Unser Verein ist keine „Option“

21. Nov. 2012 | 22 Kommentare

Machen wir uns nichts vor: Fußball ist ein Geschäft. Nicht „in erster Linie“, sondern absolut. Kein Spieler spielt bei einem Verein, weil es ihm dort so gut gefällt. Sie spielen alle – ohne jede Ausnahme – nur bei ihrem aktuellen Verein, weil er ihnen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses das meiste Geld bzw. die Aussicht auf das meiste Geld geboten hat. Nur scheinbar eine  Ausnahme ist, wenn der Verein einem Spieler „interessante Perspektiven“ bietet. Das bedeutet i.d.R. nichts anderes, als dass der Verein einem Spieler als Steigbügelhalter in die große Nationalmannschaft dient. Als Nationalspieler erntet man Ruhm, Ehre und vor allem neue persönliche Werbeverträge, die – man ahnt es bereits – letztendlich auch wieder mehr Geld einbringen.


Diese sich um das Geld drehende Betrachtung führt dazu, dass Spielerberater in den Hochzeiten des Vertragspokers von Vereinen als „interessante Optionen“ sprechen. Man stelle sich vor, der Bräutigam antwortete vor dem Traualtar auf die Frage des Priesters nach kurzer Überlegung: „Sie war eine von vielen interessanten Optionen. Letztendlich haben persönliche Dinge den Ausschlag gegeben.“ Nein, so etwas wird niemals vorkommen, denn vor dem Traualtar geht es um Gefühle. Da haben Worte wie „Optionen“ keinen Raum. Im Fußball hingegen sind die Gefühle vor vielen Jahren bereits gestorben. Hier geht es – ich erwähnte es bereits – um Geld.

Dass es um Geld geht, ist nicht einmal ein Geheimnis. Dennoch tut sich die Branche schwer, darüber zu reden. So wie Marcus Noack, Berater von Lewis Holtby, im Gespräch mit Dirk große Schlarmann auf Sky-Sport-News. Auch er nutzt anstelle des bösen „Geld“ das – aus seiner Sicht – wertneutrale „Option“ und windet sich wie ein schwer verletzter Wurm um Antworten.

Wir Fans erleben Fußball anders. Bei uns spielt Geld keine Rolle. Ganz im Gegenteil: Wir bezahlen sogar dafür, uns als kleinen Teil des großen Fußballs fühlen zu dürfen. Uns Fans tut es weh, wenn von unserem Verein als „Option“ gesprochen wird, weil uns diese Option – also auch die Möglichkeit, eine andere zu ziehen – nie im Leben in den Sinn käme.

Sowohl mit Klaas-Jan Huntelaar als auch mit Lewis Holtby verhandelt Schalke seit einigen Monaten. Die jeweiligen Angebote werden aus finanzieller Sicht branchentypisch in Ordnung sein. Beide Spieler bzw. ihre Berater zögern seit Monaten damit, ein klares Bekenntnis zum FC Schalke 04 und seinen Fans abzugeben. Ich beginne mich zu fragen, warum wir Fans uns dann zu einem klaren Bekenntnis in Richtung der Spieler aufraffen sollten. Warum wir ihnen mit Liebe und Respekt begegnen sollen, wenn sie dieses Verhalten uns gegenüber längst eingestellt haben. Weil es unsere „Pflicht“ als Fan ist? Wer sagt das?

Ausschließlich unsere Liebe finanziert das Geschäft. Wir Fans verdienen den Respekt der handelnden Personen. Die fortlaufende Bezeichnung unserer Clubs als „Option“ ist respektlos. Es wäre gut, wenn sich diese Erkenntnis auch bis zu den Spielern und ihren Beratern durchsprechen würde.

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22 Kommentare zu “Unser Verein ist keine „Option“”

  1. derGrafschafteram 21. November 2012 um 08:58 1

    wahre worte. du solltest mal zu einem „kabinengespräch“
    gehen und die sicht der mitglieder und fans zur sprache bringen. oder wo kann man das?
    meine meinung zu holtby und huntelaar habe ich schon beschrieben.
    entweder sie haben das königsblaue trikot gern an. dann bezahlen wir sie ja auch gut dafür. oder sie möchten etwas anderes. auch gut. raus mit der sprache, nötigenfalls im winter
    abgeben.wir haben auch noch einen philip hofmann, ausgeliehen
    an paderborn. der ist auch mittelstürmer.

