Drei tolle Tage mit dem DFB-Pokalsieger 2011
Es war eine glatte Sache. Mit 5:0 fegte der FC Schalke 04 im Pokalfinale des Jahres 2011 den hoffnungslos unterlegenen Gegner aus Duisburg vom Platz und ließ keinen Zweifel daran, dass man nach einer vollständig verkorksten Bundesliga-Saison „zumindest“ den Status der „Pokalmannschaft“ hochhalten möchte. Nur 18 Minuten lang war es am Samstag eine offene Partie, dann zeigte Julian Draxler viel Herz und noch mehr Verstand und verlud mit einem kleinen Geniestreich die Abwehr der Zebras inklusive Torhüter Yelldell. Das 1:0 war der Türöffner zu einem einseitigen aber dennoch unterhaltsamen Pokalabend. Die Sensation blieb aus; Huntelaar mit zwei Treffern sowie Höwedes und Jurado dokumentierten die Schalker Überlegenheit schließlich auf der Anzeigentafel. In der zweiten Halbzeit hätte Schalke gegen die spätestens nach dem 3:0 völlig demotivierten Duisburger leicht noch eine Handvoll Tore nachlegen können, doch die Mannschaft zeigte Größe und beließ es bei der Einstellung des höchsten Endspielsieges in der Geschichte des Pokalwettbewerbes. Aus der Perspektive des deutlichen Siegers ist es leicht Komplimente zu verteilen, doch das folgende hätte ich auch gebracht, wenn Schalke verloren hätte: Die MSV-Fans präsentierten sich vor, während und nach dem Spiel als großartiges Publikum. Trotzig, wenngleich irgendwie auch ein bisschen hilflos, nutzen sie die letzten 20 Minuten der Partie, um lautstark auf sich aufmerksam zu machen. Dass es rund um das Stadion und in der Stadt – so zumindest meine Beobachtung – zu keinerlei Aggressionen zwischen den Fangruppen kam, war allerdings auch dieser besonderen Atmosphäre geschuldet, die so ein Finalwochenende auszeichnet. Und weil über das Spiel eigentlich schon alles gesagt wurde, soll es jetzt um das Drumherum gehen. Es folgen meine ganz persönlichen Eindrücke des vergangenen Wochenendes, garniert mit mehr als 50 Bildern. Alle Fotos liegen bei Flickr und lassen sich deshalb mit ein paar Mausklicks in hoher Auflösung betrachten.
Los ging es für unsere Reisegruppe bestehend aus 28 Mitgliedern des Schalke Fanclubs Münster und einigen weiteren Mitfahrern aus Hamm und Recklinghausen am frühen Freitagnachmittag. Das Unternehmen „LippeBus“ hatte für uns ein sensationelles Arrangement geschnürt, das uns für zwei Nächte nach Zeuthen bei Berlin in ein gediegenes 4-Sterne-Hotel führte. Gegen 21.30 Uhr wollten wir dort eintreffen.
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Doch schon schnell wurde klar: Die Fahrt wird länger dauern als gedacht. Nach zwei Autobahnkilometern der erste Stau. Die ersten 60 Minuten der Fahrt vergingen deshalb nicht wie im Flug, sondern eher wie im Schritttempo.
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Die erste große Rast noch weit vor Wolfsburg. Komischerweise landen wir auf Auswärtsfahrten in den Nordosten immer wieder an ausgerechnet dieser Raststätte mit dem Deppenapostroph.
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Offensichtlich können die Wolfsburger über sich selbst lachen…
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Und schon wieder zäh fließender Verkehr. Eine kleine Duisburger Reisegruppe im Miet-Transporter nutze die Gelegenheit, um uns zunächst ihre Fanmaterialien und schließlich ihre nackten Hintern zu präsentieren. Leider war ich beim Anblick der blanken Backen nicht schnell genug mit der Kamera.
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Die letzte Pause, ca. eine Stunde vor Zeuthen: Als kleine Überraschung erhielt jeder Mitfahrer einen Pokalfinale-Schal des Busunternehmens. Nette Idee! Gegen Mitternacht erreichten wir endlich das Hotel und okkupierten die Bar, die eigens für uns ihre Sperrstunde von 1 Uhr auf 3 Uhr verschob.
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Zeitsprung. Nach einer kurzen Nacht entschädigten die Sonnenterrasse des Seehotels Zeuthen und ein wirklich sensationelles Frühstücksbuffet für die Strapazen der zehnstündigen Anreise. Danach ging es mit dem Bus in das Berliner Zentrum.
