Mesut Özils Spiel auf Zeit
Seit Frühjahr 2008 spielt Mesut Özil beim SV Werder Bremen. In den Jahren davor trat er beim FC Schalke vor den Ball. Nach wochenlangem Geschachere um eine vorzeitige Vertragsverlängerung zog der damalige Schalker Manager Andreas Müller die Reißleine und kündigte an, den noch eineinhalb Jahre laufenden Vertrag mit dem großen Talent nicht verlängern zu wollen, ihn des Weiteren sogar aus dem aktuellen Kader zu verbannen, weil ihm das klare Bekenntnis des Spielers zum Verein fehle. Dem Vernehmen nach soll ein Gehaltsangebot von 1,5 Millionen Euro jährlich zu wenig für Özil und dessen Berater Reza Fazeli gewesen sein. Müllers Ankündigung kam damals der öffentlichen Aufforderung an andere Vereine gleich, Angebote für Mesut Özil abzugeben. Werder Bremen griff schließlich dankend zu und stattete Mesut Özil mit einem Vertrag bis 2011 aus. Schalkes Ex-Manager musste sich fortan den Vorwurf gefallen lassen, ein Thema hochgekocht zu haben, dessen Zeit noch gar nicht gekommen war. Schließlich hätte Mesut Özil aus rein vertraglicher Sicht noch 16 Monate für Schalke spielen können, wäre somit selbst in der vergangenen Saison noch an Bord gewesen, anstatt für Bremen im UEFA-Cup- und DFB-Pokalfinale zu spielen. Doch Müller agierte aus wirtschaftlicher Sicht durchaus nachvollziehbar und sicherte dem Verein zumindest noch eine Ablösesumme, die wohl bei rund fünf Millionen Euro lag. Für ein Eigengewächs durchaus eine stolze Summe.
Nun sind gerade einmal eineinhalb Jahre ins Land gezogen, und irgendwie komme ich mir vor, als sei alles beim Alten. Denn urplötzlich gibt es in Bremen Wirbel um den jungen Dribbler – aus altbekannten Gründen. Wieder möchte ein Manager (diesmal Klaus Allofs) seinem Verein (diesmal Werder Bremen) etwas mehr Planungssicherheit verschaffen und Özil zu einer frühzeitigen Vertragsverlängerung (diesmal ca. 21 Monate vor Ablauf der Laufzeit) bewegen. Wieder spielt Özil auf Zeit. Die in Sachen Werder Bremen immer sehr gut informierte Sykener Kreiszeitung schreibt:
Berater Reza Fazeli spürt angesichts des noch bis 2011 laufenden aktuellen Vertrages keinen Druck, jetzt schon zu verlängern. Allofs: „Wir sehen das anders. Es hätte Ruhe reingebracht. Auf Mesut kommt in Kürze einiges zu, er wird vermutlich die WM spielen, da wäre es gut gewesen, wenn die Dinge geklärt sind.“
Der Focus wurde diesbezüglich bereits kurz nach der U21-EM deutlicher und schrieb:
Vor allem Vater Mustafa und Mesuts cleverer Berater Reza Fazeli besprachen längst, welche Bedeutung der Vorstoß von Mesut in die europäische Elite hat. Sein Vertrag läuft bis zum 30. Juni 2011, lässt aber einige Möglichkeiten offen. Fünf Millionen Euro zahlte Bremen an Schalke. […] Der Marktwert für einen Offensiv-Darsteller seines Kalibers, der zuletzt auf zehn Millionen Euro taxiert wurde, kann auf dem heiß gelaufenen Markt des Sommers 2009 fix auf 15 oder 20 Millionen hochschnellen.
