Das Lächeln ist zurück auf Schalke
Als Wolfsburgs Sascha Riether am Samstag nach dem Spiel in der Mixed-Zone der Veltins-Arena einem Zeitungsjournalisten in den Block diktierte, dass der VfL unglücklich verloren habe, weil er das Spiel kontrolliert hatte und durchweg das bessere Team war, musste ich schon arg an mich halten, um ihm nicht die Frage „Hömma‘, welches Spiel hast du denn gesehen?“ zu stellen. Ich habe es nicht getan – man hat ja Kinderstube. Nein, es war sicherlich kein Spitzenspiel auf höchstem Niveau, in dem sich die Chancen die Klinke in die Hand gaben, aber es war ein verdienter Schalker Arbeitssieg. Verdient allein schon deshalb, weil der S04 die Mannschaft war, die zur Spielkultur beitrug, wohingegen Wolfsburg einzig und allein zur Verhinderung angereist war. Vor allem aber war es ein Sieg, der auch die letzten Restzweifel in die Bundesliga-Saison hinweggefegt hat. Denn mit nun 11 Punkten Vorsprung auf den Relegationsrang müsste bei noch 15 zu vergebenen Zählern schon die Hölle zufrieren, damit für Schalke noch etwas anbrennt. Auf Schalke darf endlich auch in der Bundesliga wieder gelächelt werden.
Kennst du noch den Duracell-Hasen, der auch dann noch mir seiner Trommel herumlärmte, als alle Konkurrenten längst schlappgemacht hatten? Genau so kam mir gestern Jefferson Farfán vor! Dass er vor dem Duell gegen die neue Mannschaft von Magath große Ankündigungen machen wird, war absehbar. Dass er diese Ankündigungen jedoch auch mit einer tadellosen Leistung unterstrich, war schön anzusehen. Farfán war insbesondere in der ersten Halbzeit – die spielerisch für Schalke nicht gut lief – wirklich überall. Er rackerte, er kämpfte, er machte Meter, bekam es auf die Knochen und stand immer wieder auf. In der zweiten Halbzeit agierte er weniger auffällig, was vor allem daran lag, weil nun auch die Mitspieler gefälliger agierten. Farfáns Alleinstellungsmerkmal der ersten 45 Minuten war dahin, was nicht bedeutet, dass er in seiner Leistung abfiel. Ganz im Gegenteil liefen auch im zweiten Durchgang fast alle Angriffe über den Peruaner.
Wer weiß, wie sich das Spiel entwickelt hätte, wenn Farfáns Abseitstor nach zwei Minuten Anerkennung erfahren hätte? Vielleicht wäre es ja wirklich ein offener Schlagabtausch geworden. So aber konnte die defensive Grundausrichtung, mit der Felix Magath seine Wolfsburger in die Partie geschickt hatte, ihre volle Hässlichkeit entfalten. Minutenlang schoben sich beide Teams in einem toten Spiel den Ball in den eigenen Abwehrreihen hin und her, um mit dem einen langen Pass die Lücke in der gegnerischen Abwehrreihe zu suchen. Der VfL war dabei für Schalke letztendlich leicht auszurechnen: Steilpass Diego, Sprint Grafite – schön war das nicht. Wirklich gefährlich jedoch auch nicht, weil der bullige Stürmer gestern eine Dauerkarte im Abseits gezogen hatte.
Ralf Rangnick hätte die Partie weiterlaufen lassen und sich mit einem torlosen Remis zufriedengeben können. Vier Tage nach und vier Tage vor Mailand hätte jeder dafür Verständnis gehabt. Doch Rangnick reagierte und schickte mit Alexander Baumjohann in der zweiten Halbzeit den offensiven Impuls ins Spiel, der Schalke in der ersten Halbzeit noch gefehlt hatte. Schalke ließ Wolfsburg nun nicht mehr in der eigenen Hälfte frei agieren, sondern ging eher auf den Ball. Zwar öffneten sich so auch die Räume für Wolfsburger Konter, doch die Innenverteidigung Höwedes/Matip sowie die beiden Außenverteidiger Sarpei und Uchida blieben auf der Hut und konnten sich auf Jurado und Papadopoulos verlassen, die im defensiven Mittelfeld vieles abräumten, was gefährlich hätte werden können.
Schalke erarbeitete sich ein Ãœbergewicht und schaffte es nun häufiger, in Strafraumnähe zum Abschluss zu kommen. Die Dreifachchance nach einer guten Stunde, als zunächst die Schüsse von Jurado und Baumjohann geblockt wurden und der Ball nach dem dritten Versuch, wieder abgefälscht, an der Latte landete, markierte endgültig den Weckruf für die Königsblauen. Plötzlich wurde auch dem Publikum bewusst, dass da noch etwas geht. Das 1:0 durch Jurado nach 76 Minuten – Farfán hatte klug auf den Mitspieler abgelegt – war eine logische Konsequenz des nun stärker werdenden Schalker Drucks.
Wer mehr als 75 Minuten lang ausschließlich defensiv denkt und agiert, dem fällt es schwer, wieder in eine Partie zurückzufinden. Wolfsburg gelang es gestern nicht und deshalb war es für Schalke letztendlich leicht, die Führung über die Zeit zu bringen. Der Rest war gelöster Jubel – auf dem Feld und auf den Rängen. Als Benedikt Höwedes nach dem Spiel die Nordkurve erklomm und den Capo mimte, war auch dem Letzten klar, dass Schalke das Kapitel Magath ebenso zugeschlagen hat, wie das Kapitel Abstiegskampf. Beides nehme ich erleichtert zur Kenntnis. Ab jetzt schauen wir nach vorne und freuen uns auf das, was die Mannschaft in dieser Saison noch anbieten wird.
Mehr zum Spiel schreibt der „kicker“.
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2 Kommentare zu “Das Lächeln ist zurück auf Schalke”
Bin einfach nur froh, dass nach unten nun viel Luft ist und somit der Druck in der BL abfällt, wer weiß was noch geht, wenn andere Mannschaften „hinten raus“ die Puste ausgeht.
Nach langer, langer Zeit war es für einen Schalkefan mal wieder eine richtig schöne Woche!