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Bei den Pokalfinals der Jahre 2001, 2002 und 2005 hatte ich die Erfahrung gemacht, dass man in Berlin immer noch irgendwie ein Ticket ergattern kann. Diesmal schien die Lage auf dem Schwarzmarkt etwas angespannter gewesen zu sein. So viele „Suche-Tickets-Schilder“ und –Shirts habe ich noch nie gesehen. Ob diese beiden es bis ins Stadion geschafft haben, entzieht sich meiner Kenntnis.
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Schon am frühen Mittag war rund um die Gedächtniskirche alles fest in Schalke Hand. Je länger der Tag dauerte, desto voller wurde es. Am Ende war es eindeutig schon zu voll.
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Auch in der klimatisierten Einkaufspassage direkt neben der Gedächtniskirche bot sich dasselbe Bild.
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Schattige Sitzgelegenheiten waren rar. Wir hatten Glück und „erbten“ die Tische eines Schnellrestaurants von Berlin-Touristen, die angesichts der Fan-Invasion das Weite suchten.
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Am frühen Nachmittag kam es zu einem spontanen Treffen der in Berliner Fraktion von @FinaleS04. Obwohl es in unglaublichen Trubel an der Gedächtniskirche bestenfalls zu einem kleinen Small-Talk reichte, war es doch ein spaßiger Moment, als wir Twitterer plötzlich alle auf einen Fleck versammelt waren. Mein persönliches Fazit zu unserem Experiment werde ich übrigens in den nächsten Tagen noch veröffentlichen.
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Der letzte Großkampftag der Saison auch für die Devotionalienhändler: Die fliegenden Händler mit ihren nicht-lizenzierten Schals erfreuten uns übrigens mit einer umfangreichen „Einmal Gelsenkirchener, immer Gelsenkirchener“-Kollektion. Und die Schalpreise stiegen schnell von 5 auf 8 und schließlich auf mehr als 10 Euro. Ähnlich dramatisch entwickelte sich die Inflation an der Bierbörse. Gab es anfänglich die 0,5-Liter-Dose No-Name-Gerstensaft noch für 1,50 Euro, riefen die Kioske in der Umgebung am Ende des Nachmittages auch gerne mehr als 3 Euro für ihre lauwarme Plörre aus.
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Auf dieses Treffen habe ich mich ganz besonders gefreut, und dann konnte ich es nicht einmal richtig zelebrieren: Yumiko war extra für das Pokalfinale aus Tokio angereist und nach stundenlangen Versuchen hatten wir es sogar geschafft, uns zusammen zu telefonieren. Doch in der Hektik des Tages war an ein echtes Gespräch nicht zu denken. Ich hoffe, wir können das irgendwann einmal in entspannterer Atmosphäre nachholen.
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Die meisten Besucher des Gedächtniskirchen-Vorplatzes mussten nicht extra ins Röhrchen pusten, um zu erfahren, dass das Bier in der prallen Sonne seine Wirkung entfaltet hatte. Aber jeder macht sein Geschäft da, wo er es kann – auch die Promille-Patroullie.
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Noch ein nettes spontanes Treffen: Anne, seit Beginn der Saison ein kleiner Medienstar dank zahlreicher Sky-Einblendungen, schaute kurz bei uns vorbei.
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Und jetzt hier ein praktischer Tipp für alle, die sich ab 17.00 Uhr an der Bahnsteigkante des Bahnhofes Zoo drängten. Wenn man die U-Bahn in die Gegenrichtung nimmt, nur eine Station weit fährt und dann wieder in die richtige Richtung umsteigt, erspart man sich die quälende Warterei, das Gedränge und hat sogar die freie Sitzplatzwahl in einer dann (noch) leeren U-Bahn.
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Angekommen am Olympiastadion.
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Die Werbekarawane hatte sich auf dem Vorplatz des Stadions aufgebaut. Und manche Schalker sind sich da vor nix fies…
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Schalke-Woodstock-Stimmung auf dem Stadionvorplatz. Die Duisburger Fans hielten sich zahlenmäßig vornehm zurück.
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Zeitsprung – um kurz vor 20.00 Uhr im Olympiastadion. Die Bundeswehr-Blaskapelle spielt die Nationalhymne.
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Die nette Kurven-Choreografie der Duisburger…
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… und unglaublich geile Inszenierung der Schalker Fans.
