Und immer wieder Corrr do baaah!
Der Österreicher ist in Sachen Fußball ein fieses kleines Kerlchen. Es vergeht kaum eine Minute, in der er nicht erwähnt, dass ihn Fußball ja so überhaupt gar nicht interessiert, um dann in verschwörerischem Ton drei Silben zu raunzen: „Corrr do baaah!“
Corrr do baaah ist im österreichischen Fußball allgegenwärtig. Das geht sogar so weit, dass Edi Finger – der, der einst wegen Krankl so narrisch wurde, dass er kurz darauf den braven Abramczik obbusseln wollte – seinen Sohn Edi Finger junior als Kommentator ins Fernsehen und in den Hörfunk protegierte und ebenfalls zur Kultfigur machte. Wahrscheinlich nicht einmal bewusst– einfach nur aufgrund von Corrr do baaah.
Wer einmal die Möglichkeit hat, ein Fußballspiel mit österreichischem Kommentar zu erleben, der sollte sich diese Chance nicht entgehen lassen. Prallt ein Ball an den Torpfosten oder die Querlatte, wird man ein verzückt-entsetztes „Uh, a Stangerltreffer, ans Stangerl!“ hören. Dass ein verranzter Schuss ans Gebälk für den Österreicher eine Art von zu feierndem Erfolg darstellt, sagt eigentlich alles über dessen aktuelles Verhältnis zum Fußball aus.
Auch sonst merkt man, dass sich der Österreicher seine eigene Kickerterminologie bewahrt hat. Geht der Ball ins Toraus und hat ihn ein Abwehrspieler zuletzt berührt, pfeift der Schiedsrichter „a Koahner“. Wird ein Angreifer vom patscherten Abwehrspieler im Strafraum umgelegt, sodass er mit a Bauchplätschn zu Boden geht, lautet die Entscheidung „Bennallti!“ – selbst wenn es nur der Outwachler gesehen hat. Geht dabei der Ball rein, greift der Gohli hinter sich und ist froh, dass ihm kein Steirer unterlaufen ist. Am Ende ist sowieso alles wieder gut. Obwohl man „ka Leiberl g’rissen“ hat werden die Leiberl getauscht – und danach träumen alle noch ein wenig von Corr do baaah!
Bei aller (lieb gemeinten) Lästerei darf eines nichts vergessen werden: Der Fußball in Europa wurde vielleicht in England erfunden. Diejenigen, die ihn dann jedoch im großen Stil auf dem europäischen Festland kultivierten, waren die Österreicher. Kein Schmäh! Schon lange bevor die Ungarn in der 1950er-Jahren auf Nationalmannschafts-Ebene für Angst und Schrecken sorgten, waren österreichische Vereine in den 1910ern über die 1920er bis in die 1930er hinein so etwas Ähnliches wie die Harlem Globetrotters des Festlandfußballs. Wer als deutscher (Zwangs-)Amateurverein etwas auf sich hielt, kaufte sich die Vollprofis aus Österreich für ein Freundschaftsspiel ein und stand dann staunend davor, wenn die eleganten Kicker den Ball geschmeidig durch die eigenen Reihen laufen ließen. Der legendäre „Schalker Kreisel“ wurde nicht etwa auf Consolidation ersonnen, sondern in Wiener Fußballakademien. Nicht nur deshalb fließt viel mehr K&K-Blut in Schalkes Historie als es die ewigen Schluchtenscheißer-Brüller wahrhaben wollen.
Deshalb und weil ich mir sicher bin, dass sich das ÖFB-Team heute an Haxn ausreissn wird, freue ich mich ausnahmsweise mal wieder auf eine Partie der Nationalmannschaft.
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2 Kommentare zu “Und immer wieder Corrr do baaah!”
Sehr schöner Beitrag, Matthias. Wia gschmiert. Nicht nur die Wiener Fußballakademien hatten damals einen guten Ruf. Mit der Österreichischen Schule der Nationalökonomie ist DIE große Volkswirstchaftslehre der letzten 140 Jahre leider auch in Vergessenheit geraten – was zu den chaotischen Zuständen der heutigen Zeit geführt hat. Schönes WE… 🙂
Noch ein paar Ergänzungen zum Thema „österreichische Fußballfachsprache“ (falls jemand das Spiel heute im ORF schaut):
Ball : Wuchtel, Haut, Frucht
Beinschuss : Gurkerl
Querpass knapp vor dem gegnerischen Tor : Stange(r)lpass
Fußballspielen : Ballestern, (Fuß)packeln
Schwacher Tormann : Eiergoalie
Technisch starker Spieler : Dribblanski
rüdes Foul : Aus de Bock haun (Aus den Schuhen treten)
…im übrigen kann ich „Cordoba“ schon nicht mehr hören!
Grüße aus Österreich.