an irgendeinem Gegner. Manchester United war individuell und taktisch immer eine Klasse besser als der S04. Das war zu erwarten. Leider konnte Schalke dieses Manko nicht durch Einsatz und Leidenschaft wettmachen, weil Manchester ebenso viel Engagement in die Waagschale warf. Eine Viertelstunde lang sah es noch ganz gut aus. Da wurde im Mittelfeld Pressing gespielt und über die Flügel Gefahr angedeutet. Doch dann verließ sie der Mut. Spätestens ab der 20. Minute hatte man den Eindruck, die Spieler bekämen Angst vor der eigenen Courage. Das subjektive Gefühl der Angst und die objektive, immer stärker zutage tretende qualitative Unterlegenheit auf nahezu allen Positionen waren Gift für das Spiel der Gastgeber.
Alexander Baumjohann steht sinnbildlich für den Zerfall des Schalker Esprits nach guter Anfangsphase. War er zunächst noch der Motor im Mittelfeld – stets aggressiv, ballorientiert und gallig – verschwand er im Verlauf der ersten Halbzeit immer mehr in der Versenkung. Jurado und Uchida waren zu sehr mit Defensivaufgaben beschäftigt, um den Kreativ-Spielmacher zu unterstützen, Raúl wurde überdies perfekt von Manchesters Verteidigung aus dem Spiel genommen. Und von Farfán kam zu wenig. Es blieb nur noch die Karte „Leidenschaft“, die Schalke lange Zeit ausspielte und sich so im Spiel hielt. Bis zur 67. Minute und dem Dammbruch durch Ryan Giggs…
In den zurückliegenden Champions-League-Spielen war es Schalke fast immer gelungen, mitten in die stärkste Phase des Gegners einen bleibenden Akzent zu setzen. Diesmal siegte die fußballerische Gerechtigkeit: Manchester schoss die Tore eben weil es besser war. Schalke blieb ohne Torerfolg, weil man letztendlich zu wenig dafür tat. Das alles bitte ich keinesfalls als Schmähkritik zu verstehen. Es ist eine nüchterne, wenngleich auch sehr schmerzende, Feststellung. Schmerzend jedoch nur deshalb, weil die Fallhöhe von „Himmelhoch jauchzend“ zurück auf „den harten Boden der Realität“ immens ist.
Auch oder gerade weil das Abenteuer Champions-League in der kommenden Woche mit einem Betriebsausflug beendet wird, – alles andere zu hoffen bedeutete, die heutige Realität nicht gesehen zu haben – so wird doch jedes einzelne Spiel in meinem blau-weißen Herzen einen Ehrenplatz einnehmen. Vielleicht sollte man die heutige Mannschaft nicht mit den Eurofightern von 1997 vergleichen, jedoch hat das Team dem FC Schalke eine echte Perspektive gegeben. Spieler wie Matip, Papadopoulos, Uchida, Escudero und Draxler – allesamt nicht als fertige Stars zu Schalke gekommen – bereiten mir Freude, weil ich erahnen kann, welches Potenzial noch in ihnen schlummert. Der Erfolg dieses Jahres wird sich im nächsten Jahr nicht wiederholen lassen. Doch die Erinnerung an eine geile Champagnerliga-Spielzeit wird hoffentlich über so manche Trostlosigkeit in der bevorstehenden Brot-und-Butter-Saison hinwegtrösten. Tröstlich ist auch das Wissen, dass Brot und Butter satt machen. Champagner hingegen macht nur säuselig.
Mehr zum Spiel schreibt der „kicker“. In der „Westfälischen Rundschau“ fasst Manfred Hendriock die Partie kompetent, fair und dennoch mit der gebotenen Schonungslosigkeit zusammen.
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11 Kommentare zu “0:2 – aber trotziger Stolz auf das Geleistete”
Ich war ehrlich gesagt schon ein bisschen enttäuscht darüber, wie mutlos der S04 agiert hat. Da wird vorher gebetsmühlenartig wiederholt, man habe nichts zu verlieren etc. und dann sowas. Auch in den „guten“ ersten 15 Minuten hatte ManU schon 3 gute Chancen, Schalke keine. Die Schalker Spieler standen allesamt zu weit vom Mann entfernt. Aggressives Angehen des ballführenden Spielers fand nicht statt. Schwächster Mann war klar Sarpei, der (wie auch schon in den Spielen zuvor und auch gegen Inter) seinem Gegenspieler stets 3 Schritte Platz lässt und in dieser Entfernung der Dinge harrt, die da kommen. Nach 3 eher mauen Spielen mit 2 Niederlagen hoffe ich, dass wir am Samstag gegen die Bazis topmotiviert auftreten und Hannover gehörig Schützenhilfe leisten werden! Glück auf!
