Die Pointen des Supercups saßen
Dann sind wir also Supercupsieger 2011. Da kann man mit leben. Für den schmucken Pokal wird sich ein nettes Eckchen im Vereinsmuseum finden. Und allein das Elfmeterschießen war das Eintrittsgeld wert. Insbesondere aufgrund der netten Pointe, dass ausgerechnet Reizfigur Kevin Großkreutz mit seinem Entscheidungsschuss an Ralf Fährmann scheiterte. Überhaupt, der Fährmann! Einen besseren Einstand hätte selbst der abgebrühteste Reality-Soap-Autor nicht scripten können. Mit zahlreichen guten und drei unglaublichen Paraden hielt er Schalke im Spiel, um dann in der Elfmeterentscheidung gleich zwei Dortmunder Versuche zu parieren. Wie hieß doch gleich der Typ, der während Fährmanns zweijähriger Frankfurter Gesellenzeit dessen Platz im Schalker Tor warmgehalten hat?
Ja, die Pointen saßen, die Gesamtinszenierung stimmte, das TV-Publikum in 175 Ländern der Welt und auch die 60.000 Fans in der Arena sahen ein flottes, gutes, wenn auch torloses Fußballspiel zwischen den beiden nationalen Titelträgern. Und dennoch hat man als Fan, der den Königsblauen sein Herz geschenkt hat, nicht durchweg Grund zum Jubeln. Denn vieles im Spiel der Rangnick-Truppe erinnerte noch an eine Autobahn-Großbaustelle kurz nach der Einrichtung: Die Baken sind aufgestellt, die Linien feinsäuberlich gezogen, doch der Verkehr stockt und das anvisierte Ende der Maßnahme ist noch eine vage Prognose.
Der positive Eindruck gleich vorneweg: Schalke spielte konzentriert und als Mannschaft geschlossen! Das von Ralf Rangnick für diese Saison angekündigte Power-Pressing war bereits in Ansätzen zu erahnen, allerdings leider viel zu selten und vor allem viel zu kurz. Dortmund demonstrierte, wie man dieses laufintensive Spiel auch über 90 Minuten zur Entfaltung bringen kann. Zwischenzeitlich, vor allem in der zweiten Halbzeit, war ein echter Klassenunterschied erkennbar. Denn während Schalke sich ab der 50. Minute nur noch bemühte, den Laden hinten dicht zu halten und dabei weitestgehend auf spielerische Elemente im Mittelfeld verzichtete, kombinierten die Gäste munter weiter und erspielten sich ihre Möglichkeiten. Doch dann, wenn die mit Höwedes, Papadopoulos und Fuchs gut aufgestellte Abwehrreihe (Neuzugang Höger ging leider etwas unter) geschlagen war, hielt Fährmann alles fest, was auf sein Tor kam.
Mit der Defensivarbeit kann man aus Schalker Sicht zufrieden sein. Leider lief im Spiel nach vorne erschreckend wenig zusammen. Mit nur einer Spitze war S04 ins Spiel gegangen. Huntelaar, der sich als Ein-Mann-Veranstaltung gegen die gesamte Dortmunder Hintermannschaft nie durchsetzen konnte, wurde in der 68. Minute erlöst und durfte den Platz verlassen. Für ihn kam Mittelfeldspieler Jan Moravek . Ich fand diese Maßnahme merkwürdig.
Mit Raúl, Draxler, Holtby und Baumjohann hatte der Trainer ein sehr spielfreudiges Mittelfeld ins Rennen geschickt. Der Erfolg dieser mutigen Maßnahme blieb jedoch aus. Es war sicherlich (auch) der Stärke des Gegners geschuldet, dass von der zweifelsfrei vorhandenen Kreativität nicht viel zu sehen war. Und ganz bestimmt hat es auch etwas mit dem aktuellen Stand der Vorbereitung zu tun. Aber dennoch kam man nicht umhin festzustellen, dass Dortmund aktuell mindestens zwei Schritte voraus ist. Auch wenn diese Aussage vielen Schalkern nicht passt: Der BVB wird auch in der kommenden eine große Nummer in der Liga sein.
Schalke ist ein glücklicher Gewinner des Supercups. Daran gibt es nichts zu rütteln. Allerdings: Eine reine Abwehrschlacht wie noch in der Rückrunde, als Schalke sich in Dortmund ein 0:0 mit unfassbar viel Massel ermauerte, war es am Samstag nicht mehr. Die Stimmung im Team scheint ebenso wie der Einsatzwille zu stimmen und die Namen sowie die individuellen Fähigkeiten der Akteure machen Lust auf eine Saison des Fortschritts. Noch sind zwei Wochen Zeit, um an den Feinheiten zu arbeiten. Ich bin zuversichtlich, dass der Trainerstab diese Zeit und den DFB-Pokal-Abstecher in den Breisgau nutzen wird. Die Spielzeit kann kommen und so ein Titelchen im Rücken ist sicherlich nicht das schlimmste Übel, das einem Team in der Findungsphase widerfahren kann.
Mehr zum Spiel schreibt der „kicker“.