  2. derwahrebaresiam 21. November 2012 um 09:42 2

    @ diese Erkenntnis auch bis zu den Spielern und ihren Beratern …

    ich habe nie an das märchen vom weihnachtsmann geglaubt …

  3. Carlitoam 21. November 2012 um 10:27 3

    Muss derwahrebaresi zustimmen, schön wärs, aber das wird wohl leider naives, wenn auch schönes, Wunschdenken bleiben. Trotzdem klasse geschrieben und ich denke die Gefühle vieler sehr gut wider gegeben.

  4. Pepoam 21. November 2012 um 10:56 4

    Danke Mathias, wieder einmal ein toller Text von dir.

    Fußballromanik ist die Antwort, warum solche Texte besser nicht gelesen aber viel öfter geschrieben werden sollten!

  5. Erle72am 21. November 2012 um 12:11 5

    A: „Sie spielen alle – ohne jede Ausnahme – nur bei ihrem aktuellen Verein, weil er ihnen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses das meiste Geld bzw. die Aussicht auf das meiste Geld geboten hat.“

    B:“Die fortlaufende Bezeichnung unserer Clubs als „Option“ ist respektlos. Es wäre gut, wenn sich diese Erkenntnis auch bis zu den Spielern und ihren Beratern durchsprechen würde.“

    Wenn A richtig ist, folgt daraus automatisch das B illusorisch ist.
    Wobei ich schon denke, das der Trainer, die Atmosphäre, die Fans, die Umgebung und die Mitspieler auch eine Rolle beim Vertragsabschluß mancher Fußballer spielen können.
    Papadopoulus hätte in St.Petersburg garantiert mehr Kohle verdient.

  6. Herr Wielandam 21. November 2012 um 12:49 6

    Papadopoulos erhielt von St. Petersburg zunächst ein sehr hohes Angebot, welches in weiteren Gesprächen nicht aufrecht erhalten wurde*. Gleichzeitig hat Schalke seinen Vertrag mit besseren Bezügen verlängert – das zweite Mal innerhalb kurzer Zeit.

    Danach war das „Paket Schalke“ mit Verdienst und sportlicher Perspektive für Papadopoulos lukrativer als St. Petersburg. Das ganze „Er will lieber auf Schalke ..“-Gerede, welches der Kausa folgte, war nur Marketing-Blabla.

    *: http://is.gd/tpMyNO

  7. Padréam 21. November 2012 um 12:51 7

    Erstmal: Hallo zusammen!

    Großartiger Text. Leider wird er nichts an der bestehenden „Verwirtschaftlichung“ des Fußballs ändern. Das könnten ausschließlich wir Fans. Dann müssten wir aber auch Liebesentzug verwirklichen und dem Fußball den Rücken kehren, sobald ein Spieler, Berater oder Funktionär gewinnstreben an den Tag legt.

    Das wollen wir dann aber auch nicht. Leider ist der Prozess der Kapitalisierung wohl nicht mehr umkehrbar .

    Dennoch: großartiger Text

  8. Erle72am 21. November 2012 um 13:25 8

    Es wäre aber sehr bedauerlich, wenn man sich nichts mehr vormachen dürfte, ohne das Realisten daher kommen, um einen in die schnöde Wirklichkeit zurückzustoßen.

    Beklatschen wir dann letztlich einen Haufen blauweiß bekleiderter Jungunternehmern bei dem Versuch uns einen erfolgreichen Fußball zu präsentieren?!

  9. blue.luiam 21. November 2012 um 14:05 9

    Ein sehr guter und im Kern wahrer Beitrag! Ich fand die Position eines Rudi Assauer da immer angenehm, der in seiner Hau-Drauf-Art klare Worte gefunden hat und auch gute Spieler dann hat ziehen lassen.
    Bei Huntelaar ist für mich die Grenze bereits überschritten; konsequent wäre es, dass bestehende Angebot zurückzuziehen (bei Farfan hat das ja sogar funktioniert). Gerade ein Huntelaar hat doch erfahren, wie es bei anderen großen Vereinen auf der Bank war!
    Bei Holtby sehe ich es zunehmend ähnlich, wenn auch noch nicht so schlimm.
    Unterm Strich aber spielen die Berater m.E. eine immer schlimmere Rolle: Sie verdienen doch am meisten, wenn der Spieler neue Verträge unterschreibt und Ablösen (bzw. Handgelder) erzielt werden!
    Ergo: Es ist für einen Berater das Beste, einen jungen, noch leicht zu beeinflussenden Menschen zu einem Wechsel zu überreden, und zwar so, dass der am Ende sogar selber überzeugt ist, dass das am besten für ihn sei 😉