Auf Schalke wurde damals gemunkelt, Müller habe die Reißleine gar nicht aufgrund eines „fehlenden Bekenntnisses des Spielers zum Verein“ gezogen, sondern weil ihm das Gebaren des Özil’schen Beraters gestunken habe. Ob da wirklich etwas dran ist, kann ich natürlich nicht beurteilen. Sollte dem aber so sein, bleibt abzuwarten, ob Bremens Manager Klaus Allofs in den kommenden Wochen bessere Nerven als Andreas Müller beweist. Auf jeden Fall aber – und das sage ich bei aller Kritik, die auch ich in den letzten Monaten an Andreas Müller geäußert habe – wirft der derzeitige Trubel in Bremen durchaus ein etwas anderes Licht auf den „Größten Fehler in Müllers Amtszeit“, wie der „Fall Özil“ gerne in den diversen Internet-Foren von leidenschaftlichen Müller-Bashern bezeichnet wird.
Kurzer Nachtrag: Felix Magath wurde vor ein paar Wochen von einem TV-Reporter auch auf Mesut Özil und seine Leistung bei der U21-EM angesprochen. Mit einem sanften Lächeln lobte Magath den jungen Spieler als eines der größten Talente des deutschen Fußballs, der eine viel bessere Entwicklung genommen habe, als man ihm vor einem Jahr noch zutrauen konnte. Vom Reporter gefragt, ob sich Magath nicht ärgere, dass sein Vorgänger den von ihm derart geschätzen Spieler aus Schalke vergrault habe, antwortete Magath (aus dem Gedächtnis zitiert): „Schon, aber das heißt ja nicht, dass Mesut Özil nie wieder auf Schalke spielen wird.“
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8 Kommentare zu “Mesut Özils Spiel auf Zeit”
Ein wirklich guter Beitrag!
Ich war aber damals schon der Meinung, dass Müller im Fall Özil alles richtig gemacht hat, denn man kann sich von einem damals 18-jährigen und dessen Clan nicht einfach auf der Nase herumtanzen lassen, egal wie talentiert er ist. Die ca. 5 Millionen einzukassieren war demnach sinnvoll, besonders weil ich denke, dass wir mit Levan Kenia z.B. einen ähnlich talentierten Spieler besitzen, der auch Selbstbewusstsein mitbringt. Rakitic halte ich mental für noch zu schwach.
Allerdings glaube ich kaum, dass Özil je wieder auf Schalke spielt – zumindest nicht in unserem Trikot. Der hielt sich damals schon für was besseres und das zeigt sich auch jetzt wieder, der würde lieber heute als morgen schon für Real Madrid spielen.
Gruß,
Simon
Hi,
ich beobachte seit einiger Zeit mit Besorgnis, dass Themen, die eigentlich mit Ruhe betrachtet werden können, von den Medien und anscheinend jetzt auch hier im Blog dramatischer dargestellt werden als sie sind.
Wieso Du im Zusammenhang mit Mesut Özil von Trubel in Bremen redest, verstehe ich nicht so ganz.
Bremen macht ein verhandlungsangebot und Özil möchte noch nicht -> Punkt.
Nicht mehr und nicht weniger.
Aber diesen Stil beobachtet man in den Medien überall und das wird immer schlimmer, weil sowas natürlich auch die verkaufszahlen ankurbelt. Für mihc ein Grund, im Fernsehen grundsätzlich erst zum Anpfiff einzuschalten und direkt nach dem Abpfiff wieder auszuschalten, denn dieses blöde Gequatsche und verzweifelte Herbeireden von Problemen und Skandalen geht mir nur noch fürchterlich auf den Sack.
Gruß
Manfred
Ich hatte nie etwas dagegen, daß Müller Özil verkauft hat. Immerhin gab es offensichtlich eine zuvor mündlich vereinbarte Vertragsverlängerung, die dann von den Beteiligten eben nicht eingehalten werden wollte. Es braucht schon ein gewisses Vertrauensverhältnis zwischen Spieler und Verein und das war meines Erachtens gebrochen. Wie sich die Situation in Bremen darstellt, kann ich nicht beurteilen. Aber eigentlich ist die grundsätzlich ablehnende Haltung gegenüber Gesprächen mit dem aktuellen Verein, bei einem so jungen Spieler nicht als normal einzustufen.
