Warum ich kein Fußballer geworden bin
Als mir meine Eltern in den frühen 1980er Jahren eröffneten, dass ich zusätzlich zu meinem großen, mich piesackenden Bruder noch ein jüngeres Exemplar dieser mitunter nervenden Gattung erhalten sollte, dachte ich nicht daran, welche Boshaftigkeiten ich ihm zuteilwerden lassen könnte, sondern daran, dass ich nun bald einen im Haus wohnenden Sportskameraden für den Fußballplatz haben werde. Das von meinen Eltern ein paar Monate später gelieferte Kleiner-Bruder-Modell entsprach jedoch so gar nicht meinen Erwartungen und erwies sich für den Bolzplatz als gänzlich ungeeignet. Darüber hinaus war er vom Umtausch ausgeschlossen. Ich erkannte, dass da noch eine Menge Wasser in die Biggetalsperre gelaufen sein wird, bis der Kote aufrecht stehen und einen Ball stoppen kann.
Also verlegte ich mich – mangels Alternativen – zunächst auf die vielen kleinen Boshaftigkeiten, die eine Geschwisterbeziehung allgemein kennzeichnen, verlor aber meinen Plan zur Schaffung eines geeigneten Trainingspartners nicht aus den Augen. Der Plan scheiterte grandios, nicht zuletzt weil sich partout keine Störung im Raum-Zeit-Kontinuum auftat und ich somit immer fast sieben Jahre älter bleiben sollte als mein kleiner Bruder. Wer weiß, was für ein großartiger Fußballer aus mir geworden wäre, hätte mein kleiner Bruder sich nur etwas mehr beim älter werden angestrengt? So jedoch blieb es bei meinem kindlichen Traum vom Zirkeltraining im elterlichen Garten mit einem ernst zu nehmenden Trainingspartner. Unter dem Strich ist dem Weltfußball mit mir sicherlich eine Lichtgestalt entgangen, aber was hilft es schon, die in der Vergangenheit verschüttete Milch zu beklagen.
Gestern feierte mein kleiner Bruder seinen 30. Geburtstag und langsam aber sicher reift in mir die Überzeugung, dass er mittlerweile doch zu einem ernsthaften Konkurrenten auf dem Bolzplatz herangewachsen sein könnte, auch wenn wir uns niemals wirklich im sportlichen Wettstreit gemessen haben. Florian, lass‘ es gut sein mit dem älter werden! Das ist zwar nett gemeint, aber jetzt ist es auch zu spät. Ich habe trotzdem im Lauf der Jahre gelernt, dich lieb zu haben, obwohl du mir meine Weltkarriere versaut hast.
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4 Kommentare zu “Warum ich kein Fußballer geworden bin”
ganz toll geschrieben
geile Gratulation…
Dann bedanke ich mich einfach mal für die lieben Worte.
Super Text und Danke von deinem „kleinem“ Bruder.
🙂
Mal ne klasse Idee einer Gratulation… 😉