Schalke wie Erbsensuppe

29. Okt. 2012 | 4 Kommentare

Wenn die Tage kürzer werden, koche ich gerne einen Riesenpott Erbsensuppe. Erst eine kräftige Brühe ansetzen, danach Kartoffeln und Möhren schnibbeln, schließlich die über Nacht eingeweichten Trockenerbsen dazugeben und – je nach Lust und Geschmack – mit Mettwurst- und Speckwürfeln abschmecken. Danach lässt man die Suppe 90 Minuten köcheln – fertig! Das Resultat dieses nicht unaufwändigen Vorgangs ist keine Sterne-Küche, nährt aber trotzdem und bringt einen – gut portioniert – auch weiter als nur über einen Tag. Genauso wie Schalkes ehrlich erarbeiteter 1:0-Sieg am Samstag über Nürnberg.

Dieter Hecking hatte angekündigt, Schalke das Spiel schwer zu machen. Er hielt Wort. Der Club agierte ultradefensiv und überließ den Blauen jegliche Initiative. In vielen Spielzusammenfassungen habe ich gelesen, Schalke sei schwer ins Spiel gekommen und hätte erst in der zweiten Halbzeit besser aufgespielt. Ich hingegen sah die Königsblauen gerade vor dem Halbzeitpfiff stärker als im zweiten Durchgang, in dem zwar der erlösende Treffer fiel, gleichzeitig aber die Kontrolle ein wenig abhanden gekommen war.


Kontrolle ist das Stichwort. Ohne auf Spieldaten zurückzugreifen tippe ich in den ersten 45 Minuten auf eine Ballbesitzstatistik von 70:30. Dass ein solcher Wert nicht automatisch in einem spektakulären Spiel mündet, sah man am Samstag. Schalke ging es gemächlich an und versuchte sich den Club zurecht zu legen. Fast wäre diese nüchterne Herangehensweise belohnt worden, doch Klaas-Jan Huntelaar vergab seine beiden Großchancen ebenso wie Ibrahim Afellay seine exzellente Möglichkeit in der 37. Minute. Mit einer besseren Chancenverwertung hätte S04 schon früh die Weichen auf Sieg gestellt.

So musste man mit einem 0:0 in eine zweite Halbzeit gehen, in der merklich die Kraft schwand. Erstes Opfer wurde Lewis Holtby, dem es nach großartigen Leistungen in den letzten Tagen an geistiger und körperlicher Frische fehlte und der früh durch Julian Draxler ersetzt wurde. Da sich aber auch bei den anderen Akteuren im blauen Dress immer häufiger die Konzentration verabschiedete, kam es zu einem interessanten Effekt: Plötzlich konnte Schalke es nicht mehr ausschließlich über die Kontrolle regeln. Plötzlich mussten im Mittelfeld die Zweikämpfe gesucht werden und plötzlich kam die notwendige Aggressivität ins Spiel, die im freundschaftlichen Dauersingsang der beiden Fanlager längst abhanden schien.

Sinnbildlich dafür steht die Szene vor Schalkes Siegtreffer: Eigentlich hatte man den Ball im Angriff längst vertendelt, doch Schalke setzte gleich mit drei Mann nach und zwang Nürnberg zu einem Abspielfehler. Jefferson Farfán spitzelt den gewonnenen Ball zu Draxler, der schiebt klug auf den Flügel zu Fuchs und der Österreicher legt mit einer maßgenauen Flanke das 1:0 durch Farfán auf. Erst die biedere Fußballarbeit bei der Balleroberung ermöglichte den sehenswerten Spielzug zum 1:0. Schalkes Beharrlichkeit und diese Prise mehr Einsatz, die in der zweiten Halbzeit notwendig wurde, hatte sich ausgezahlt.

Danach war das Spiel gelaufen. Zwar hatte Nürnberg noch einmal, nach einer etwas zu kurz geratenen Abwehr Unnerstalls, die Chance auf den Ausgleich, letztendlich waren die Franken in der Schlussphase aber nicht mehr in der Lage, ihr passives Spiel in ein aktives zu drehen.

Es war ein hartes Stück Arbeit, es hat nicht immer Spaß gemacht, doch irgendwie hatte man immer das Gefühl, der Lohn der Mühen werde sich schon noch einstellen. Schalkes Spiel am Samstag war wie Erbsensuppe. Nicht spektakulär, nichts worüber die Gourmet-Presse jubelt, aber unter dem Strich (tabellarisch) ein richtig nahrhafter Lohn für viele kleine Arbeitsschritte.

Mehr zum Spiel schreibt die „Rheinische Post“.

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4 Kommentare zu “Schalke wie Erbsensuppe”

  1. Daniel Ku.am 29. Oktober 2012 um 09:46 1

    Ich mag Erbsensuppe! Und sie wird mit jedem Aufwärmen nochmal besser! 😉

  2. eakus1904am 29. Oktober 2012 um 10:28 2

    Ich saß am Samstag mit meiner Tochter zum ersten Mal im Familienblock. Ansonsten hatte bisher immer die Mutter das Vergnügen und ich habe meinen Platz in der Kurve eingenommen. Fazit: Dort oben zog es wie verrückt und nach fünf Minuten habe ich mich geärgert,dass ich die Mütze und die Handschuhe zu Hause gelassen habe. Nach dem Spiel war ich durchgefroren und hätte für eine selbstgemachte Erbsensuppe sämtliche Sterneküche links liegen gelassen!

    Will sagen: Manchmal ist einem eine Erbsensuppe sogar lieber als ein rosa gebratenes Rinderfilet oder ähnliches. So ging es mir auch mit dem Spiel: Ich war froh zu sehen, dass wir offenbar auch in der Lage sind solche Partien,wo eben nicht alles top funktioniert und perfekt ist, zu gewinnen. Das stimmt mich froh für die kommenden Aufgaben.

    So, und jetzt muss ich los,Erbsen kaufen… 🙂

  3. […] Der Schalkefan vergleicht das Spiel der Schalker mit dem Ansetzen einer Erbsensuppe und ist am Ende doch beim Arbeitssieg angelangt. Danach lässt man die Suppe 90 Minuten köcheln – fertig! Das Resultat dieses nicht unaufwändigen Vorgangs ist keine Sterne-Küche, nährt aber trotzdem und bringt einen – gut portioniert – auch weiter als nur über einen Tag. Genauso wie Schalkes ehrlich erarbeiteter 1:0-Sieg am Samstag über Nürnberg. […]

  4. Carlitoam 1. November 2012 um 08:34 4

    Habe das Spiel nicht sehen können, aber mein Eindruck ist, dass wir früher solche Spiele gerne auch mal nicht gewinnen bzw. sogar verloren haben. Von daher ist Drin Vergleich mit der Erbsensuppe ziemlich treffend, finde ich. 🙂

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