Der Verkauf von Mesut Özil war sicher nicht der „größte Fehler in Müllers Amtszeit“. Dieser zu oft sehr unprofessionell agierende Manager hat noch viel größere Fehler begangen!
Derweil ist das taktische Verhalten von Özil und seinem Berateranhang doch weitestgehend zu einem normalen Geschäftsgebaren im internationalen Fußball geworden Ein ähnliches Verhalten konnte man in der letzten Saison auch bei Westermann und Jones feststellen. Zunächst werden eben erst einmal die Grenzen angetestet.
Für den noch jungen Mittelfeldspieler mit sehr guten Perspektiven, steht 2010 die WM an. Als Nationalspieler kann der Marktwert von Özil bei guten Einsätzen schnell auf 25 Mill. Euro klettern. Das weiß auch Klaus Allofs und versucht sich rechtzeitig zu positionieren. Alles ganz normal.
Gleichwohl wird Özil als Nachfolger von Diego mittlerweile bei Werder als bester Spieler des Teams ausgerufen. Keine guten Verhandlungskarten für Allofs.
Über das seinerzeit von Müller angebotene Jahressalär für Özil von 1,5 Mill. Euro wird dieser heute wohl nur noch schmunzeln. Damals hatte er für Müller nur ein Kopfschütteln übrig. Auch Özil dürften die teilweise unglaublich hohen Gehälter seiner Mitspieler bekannt gewesen sein.
Ansonsten interessiert mich Mesut Özil eigentlich erst dann, wenn er wieder auf Schalke spielt. Derart Vorgänge in anderen Vereinen betrachte ich lieber mit dem gebotenen Abstand. Gleichwohl würde ich mich sehr freuen wenn Schalke einige Superverdiener der 2. Reihe aus der Müller-Ära los wird. Munter bleiben! (S04-Freibug 3:0)
Weiss jemand von Euch, wo der Matthias aushängt? Es gibt doch hoffentlich keine neue Episode von seinem Internetanbieter….
keine ahnung, ich vermisse auch schon seine kommentare
klar sit es sinnvoll gewesen sich von einem so jungen spieler nicht auf der nase rum tanzen zulassen, wenn man jedoch betrachtet wie gut mesut spielt ist es echt schade das schalke bzw. müller ihn verkauft hat. hierbei stellt sich aber auch die frage ob er auf schalke so eingeschlagen wäre wie jetzt in bremen, mesut konnte ein jahr lang oder länger bei diego abgucken und lernen. jetzt bräuchten wir ein kreativen spieler wie özil
Tach,
sich von persönlichen Empfindungen leiten zu lassen, kann bei Vertragsverhandlungen niemals richtig sein. Müller hat ein Angebot an einen 19-jährigen gemacht. Wie eine mündliche Zustimmung aussah, ist unbekannt, aber selbst wenn sie eindeutig war, hatte der Spieler einen Berater, um sich vor eigener Unerfahrenheit zu schützen und diesen zu umgehen, war nicht in Ordnung.
Özils Berater hat den Auftrag, für ihn das Beste herauszuholen. Wenn er damals Müllers und jetzt Alloffs Angebot noch nicht für das beste hält, ist das nun mal die Verhandlungsposition.
Aus dieser Sicht der Dinge erscheint es auch unfair, den Spieler als geldgeil hinzustellen.
Schalke bzw. Müller hatte damals eine sehr gute Verhandlungsbasis. Özil hatte nicht den Status wie heute bei Bremen. Man hätte ihn 16 Monate auf der Bank schmoren lassen können, wodurch Özils Entwicklung klar gehmmt worden wäre.
Auch Werder hätte diese Chance mit Blick auf die WM, aber die Mannschaft braucht Özil.
Nur unterstelle ich jetzt schon, dass Alloffs schlauer ist als Müller und einfach noch ne Schüppe drauf legt. Diese Schüppe kann er dann mit einer potentiell sehr hohen Ablöse gegenrechnen. Andernfalls geht er ganz leer aus oder muss sich mit Oeanuts begnügen, wie es Müller ihm so schön vorgemacht hat.
BWG
Oliver