Ein paar Worte noch zur Inszenierung des Supercups: Nach der Eröffnungsfeier mit um die Wette laufenden Kindern, überdimensionalen Bannern, der persönlichen Einlauf-Begrüßung eines jeden einzelnen Spielers und der Nationalhymne, fehlte eigentlich nur noch der Priester, der den Platz einsegnet. Oder gab es den und ich habe ihn nur verpasst? Und dann – ich traue es mich ja kaum zu schreiben – noch ein kleiner Fauxpas, der mich am Samstag leicht verstörte: Das offizielle Supercup-Hintergrundbild auf der Anzeigetafel weckte nicht nur bei mir die Assoziation zu einem Symbol, das in Deutschland seit über 60 Jahren nicht mehr gezeigt werden sollte. Das könnte man bei der nächsten Auflage mal überarbeiten, oder?
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6 Kommentare zu “Die Pointen des Supercups saßen”
Eine Pointe hast du noch vergesse: ralle fährmann sing nach dem spiel mit den Fans am megafon das mittlerweile berühmt berüchtigte „HUMBA-lied“ . Weil er es darf…
ein genuß für die geschundene schalker seele…….
alle schreiben wir hätten einen neuen …… einen neuen NEUER???
einen neuen was??????? unser keeper hat einen super start erwischt und sich verdient gemacht!!! respekt.
achso …. im süden deutschland stehen weder kraft noch butt im kasten… wie heißt der schlußmann dort noch mal?
Ich glaub Judas Verräterson? Meinst doch diesen Blonden, oder? 😉
Nicht schon wieder dieser Judasvergleich… Die Referenz ist mehr als 2000 Jahre alt und ausserdem falsch weil der echte Judas seinen Fehler danach eingesehen hat. MN ist nur ein ganz normaler Fußballer, der irgendwann mal das Trikot vom S04 getragen hat. Jede weitere positive oder negative Erwähnung brauchts nicht. Ich freue mich mit unserem Fährmann, der ist doch auch ein Junge aus unserem Verein und wer sagt denn, dass die Schalker Erfolgsstory mit den Keepern nicht weitergehen soll?
Irgendwie kann ich mich mit den Vorgängerkommentaren nicht identifizieren.
Warum wird hier über den besten deutschen Torwart und Schalker Urgestein so hergezogen. Nur weil er zu diesem auch m. E. nicht gerade sympatischen Vereins im Süden gegangen ist.
Für uns Schalker müsste es eigentlich heißen:
Danke Manu, dass Du uns vor dem Abstieg mit deinen Paraden gerettet hast,
Danke Manu, dass Du uns ins Champions-Lueage-Halbfinale gebracht hast,
Danke Manu, dass Du mit uns den DFB-Pokal gewonnen hast,
Danke Manu, dass wir auch dank Dir nächstes Jahr international spielen können,
Danke Manu, dass Du früh genug gesagt hast, dass Du deinen Vertrag nicht mehr verlängern wirst, damit unser Vorstand aufgrund der maroden Finanzen mit einen Verein über diese hohe Ablösesumme für Dich verhandeln konnte,
Danke Manu, dass Du einen Verein gefunden hast, der bereit war für Dich soviel Geld auf den Tisch zu legen, damit unsere klammen Kassen die nächsten 2 Jahre überstehen können und wir nicht bereits jetzt um die Lizenz bangen müssen,
Danke Manu, für 20 Jahre bei unserem Verein.
Diese Liste lässt sich wahrscheinlich noch erheblich weiter führen.
Daher:
Alles Gute persönlich für Dich in der Zukunft. Wenn Du zu uns in unsere Arena mit deiner neuen Mannschaft zu Besuch kommst werde ich jedenfalls nicht pfeiffen, buhen oder sonst irgendeine negative Äußerung von mir geben.
Alle andern stehen wahrscheinlich demnächst in der Kurve und halten Transparente mit dem Spruch „Koan Neuer“ in deine Richtung. Das sind ja dann wohl die wahren Fans des Vereins im Gegensatz zu mir.
Ich mag die Anfeindungen („Judas“ etc.) auch nicht. Was ich ebenfalls nicht mag, ist die buckelnde Demut, die Neuer nun entgegen gebracht wird. Das hat nichts mit „wahrer Fan“, „guter Fan“, „schlechter Fan“ oder sonstwas zu tun. Aber Neuer hat ganz klar – sieht man mal von den öffentlichkeitswirksamen Tränen auf der PK ab, denen er den entlarvenden Spruch „Herr Heldt hat mir gesagt, dass der FC Bayern Interesse an mir hat“ folgen ließ – zum Ausdruck gebracht, dass er seine Zeit auf Schalke als Job verstand. Für diesen Job wurde er bezahlt. Das Geld dürfte inzwischen auf seinem Konto verbucht sein. Also weiß ich nicht, ob man ihm jetzt noch ewig dankbar sein muss. Wie gesagt: Er hat seine Leistung erbracht, wir haben seine Leistung vergütet. Damit müsste es dann aber auch mal gut sein. Auf beiden Seiten.