Wenn in nur 30 Minuten die Stimmung kippt
Um 16.15 Uhr waren am Samstag die nervenden Stimmen im Block wieder da. Von „Der kann nichts!“ über „Wollen die denn den Ball ins Tor tragen?“ bis hin zum unvermeidlichen „Die spielen doch gegen den Trainer!“ war die gesamte Palette des königsblauen Genöhles zu hören. Eine halbe Stunde später herrschte an gleicher Stelle ausgelassener Jubel. Plötzlich wurde das sichere Kurzpassspiel bewundert und die Aktivität des Klaas-Jan Huntelaar gewürdigt. 30 Minuten, von denen 15 sogar die Halbzeitpause waren, reichten aus, um auf Schalke aus „Alles scheiße!“ ein „Alles super!“ zu machen. Genau aufgrund dieser irrationalen Stimmungswechsel muss man den Fußball lieben.
Dabei war in den ersten 40 Minuten der Partie gegen Köln gar nicht alles so scheiße, wie es den Anschein hatte. Schalke versuchte vom Start weg den Ball und den Gegner zu kontrollieren und schaffte es bis auf eine Szene auch ganz ordentlich. Doch genau diese eine Szene, in der Metzelder verletzt behandelt wurde und Christian Fuchs das dadurch entstandene Loch in der Innenverteidigung nicht nur nicht stopfte, sondern durch einen dummen Ballverlust noch vergrößerte, sorgte für das Kölner 1:0 durch Podolski.
Danach wirkte vieles von dem, was Schalke anstellte, gehemmt und zu umständlich. Köln zog sich zurück, verteidigte mit 11 Mann am und im eigenen Strafraum und hätte mit dieser Taktik sogar zum Erfolg kommen können, wenn es kurz vor der Pause nicht den für Schalke erlösenden Elfmeterpfiff gegeben hätte. Huntelaars trocken verwandelter Strafstoß löste die Blockade. Zurück aus den Kabinen spielte Schalke endlich befreit auf und drehte das Spiel mit zwei schnellen Toren durch Huntelaar und Holtby endgültig. Kölns Defensivriegel war geknackt, die Domstädter gaben sich auf, zwangsläufig ergaben sich für Schalke Räume – vor allem auf den in der ersten Halbzeit noch komplett abgemeldeten Flügeln. Es hätten durchaus noch mehr Tore fallen können – sicherlich sogar müssen – als die Zauberbude von Raúl und der Schlusspunkt durch Huntelaar. Aber auch so war’s letztendlich gut.
Schalke wird sich daran gewöhnen müssen, dass man im weiteren Verlauf der Saison auf viele Teams treffen wird, die es gegen die Königsblauen defensiv angehen wollen. Nicht immer wird dann ein Elfmeter als Frustlöser herhalten können. Die Mannschaft wird lernen, mit diesen Situationen umzugehen. Dass sie nach einer Führung fein anzuschauenden Hurra-Fußball spielen kann, hat sie am Samstag bewiesen. Wenn jetzt noch das Spiel bis zur eigenen Führung konsequenter wird, mache ich mir über die weitere Entwicklung des Teams keine Sorgen. Aber Sorgen habe ich mir auch in der letzten Woche, nach dem 0:3 in Stuttgart, nicht gemacht. Dass der Kader Qualität besitzt, ist unbestritten. Schön, dass man diese Qualität nun auch mal sehen konnte.
Mehr zum Spiel schreibt der kicker.
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9 Kommentare zu “Wenn in nur 30 Minuten die Stimmung kippt”
Treffende Analyse, Matthias. Die Defensive macht mir noch zu viele Fehler. Die Personalie Matip (statt Kluge) erschließt sich mir noch nicht, aber ich war auch bei Höger anfangs skeptisch. Die Offensive hat mit Jeff in Kürze noch mehr Qualität verfügbar. Ich bin guter Dinge, auch national! 🙂
Huch, hier wird der kicker verlinkt. Schnell weg!
Ich gehörte auch zu denen, die genöhlt haben.
Das Kölner Tor war unserer eigenen Dummheit zu zurechnen,
kann aber halt immer mal passieren – menschlich halt.
Ballkontrolle ja sicher wichtig, aber kann doch nicht alles sein?
Wir haben immer schön bis an den Strafraum der Gäste ran-
gespielt und dann kam die (halb) hohe Flanke ins Glück?!
Kaum mal der Versuch eines Doppelpasses, um auch mal mit
dem Ball am Fuß in den Kölner Strafraum zu kommen?!
