Albert Streit – oder: Wie man in den Wald hineinruft…

07. Sep. 2009 | 9 Kommentare

Albert Streit dürfte bei der regelmäßig auf www.schalke04.de stattfindenden Wahl zum „Spieler des Monats“ in den nächsten Ausgaben voraussichtlich keine Rolle spielen. Das ist aber auch nicht schlimm, zumindest nicht für Streit selbst. Denn dass es ihm nicht (mehr?) darum geht, auf Schalke sportlich zu brillieren, hat er selbst Ende August gegenüber der WAZ in einem seiner ganz wenigen Statements der letzten Monate „lachend und mit den Schultern zuckend“ zu Protokoll gegeben.

Ich fühl‘ mich wohl. Drei Jahre noch.

Am vergangenen Samstag fühlte sich Streit, der zwischenzeitlich von Trainager Felix Magath medienwirksam suspendiert, tags darauf aber wieder teilweise rehabilitiert wurde, nicht wohl. Bei seinem 90-minütigen Einsatz in der Schalker Reserve gegen Waldhof Mannheim (Endstand 0:1) wurde er von einer Handvoll Zuschauer persönlich beschimpft. Neben wüsten Beleidigungen soll es dabei auch zur Androhung von körperlicher Gewalt und einer Spuck-Attacke gekommen sein. Dem „Express“ aus Köln gab Streit daraufhin ein Interview:

So etwas habe ich noch nie erlebt. Das war einfach nur asozial. Ich wurde behandelt wie ein Verbrecher, wie ein Krimineller. (…) Durch die Ereignisse der letzten Wochen ist mein Image ramponiert, die Außendarstellung ist an all dem schuld.

Ganz abgesehen davon, dass ich ein Gegner von Gewalt bin und dass ich es schlechthin nicht tolerieren kann, wenn Menschen bedroht und bespuckt werden, stieß mir in der medialen Aufbereitung der samstäglichen Vorkommnisse exakt diese Aussage Streits extrem negativ auf. Ich bin weit davon entfernt, Verständnis für die Pöbler aufzubringen, deren Tat zu rechtfertigen oder sie gar gutzuheißen, jedoch darf die Rolle Albert Streits in der ganzen Angelegenheit nicht verschwiegen werden. Denn er ist lange genug im Geschäft, um wissen zu müssen, dass seine Außendarstellung der letzten Monate früher oder später Reaktionen hervorrufen musste.

Nein, es geht nicht darum, dass er einen gut dotierten Vertrag – allenthalben wird von einem Jahressalär von 2,5 Millionen Euro brutto berichtet – nicht aus freien Stücken auflösen möchte. Das ist aus seiner persönlichen Sicht verständlich und jedwede Diskussion darüber endet früher oder später in einer unsäglichen weil Nichst bringenden Neid-Debatte. Dass er jedoch in seinen spärlichen Interviews der letzten Wochen gebetsmühlenartig und – so kam es zumindest beim Rezipienten an – provozierend darauf hinwies, dass seine Gegenleistung für das fürstliche Gehalt lediglich in körperlicher Anwesenheit bestehe, konnte nicht mehr lange gut gehen. Schalke gilt gemeinhin ja als recht emotionaler Verein. Doch selbst in Leverkusen wären angesichts derartiger Äußerungen früher oder später die Ersten auf die Barrikaden gegangen.

Es wäre falsch, in Albert Streit einen Sündenbock zu sehen. Der Sündenbock war ein durchweg unschuldiges Tier, dem ohne eigenes Zutun die Sünden einer ganzen Dorf- oder Stammesgemeinschaft aufgeladen wurden, für die es dann büßen musste. Natürlich wird Albert Streit jetzt zu einem großen Teil für den Transferirrsinn von Mirko Slomka und Andreas Müller zur Rechenschaft gezogen und natürlich kann er dafür selbst recht wenig. Es geht jedoch vielmehr darum, wie er selbst mit der Situation umgeht. Der gemeine Fußballfan ist längst abgeklärt genug zu verstehen, dass das Gehalt eines Fußballers nicht zwangsläufig in direkter Relation zu seinen Leistungen steht. Aber er erwartet – und dies völlig zurecht – zumindest, dass der Fußballer den Anschein erwecken möchte, sein Gehalt auch wirklich zu „verdienen“. Albert Streit hat dies zuletzt nicht getan, ganz im Gegenteil. Immer wieder kokettierten er und sein Berater mit der Laufzeit des Vertrages und ließen kaum eine Gelegenheit verstreichen, darauf hinzuweisen, dass es sich sogar um den „bestdotierten Vertrag im Streit’schen Fußballerleben“ handele. Oder anders gesagt: Streit verweigerte sich öffentlich dem Grundsatz der bundesdeutschen Leistungsgesellschaft. So etwas kann nicht ankommen, so etwas konnte auch nicht mehr lange gut gehen. Genau so wenig, wie es bei Bankern oder Managern gut gegangen ist, die mitten in der Wirtschaftskrise auf Bonuszahlungen pochten und sich daraufhin zorniger und im benachbarten Ausland sogar handfest handgreiflicher Kritik ausgesetzt sahen.

Zurück zum Anlass dieses Postings. In seinem Interview mit dem Kölner Express bezeichnete Albert Streit die Pöbler als „einfach nur asozial“. Ob er weiß, was dieser Begriff bedeutet? In der Wikipedia heißt es dazu:

„Asozial“ bezeichnet an sich ein von der geforderten oder anerkannten gesellschaftlichen Norm abweichendes Individualverhalten: Ein Individuum vollzieht seine persönlichen Handlungen ohne die geltenden gesellschaftlichen Normen und die Interessen anderer Menschen zu berücksichtigen. Der Begriff „asozial“ wird aber auch häufig auf Gruppen bezogen, die in ihren Verhaltensweisen von den geforderten gesellschaftlichen Normen (z. T. bewusst) abweichen.