  10. Matthiasam 21. November 2012 um 14:05 10

    Beklatschen wir dann letztlich einen Haufen blauweiß bekleiderter Jungunternehmern bei dem Versuch uns einen erfolgreichen Fußball zu präsentieren?!

    Ja, genau das tun wir. Seit vielen Jahren schon. Das ist auch gar nicht schlimm und ich denke, jeder Fußballfan hat gelernt, mit diesem Spagat zwischen Romantik und Realität zu leben. Ich zumindest kann es ganz gut.

    Was mir allerdings gegen den Strich geht ist, wenn die Vertreter der Realität uns mit Worten wie „Optionen“ oder „Projekten“ auf der Nase herumtanzen und damit klarstellen: „Eure Scheiß-Romantik kann uns mal!“ Genau hier wird der stillschweigend geschlossene Vertrag zwischen Realisten und Romantikern gebrochen. Das ist für mich ein Zeichen von mangelndem Respekt.

  11. Marcel04am 21. November 2012 um 15:02 11

    Ergo: Der Bösewicht ist der Spielerberater?

  12. Matthiasam 21. November 2012 um 15:05 12

    Ergo: Der Bösewicht ist der Spielerberater?

    Bösewicht? Nö. Muss es immer einen Bösewicht geben, wenn eine Entwicklung nicht gefällt?

  13. Marcel04am 21. November 2012 um 16:06 13

    Bei einer emotionalen Sache wie dieser? Hm, schon.
    Dennoch – ändern können wir direkt nichts an dieser Situation, schön wäre es dennoch, wenn die Profis deinen Text zu lesen bekommen würden.
    Nicht, dass sich groß etwas ändert – aber als Denkanstoß vielleicht.

  14. bluesam 22. November 2012 um 06:40 14

    ..Spieler bzw. ihre Berater zögern seit Monaten damit, ein klares Bekenntnis zum FC Schalke 04 und seinen Fans abzugeben. Ich beginne mich zu fragen, warum wir Fans uns dann zu einem klaren Bekenntnis in Richtung der Spieler aufraffen sollten.“

    Du hast die wechselseitigen Beziehungen zwischen verhandelnden Spielern und ihren Beratern auf der einen und uns Fans auf der anderen Seite schön ausgeleuchtet. Ob man die einzelnen Fälle verallgemeinern und daraus eine „Ethik“ ableiten kann, weis ich nicht.
    Für Verhandlungen ist bei uns der Sportvorstand Horst Heldt zuständig. Das Geschäftsgebaren unseres Vereins bei Vertragsverhandlungen wird somit in erster Linie durch unseren Sportvorstand geprägt. Niemand hindert Horst Heldt daran bei Verhandlungen ein Angebot und vielleicht auch noch ein zweites,verbessertes Angebot vorzulegen. Nach einer vereinbarten Frist, unterschreibt der Spieler oder eben nicht.
    Unterschreibt der Spieler nicht, verkündet der Verein, dass der Spieler Schalke verlässt. Siehe Barnetta und Leverkusen letzte Saison.

  15. […] vor dem Spiel der Schalker regte sich der Matthias in der Weide (Schalkefan.de) über die Vertragspokerspieler im eigenen Kader […]

  16. Moritzam 22. November 2012 um 17:07 16

    Wohltuender Beitrag, in der Tat!

  17. McPam 22. November 2012 um 17:41 17

    Man sollte aber auch die guten Seiten erwähnen. Sobald ein Spieler weg ist, wächst sein Respekt ins Unermessliche, so dass er aus Respekt beispielsweise nicht Jubeln mag gegen den Ex-Verein. Wenn Ihr also mehr Respekt wollt, ist jeder Abgang eine wahre Freude.