Das hat mir gefehlt.
In Summe wurde mir in der 1. Hälfte zuviel „hoch“ gespielt,
auch wenn mich die 2. Hälfte Tore technisch Lügen straft.
Wir haben doch genau die Spieler die auch mit dem Ball am
Fuß schnell in den Strafraum eindringen können.
Das Ergebnis sollte uns nicht blenden, gegen eine gute IV
macht Huntelaar keine 2 Kopfballtore.
Also flach spielen – hoch gewinnen 🙂
Vielen Dank mal wieder Matthais für die sachliche Analyse. Genauso war´s, zumindest für mich vorm TV. Im Stadion wirkt´s dann manchmal schon anders. Aber wer nicht ganz blind ist, konnte schon in der ersten Hälfte sehen, das die Spielanlage eigentluich ganz gut ist…
Matip für Kluge verstehe ich auch nicht, aber sonst passt´s!
Bleibt als Ärgernis nur noch, dass man so viel über den Handelfmeter diskutierte, wobei sich einige nicht zu schade waren, hier von einer fehlentscheidung zu sprechen. Die war´s defintiv nicht, im ASS kam man zur Einschätzung „klarer Elfmeter“ – und wenn ich sehe wie früh McKenna die Arme oben hat und nur dadurch den Ball abwehren kann, kann mich diesem Urteil eher anschließen. Nicht nur weil ich Schalkfan bin…
Matip tat mir schon letzte Saison leid, als seine Qualitäten nicht gewürdigt wurden und nur auf seinen Fehlpässen rumgetrammpelt wurde. Matip verfügt über eine sehr gute Übersicht beim Umschalten, sprich nach Balleroberung.
Nicht nur ist er es oft, der den entscheidenen Zweikampf mit seiner storchigen Beinen gewinnt, sondern der darauf folgende schnelle erste Pass ist das, was ihn von anderen unterscheidet.
Kluge dagegen ist mehr der old school 6er, der erstmal selber ein paar Meter mit dem Ball läuft oder diesen sichert. Auch nicht das verkehrteste, aber Rangnick will halt „moderneren“ Fußball spielen und dafür ist Joel mMn besser geeignet.
Bevor mich jemand auslacht,
war nur ein Kopfballtor, ich weiß.
Ich würde diesem Team noch einen Top 6er gönnen, denn an diesen Spielern bleibt bei unserer Taktik die Spieleröffnung hängen. Hier hapert es besonders. Matip mag in der Balleroberung und im Stellungsspiel seine Vorzüge haben, im schnellen und variablen Aufbauspiel gibt es aber große Mängel. Die sind bei Jones auch vorhanden, Kluge hat sie im letzten Jahr teilweise gezeigt. Warte also auf Capoue…
Auch an dieser Stelle, ich weiß nicht wer in der Arena war und wer nicht, aber Matip hat Ruhe und Sicherheit ausgestrahlt und macht halt koi Ferz mit dem Ball, wie man bei uns sagt. Na und?! Nächste Anspielstation und weiter geht’s. Unspektakulär und wegen seiner Körperlänge und den langen Hölzern nicht immer die Eleganz, aber schwer per Kopf und auch im Dribbling zu umspielen, denn denkt man, man ist vorbei, kommen da noch die langen Hölzer nach. Aber auch Moravek und Höger bekommen leider kaum Anerkennung durch unsere eigenen Fans. Da hört man eher, versteh nicht warum Utchida nicht spielt
Meine Kritik an Huntelaar nehm ich auch erst Mal zurück, er hat genau all das gemacht, was ich sagte, dass er das nicht macht und auch nicht kann. Ich hoffe, ich habe auch zukünftig nicht Recht.
Gegen Meenz wird man sehen, wie der Leistungsstand aller Spieler ist. 10-15 Minuten gibt’s erst mal Dauerpower von den „Nullfümfern“. Wenn Noveski und Svensson IV spielen, wird’s mit Kopfballchancen eher gering werden. Vieles hängt davon ab, was für einen Tag Soto erwischt und ob wir deren schnelles Passspiel unterbinden können.
„Dass sie nach einer Führung fein anzuschauenden Hurra-Fußball spielen kann, hat sie am Samstag bewiesen. “
Schön fand ich vor allem auch, dass auch trotz klarer Führung weiter auf das nächste Tor gespielt wurde. Das ist mir in der Vergangenheit meistens abgegangen. Die jungen, hungrigen Burschen scheinen dem Team immer mehr gut zu tun!