Wie gesagt: Es geht mir nicht darum, die Pöbler und Spucker zu verteidigen oder ihr Handeln zu rechtfertigen. Jedoch existiert in der deutschen Sprache das Sprichwort vom Hineinrufen und Herausschallen in bzw. aus einem Wald. Irgendwie kommen mir diese geflügelten Worte in der aktuellen Affäre immer wieder in den Sinn. Das moderne Fußballgeschäft findet längst nicht mehr in den 90 Minuten am Wochenende statt. Das ist nur der eine Teil. Zum Job eines Fußballers gehört längst auch das „Spiel mit den Medien“. Ich kann mir kein Urteil erlauben, ob Albert Streit sich im Training voll reinhängt und somit auf Teil 1 des Fußballerlebens hinarbeitet. Im zweiten Teil hat er jedoch versagt. Mit den Konequenzen lebt er jetzt.

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9 Kommentare zu “Albert Streit – oder: Wie man in den Wald hineinruft…”

  1. staubwandam 7. September 2009 um 16:09 1

    wie man in den wald hinein ruft….
    aber spucken und übelst beschimpfen macht man doch nicht!
    man muss sich ja nicht immer direkt hinreissen lassen, oder?

  2. Matthiasam 7. September 2009 um 16:14 2

    Ähm… genau das habe ich ja auch geschrieben.

  3. tumulderam 7. September 2009 um 18:17 3

    Bei Albert Streit bezweifle ich mittlerweile sogar das Vorhandensein von Intelligenz.

    Intelligenz (lat.: intelligentia „Einsicht, Erkenntnisvermögen“, intellegere „einsehen, verstehen“) bezeichnet im weitesten Sinne die geistige Fähigkeit zum Erkennen von Zusammenhängen und zum Finden von Problemlösungen. wikipedia (auf die Schnelle)

  4. Beneam 7. September 2009 um 19:29 4

    So wie wir, sieht es auch Felix Magath im Focus (http://www.focus.de/sport/fussball/bundesliga1/schalke-04-magath-versteht-hass-auf-streit_aid_433444.html):

    „Streit hat durch seine Äußerungen, seinen Vertrag zur Not aussitzen zu wollen, den Unmut auf sich gezogen“, sagte Magath weiter: „So etwas kann nicht sein. Was nun passiert ist, muss er selbst verantworten. Er hat sich ungeschickt verhalten und geäußert und die Fans auf die Palme gebracht.“

  5. KönigsblauMSam 7. September 2009 um 21:50 5

    Der Einkommensmillionär Streit hat mittlerweile jeglichen Kredit als aufrichtiger Mensch und Fußballer verspielt. Streit führt unseren Verein vor und hat mit seinen Äußerungen in der jüngsten Vergangenheit den Berufsstand des Profifußballers diskreditiert.

    Ich wünsche mir, dass die Vereinigung der Vertragsfußballer VDV), als offiziell anerkannte Spielergewerkschaft von DFB, Ligaverband und DFL, hier auch einmal Stellung bezieht – nicht zuletzt im eigenen und schützenden Sinne.

    Nun fühlt sich dieser Streit, ob der für mich durchaus verständlichen verbalen Reaktionen einiger Fans, tief getroffen und kehrt damit seine dubiose Persönlichkeit erneut nach außen. Im deutschen Sprachgebrauch kennen wir neben dem Wort asozial auch noch die Begriffe Zecke, Parasit und Schmarotzer!

  6. matthiaßam 8. September 2009 um 08:16 6

    Herr Streit schei… auf Schalke; aber bespucken geht nicht! Also NIE!
    Die verbalen Entgleisungen der Fans hingegen hat er sich redlich erstritten. (Bei Wipi kann man auch STREIT nachschlagen)
    Albert Streit hat leider nach seiner Verletzung nicht mehr zu seiner Form gefunden. Seine Äußerungen hinsichtlich des Vertrages und des guten Geldes kommen aus einem frustrierten Fußballerherz. Er beleidigt damit nicht nur den S04, seinen Arbeitgeber und deren Fans, in erster Linie sich selber am meisten. Dieses wird er z.Z. wahrscheinlich nicht erkennen können. Unser Trainer hat es hingegen erkannt, aber auch, dass momentan mit dem Menschen nichts zu machen ist. Schade für Schalke, aber ganz besonders für ihn selber.
    GLÃœCK AUF

  7. heinz03am 8. September 2009 um 13:52 7

    ja, der streit.nomen est omen oder wie sagt der altlateiner?
    müller hätte unseren verein weiter kaputt gemacht. er hat die verantwortung für diese art der geldvernichtung. mein gott, wie konnte er solange auf schalke arbeiten??? das er özil hat gehen lassen, sagt alles. einer der besten und feinsten spieler in deutschland. auch wenn er damals nicht ganz einfach war….
    für streit, kleinschmidt. sanchez und co. hat müller das geld aus dem
    fenster geschmissen.
    magath muss nun alles richten.
    hoffentlich schafft er es. glück auf

  8. Johannes_Blau_Weißam 1. Oktober 2009 um 15:04 8

    Lieber Matthias,
    ich gratuliere Dir zu Deinem pointierten und exakten Post. Besser kann man den Sachverhalt um die „Affaire Streit“ m.E. nicht darstellen.
    Glück Auf

  9. leonam 4. Oktober 2009 um 16:44 9

    http://www.bz-berlin.de/sport/hertha-bsc/holt-funkel-albert-streit-zu-hertha-article603314.html

    gut wärs