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Fußball gespielt wurde auch noch.
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Und dann kam auch schon bald die in Teilen wirklich überinszenierte Siegerehrung, inklusive dämlicher Goldelsen, deren Sinn und Zweck sich mir nicht erschließt.
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Der Gewinner steht für den „zweiten Sieger“ Spalier – sicherlich ebenso wie das Alkoholverbot auf dem Platz und die nicht gespielte Sieger-Hymne „We are the champions“ ein Diktat aus der Political Correctness-Küche des DFB.
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Erst Konfettiregen …
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… dann Illumination …
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… und schließlich Feuerwerk auf dem Dach des Stadions. Alles recht nett anzusehen, aber nicht unbedingt mein Geschmack.
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Unsere Plätze auf der Haupttribüne waren Klasse. Aber wird mussten schon lange warten, bis die Mannschaft nach den Feierlichkeiten in der Kurve auch einmal bei uns vorbeischaute.
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Nach dem Spiel an der U-Bahn-Station des Olympiastadions. Hier ging fast eine halbe Stunde lang gar nichts mehr. Erst dann kamen die versprochenen Sonderzüge im Fünfminutentakt. Zurück am Bahnhof Zoo gönnten wir uns noch einen Snack, schlenderten noch einmal über den sich bereits wieder füllenden Platz vor der Gedächtniskirche, bestiegen dann aber den Reisebus und feierten noch ein wenig in der Hotelbar. Doch ganz ehrlich – irgendwann schmeckte das Bier nicht mehr. Ab ins Bett.
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Der Tag der Abreise. Noch einmal das tolle Frühstück und die gediegene Atmosphäre auf der Sonnenterrasse genießen, dann ging es zurück Richtung Münster.
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Die gesamte A2 war ein blau-weißes Fahnenmeer. Nur ganz selten sah man auch Duisburger Autos, die Flagge zeigten.
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Und schon wieder Stau. Zum Kotzen!
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Wenigstens konnten wir für ein paar Minuten die Live-Übertragung des Pokalsieger-Empfangs aus Gelsenkirchen sehen – dann brauch der DVB-T-Empfang im Niemandsland bei Wolfsburg ab.
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Rastplatz Hannover: ein standesgemäßes Gefährt für einen Pokalsieger. Nur der Helm der Mitfahrerin stört das Gesamtbild ein wenig.
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Gegen 19.04 Uhr erreichten wir Münster. Hier gönnte ich mir mein erstes Bier des „Tages danach“. Und soll ich was sagen? Es schmeckte sogar wieder!
Meine besonderen Grüße gehen an alle, die ich in Berlin getroffen und mit denen ich gefeiert habe. Ganz besonders möchte ich mich auch noch einmal bei meinem treuen Berliner Blog-Leser Christian bedanken, der mir bereits am Tag nach dem Halbfinale gegen Bayern drei seiner vier Finalkarten aus der DFB-Verlosung anbot – Wahnsinn! Spätestens beim nächsten Auswärtsspiel in Berlin gibt es ein Wiedersehen, versprochen!
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5 Kommentare zu “Drei tolle Tage mit dem DFB-Pokalsieger 2011”
Ein sehr schöner Bericht!
Die Siegerehrung fand ich (am TV) auch ein wenig overdosed, da es aber die Richtigen getroffen hat, sieht man über so etwas gerne hinweg. Läuft wohl unter mediengerechte Aufbereitung.
Apropo, gibt es die Pokalsaison oder auch gerne nur das Finale eigentlich auf DVD zu erwerben?
Toller Bericht, Danke! Stimme Deinen Einschätzungen wie fast immer zu ca. 90 Prozent zu. Das Beste aber ist die Frittenbude mit dem Deppen-Apostroph. Zum Brüllen. Bei der lande ich auch immer wieder, obwohl ich es mir gar nicht vornehme.
Auf die Goldelsen kann ich mir bis heute übrigens auch keinen Reim machen. Habe mir gestern auf Sky das Spiel nochmal angeschaut und muss sagen: zusätzlich zu den Kleidern waren die noch alle geschminkt wie Lady Gaga. Wahrscheinlich war der Event-Planer beim DFB auch einfach ein bißchen gaga…
Sieht aus als hätten wir fast nebeneinander gesessen ;-(
14.1 ?
Nee, so dicht saßen wir nicht beieinander, sonst hätte ich dich ja auch gesehen. 12.1 war’s bei mir.