Der verkaufte Gaul

09. Jun. 2011 | 9 Kommentare

Wem gehörst du?

Nur rund 18,6 Millionen Euro hat es den jordanische Geschäftsmann Hasan Ismaik dem Vernehmen nach gekostet, die Mehrheit an der TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA zu übernehmen. Ein absolutes Schnäppchen für einen der bekannteren Sportvereine Deutschlands. Dank der 50+1-Regel wird der TSV 1860 zwar auch weiterhin offiziell das Sagen im eigenen Haus haben. De facto ist es aber auch im Fußball so, dass derjenige, der die Musik bezahlt auch bestimmt, was gespielt wird.

10 der 18 in der vergangenen Saison in der ersten Fußball-Bundesliga vertretenen Vereine haben ihre Profiabteilungen in Kapitalgesellschaften ausgelagert und so den Weg für den Einstieg eines Investors geebnet. Nicht alle gingen dabei so radikal vor wie Borussia Dortmund, die nahezu die gesamte Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA auf den Markt warfen und heute nur noch im Besitz von 7,24 Prozent des eigenen Ladens sind. Oder so pragmatisch wie die TSG Hoffenheim, die ihren rasanten sportlichen Aufstieg mit einem Verkauf von 96 Prozent  der eigens für diesen Zweck gegründeten TSG Hoffenheim Fußball-Spielbetriebs GmbH an den Einzelinvestor Dietmar Hopp bezahlte.

Nein –  in der Regel halten die Vereine ihre Anteile hübsch beisammen. Dies gilt für den 1. FC Köln ebenso wie für Werder Bremen, Eintracht Frankfurt, Hannover 96 und Borussia Mönchengladbach. Wenn man jedoch der VfL Wolfsburg oder Bayer Leverkusen ist, überschreibt man gleich sämtliche Anteile an der Fußballabteilung dem Mutterkonzern.

Scheibchenweise geht diesbezüglich der Branchenprimus vor: Ein knappes Fünftel der FC Bayern München AG gehört  längst nicht mehr dem deutschen Rekordmeister. In mehreren Etappen hat man in den vergangenen Jahren Anteile an Audi und Adidas verkauft.

„Ja und!?“ wird jetzt der Fußballrealist sagen. „Wir haben doch 50+1 – da kann doch gar nichts passieren!“ Und damit hat der Fußball-Realist formal natürlich recht. Einen 1860-Vereinspräsidenten Hasan Ismaik wird die DFL nicht dulden. Jedoch wird es für die Wächter des deutschen Fußballs unmöglich werden zu bewerten, welche Entscheidung der Verein und welche der Investor getätigt hat. In Hoffenheim hat die DFL diesbezüglich schon längst aufgehört, genauer hinzuschauen.

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FC Bayern München FC Bayern München AG 81,80 %
TSV 1860 München TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA 40,00 %
Borussia Dortmund Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA 7,24 %
TSG Hoffenheim 1899 TSG Hoffenheim Fußball-Spielbetriebs GmbH 4,00 %
Bayer 04 Leverkusen Bayer 04 Leverkusen Fußball GmbH 0,00 %
VfL Wolfsburg VfL Wolfsburg-Fußball GmbH 0,00 %

Restanteile des Muttervereins an den Profiabteilungen.

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Das Hauptproblem sehe ich in einem anderen Punkt: Was man einmal verkauft hat, kann man nicht noch einmal verkaufen! Die Kapitalisierung der Fußball-Abteilung ist ein einmaliger Schritt. Er spült einmalig richtig Geld in die Kasse (bzw. – siehe Bayern München – immer dann, wenn man es gerade braucht), doch das war es dann auch. Danach hat ein Verein bestenfalls Ruhe mit den neuen Besitzern. Im schlimmsten Fall aber wird es existenziell.

Derartige Unkenrufe will man aktuell in München nicht hören. „Ich möchte, dass wir hier gemeinsam Erfolg haben. In drei Jahren wollen wir in der Bundesliga sein und dann dort eine gute Rolle spielen“, sagte Hasan Ismaik vorgestern und ersann einen TSV 1860, der zusammen mit dem FC Bayern und dem FC Barcelona Europas Fußball in zehn Jahren dominiert. Ziemlich mutige Worte für jemanden, der sich – angesichts der Summen, die heute im Fußball die Runde machen – für ein schmales Taschengeld in den deutschen Profifußball eingekauft hat.