    Ansonsten bin ich nahe bei blues. Ob etwas monatelang dauert oder in zwei bis drei Sitzungen ausgehandelt ist – die Schlüsselperson dafür ist Horst Heldt. Seit er da ist, gibt es bei jedem Spieler monatelanges Irgendwas. Verhandeln kann man das kaum nennen. Kein Wunder, dass Spieler und Berater dann mehr als handelsüblich Optionen ausloten.

    Nichtsdestotrotz guter Text!

  18. bluesam 22. November 2012 um 17:55 18

    ..weil ich gerade im Video bei kicker.de das Rummgeeiere von Huntelaar und Horst Heldt zu den Vertragsverhandlungen mit unserem Mittelstürmer sah, hier noch ein Kalauer zu ihm:
    „Warum sollte Huntelaar bis Weihnachten nicht mehr in der Startelf stehen?
    Weil er mit jedem Spiel das er bis dahin für S04 macht, weniger wert wird.“

  19. holzboy 04am 22. November 2012 um 18:56 19

    Kein guter Text , nein ein WUNDERBARER Text,zählt unser Leitbild
    nur für die Fans. Welcher Spieler auf Schalke kauft sich auf Schalke
    eine Grabstätte.Alles nur für Fans oder weiß ich was.

  20. Pro Ernstam 22. November 2012 um 19:53 20

    @McP
    Deine Kritik an Heldt kann ich nicht verstehen. Ich sehe es eher so, dass seit Heldt die Verträge schließt nicht jeder Spieler für jeden Betrag der letztendlich gefordert wird vom Verein am Ende auch bezahlt wird.
    Das kommt auch der – für uns alle wichtigen – langfristigen Entschuldung des Vereins zu Gute.
    Evtl. ist er aber auch dann zu vorsichtig und wir sind nicht in der Lage auch mal ein Risiko einzugehen, um Verträge mit Spieler zu erreichen, die trotz Probleme innerhalb kürzester Zeit auf einem sehr hohen Niveau wieder spielen können (Beispiel: Rene Adler).
    Dies ist für mich ein deutliches Zeichen, wie schlecht tatsächlich auch jetzt noch die finanzielle Situation unseres Vereins ist, allem Geld aus der Champions-League zum Trotz.

  21. Peteram 11. Dezember 2012 um 00:12 21

    McP: „Ob etwas monatelang dauert oder in zwei bis drei Sitzungen ausgehandelt ist – die Schlüsselperson dafür ist Horst Heldt. Seit er da ist, gibt es bei jedem Spieler monatelanges Irgendwas. Verhandeln kann man das kaum nennen. “

    Nach meiner Vorstellung macht es HH genau richtig. Es wird ja nicht wirklich ewig lang verhandelt – es gibt ein Angebot, und dann friss oder geh. Und solange sich ein Spieler ziert, zu fressen, tut sich eben nichts. Siehe Farfan: er hat sich auch ewig geziert, auf die besseren Angebote gewartet, und als dann nur ein einziges kam, dass er nicht wollte, letztlich doch unterschrieben.

    Früher war das sicher anders. Runde 1: Andreas Müller. Spieler(berater): „ich will 6 Mio. “ AM: „Du kriegst 4“ S: „Nein ich will 6“ AM: „OK, 5?“ S: „Nein, 6“ AM: „OK, 6, hier unterschreib“.
    Runde 2: Felix Magath. Spieler „Ich will 6 Mio.“ FM: „Du kriegst 8, hier unterschreib“.
    Runde 3: Hotte. Spieler „Ich will 6 Mio.“ HH: „Du kriegst 3“ Spieler: „Nein, ich will 6“. HH: „du kriegst 3“ S: „Dann geh ich“. HH: „Dann geh doch, hier kriegst du 3“. Der eine geht wirklich, der andere unterschreibt. Dauert zwar länger, ist aber für den Verein gesünder…

    Ansonsten, Matthias: toller Text !

  22. Marcel04am 20. Dezember 2012 um 10:37 22

    Da wir es hier von Optionen und Vereinstreue hatten:

    Mir fiel gestern beim Spiel der Schwachgelben auf, dass bei jeder Pander-Aktion der gute Mann ausgepfiffen wurde, was auf seine Vergangenheit auf Schalke zurückzuführen war.

    Ist das in Zeiten, wo heute ein Spieler „niemals Bayern“ sagt, morgen jedoch dort schon aufläuft, wo Vereine als „Option“ betrachtet werden, überhaupt noch aktuell und angemessen?

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