Das ist der richtige Ansatz. Denn dass diese Jungspunde ohne Bartwuchs und Erfahrung gegen taktisch abgezockte UND technisch starke UND fussballerisch veredelte Spieler, wie sie Manu hat, keine Chance haben, ist einfach allzu verständlich.
Deine Analyse ist mal wieder exzellent und genauso wie ich es im Stadion gestern empfunden habe. Dem ist nichts hinzuzufügen. So wird der nächste Mittwoch (leider) dann doch eher ein entspannter Grillabend mit Fußball und für den 28. Mai kann ich mir was anderes vornehmen.
Eine Sache ist mir aber gestern noch sehr positiv aufgefallen. Als die Schalker Spieler während ihrer Ehrenrunde nach Spielende Richtung Südkurve liefen, bekamen unsere Spieler standing Ovations von den englischen Fans (oder war es eher MN, der diese bekam ;-)). Irgendwie schon eine große Geste und zeigt auch den Respekt, den wir uns dieses Jahr in Europa verdient haben.
Hi, ich will mal was schreiben als ein Manchester Fan (Ich bin auch kein Deutcher, also verzeiht die Fehler). Ok, Gestern war das ein total Spiel von United, und kein gutes Spiel von S04 (ausser Neuer), aber immer noch „a big respect for Your TEAM“. Wir haben uns echt viele Gedanken gemacht ueber das Spiel in Gelsenkirchen. Vor dem Spiel wurden wir 2-0 mit offenen Haenden nehmen! Ohne zu meackern! Die „standing Ovations“ waren fuer das ganze Team (mein Bruder war da), und natuerlich fuer Neuer, Man of the match! Trotz den 2 treffern. Ein Baobab-goalkeeper! Ich dachte schon wir werden das nicht schaffen. Mein bruder sagte, die reaktion in den MU sektor, war eher „WHAT the F*** is he doing. AMAZING“, statt „what a lame strike“. Also noch einmal BIG respect, ihr sollt stolz sein fuer S04. Und jetzt drueckt eure Daumen fuer United! 🙂
Matthias, Du hast den Ton mal wieder genau getroffen – und offensichtlich die meisetn Fans im Stadio auch!
Danke an typo für die Einschätzung. Das liest man gerne als Schalker. Thanks for your warm words!
@typo Big up for your comment! I’ll keep my fingers crossed for United, but not before next week’s game’s over!
Btw, United don’t need to complain about about the 2-0! After all they scored two times against the world’s best keeper… Sir Alex should get into bidding for Neuer instantly!
Vielleicht hat unser Manu bei dem Spiel gesehen, welche Möglichkeiten sich bei United bieten, anstatt bei den Bauern 🙂
Ein großes Lob an den Torwart Neuer. Ich glaube wenn dieser nicht
gewesen wäre hätte die Niederlage leicht 2-stellig werden können.
Jetzt bitte auch nicht übertreiben mit der Heldenverehrung. Neuer hat gestern insbesondere in der ersten Halbzeit sensationell gehalten. Zu behaupten, dass jeder Ball, der auf sein Gehäuse kam, bei einem anderen Torhüter zu einem Tor geführt und ein Ergebnis größer/gleich 0:10 bewirkt hätte, ist jedoch abwegig. Neuer zeichnet aus, dass er von 10 Großchancen vielleicht 8 vereitelt. Andere Bundesliga-Torhüter schaffen da eventuell nur 5 von 10. Aber selbst beim Keeper von Frischauf Kleckersdorf ist nicht jeder Ball drin.
Genau, Matthias! Aber Frischauf hat gestern nicht gespielt. Jeden gewonnen Ball sofort verschenkt und damit die Abwehr ins Swimming gebracht. Und dann kann the man, der auch mit the hands an the ball darf, zur überragenden Person des Matches werden. Und alle haben es gesehen. Noch mehr Pulver verdienen, next Woche abwarten (evtl. sind die Briten wegen der gewissen Hochzeit noch in Trance), in between den Bayern den Champagner aus dem ice hauen und dann mal sehen. Mir macht es weiterhin fun.
Am liebsten würde ich noch über die Bayern einen Kommentar schreiben, wegen Grinsi, Schweinekopp und Duracell. Aber das machte ja schon Dein letzter Satz im Post: Champagner hingegen macht säuselig. Dem schließe ich mich an und verbleibe facefully…
…G. A.!
@superclive
Ja, die United-Fans waren -auch schon während des Spiels- großartig und höchst sympathisch.