Schau’n mer mal…

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9 Kommentare zu “Der verkaufte Gaul”

  1. Pitteram 9. Juni 2011 um 08:59 1

    Hübsche Idee, das mit den abgeschnittenen Wappen. Bei 1860 München hättest du alternativ „TSV 744 München“ schreiben können. 😉

  2. Matthiasam 9. Juni 2011 um 09:08 2

    Hehe, stimmt, recht hast du! Aber dann müsste es korrekterweise (und gerundet) auch „BVB 0,65 Borussia“ und „TSG 76 Hoffenheim“ heißen…

  3. blogundweiß.deam 9. Juni 2011 um 09:11 3

    Immer dann, wenn man im roten München vom gut gefüllten Festgeldkonto sprach, kam immer die Begründung, man habe gut gewirtschaftet. Wie genau der FC Bayern gewirtschaftet hat, das interessiert längst keinen mehr.
    Ein Ribery, ein Robben oder ein Toni wären nie in die Bundesliga gewechselt, wenn da nicht die Millionen der Konzerne Adidas und Audi gewesen wären, die da nun Mitspracherecht haben.
    Gut, dass wir ehrliche Schulden haben! 😀 Und Raúl!

  4. Gordenam 9. Juni 2011 um 14:08 4

    Als Schalker werde ich da nicht ins Horn der Empörung blasen. Die Konstruktion des Konzerns Schalke mit x Kapitalgesellschaften, mit etlichen Gesellschaftern trägt nicht zur Transparenz bei. Und bei wem Verein/Konzern alles Schulden hat möchte ich nur aus Neugier wissen. Ruhiger Schlafen würde ich mit dem Wissen wahrscheinlich nicht.

    PS: Vor ein paar Tagen las ich, dass die Transferrechte an Zambrano zu 30% bei Schalke liegen. 70% hält ein schweizer Investor.

  5. Matthiasam 9. Juni 2011 um 14:35 5

    Als Schalker werde ich da nicht ins Horn der Empörung blasen. Die Konstruktion des Konzerns Schalke mit x Kapitalgesellschaften, mit etlichen Gesellschaftern trägt nicht zur Transparenz bei.

    d’accord!
    Heißt das im Umkehrschluss, dass man diese Entwicklung klasse finden muss, weil unser FC Schalke selbst Dreck am Stecken hat?

  6. Gordenam 9. Juni 2011 um 15:08 6

    Nein, natürlich nicht. Aber das Bild ist etwas komplexer, als die Visualisierung der Vereinswappen zeigt. Meine Hoffnung ist, dass der mit dem sportlichen verbundene, wirtschaftliche Erfolg der letzten Saison dazu führt, unseren Verein von der ein oder anderen (möglicherweise bestehenden) Abhängigkeit zu befreien. Wann, wenn nicht jetzt.

    Ist Magath eigentlich noch Anteilseigner an der Arena?

  7. Matthiasam 9. Juni 2011 um 15:17 7

    Ist Magath eigentlich noch Anteilseigner an der Arena?

    Meines Wissens nicht. Mehr noch: Er soll sogar nie Anteile besessen haben. Der unter großem medialen Tamtam angedachte Verkauf der Assauer-Anteile an Magath soll damals nicht zustande gekommen sein. Das ist zumindest das, was mir seinerzeit aus Gelsenkirchen zugetragen wurde.

    Aber das Bild ist etwas komplexer, als die Visualisierung der Vereinswappen zeigt.

    Da antworte ich jetzt mal mit Loriot: „Ach?“

  8. Carlitoam 9. Juni 2011 um 20:27 8

    „PS: Vor ein paar Tagen las ich, dass die Transferrechte an Zambrano zu 30% bei Schalke liegen. 70% hält ein schweizer Investor.“ Was bei Spielern aus Südamerika aber auch nicht unüblich ist und auch bei anderen Branchengrößen vorkommt…

  9. Uerdingeram 12. Juni 2011 um 12:20 9

    Habe heute morgen in der Zeitung gelesen, dass der TSV 60% an der Profiabteilung an den Geldhahn verkauft hat, um mit den Regelungen des DFB klar zu kommen, wurden nur 49% der Stimmrechte abgegeben. D.h. wer zahlt, wird auch mitbestimmen wollen. In Hoffenheim ist es wohl genauso. Bei solchen Engagements von Einzelpersonen ist das Einkaufen eines Hobbys mit anderen Interessen verbunden, wie z.B. neue Geschäftskontakte oder Imagepflege.

    Der Stadiongänger und Dekorationsartikelkäufer wird weiter zum Zahlhansel deklariert.