Die Comebacker

02. Nov. 2009 | 4 Kommentare

Der Wahnsinn wird Methode. Wieder lag Schalke am Samstagabend scheinbar aussichtslos hinten, wieder wurde in einer turbulenten Schlussphase doch noch der eigentlich unerreichbare Zähler eingefahren. Und wieder fühlten sich auf Schalke viele als Gewinner, während die Gäste mit ihrem Schicksal haderten und zwei verschenkte Punkte beklagten. Was vor Wochenfrist das Wahnsinns-Spiel gegen den Hamburger SV war, präsentierten uns die Schalker am Samstag erneut. Doch im Gegensatz zum Spiel vor einer Woche, als man in der letzten halben Stunde durchaus berechtigt von einem Sieg träumen durfte, sich dann den neuerlichen Rückstand einfing und am Ende ob des geretteten  Punktes jubelte, war es gegen Bayer letztendlich eine gehörige Portion Glück. Denn bis zur 80. Minute war praktisch alles, was gegen Schalke laufen kann, auch gegen Schalke gelaufen. Die Mannschaft begann “ganz OK”, verzeichnete einige bemühte Angriffe, die nur ganz, ganz selten in Tormöglichkeiten mündeten, dann trifft Toni Kroos nach knapp 30 Minuten mit einem sensationellen Schuss aus dem Hintergrund nach einer abgewehrten Ecke zum 0:1 und es scheint so zu kommen, wie es in den letzten Jahren immer bei Schalke vs. Leverkusen läuft: Leverkusen nimmt locker die Punkte mit.

 

Ein Eindruck, der sich fast mit dem Halbzeitpfiff verstärkte, als Kießlig nach einem Freistoß viel zu frei zum 0:2 einköpfen konnte und Sekunden später sogar noch das sichere 0:3 gegen einen toll reagierenden Manuel Neuer vergab. Als dann aber auch die zweite Halbzeit eine Gästemannschaft sah, die es vorzüglich verstand, Schalke vom eigenen Tor entfernt zu halten und den Spielaufbau bereits im Mittelfeld durch konsequentes Doppeln gepaart mit einer sehr sicheren Raumaufteilung in der Defensive im Keim zu ersticken, waren sämtliche Messen eigentlich gelesen. Auch, weil Leverkusen das Glück hatte, mit Schiedsrichter Weiner auf einen Unparteiischen zu treffen, der anscheinend so sehr über seine eigene (berechtigte) Entscheidung in der 3. Minute erschrocken war, als er Schwaab nach einem Foul an Holtby die frühe gelbe Karte zeigte, dass er fortan wirklich alles dafür tat, bloß nicht als Heimschiedrichter zu gelten. Anders kann man viele, wirklich sehr viele Pfiffe nicht erklären und ganz besonders nicht den in der 60. Minute, als Farfan und Adler in den Ball rutschen und der Peruaner zum vermeintlichen Anschluss trifft, dessen Anerkennung jedoch verwährt bleibt.

Doch es lag natürlich nicht nur am Schiedsrichter, dass Leverkusen lange Zeit wie der sichere Sieger aussah. Bayer präsentierte sich auf Schalke wie eine echte Spitzenmannschaft. Spielerisch, taktisch und läuferisch war das Team den Schalker überlegen, das muss man einfach anerkennen. Doch mit Hyypiäs Auswechslung in der Schlussphase schwindet Bayers Dominanz und die Gäste müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, nicht konsequent genug auf das 0:3 hingearbeitet zu haben. Denn wenn Magaths Truppe eines in den letzten Wochen bewiesen hat, dann dass sie über eine unglaubliche Moral verfügt. Und diese Moral war es, die die Spieler beflügelte, auch noch in der 83. Minute bei einem Zwei-Tore-Rückstand auf das Wunder zu hoffen. Es kam in Person von Kevin Kuranyi, der zwar über die 83 Minuten zuvor kaum stattgefunden hatte, dann aber bei einem Gewimmel im Leverkusener Strafraum goldrichtig stand und den Ball aus kürzester Distanz über die Linie drückte. Und es kam in Person von Vicente Sanchez, der – obwohl kaum eine handbreit größer als ein sitzendes Kleinkind – eine Kopfball-Vorlage von Kuranyi nur vier Minuten später nutze und den Ball vor dem herausstürzenden Adler ins Netz köpfte.

Das Glück ist zurück auf Schalke. Aber Glück hat nur der, der es sich erarbeitet. So wie auf Schalke derzeit gearbeitet wird, kann man die Hoffnung hegen, dass man zumindest eine größere Pechsträhne abwehren kann. Drei der “vier Spiele der Wahrheit” sind nun absolviert. Von neun möglichen (utopischen) Punkten wurden fünf geholt. Das ist der positive Aspekt. Der negative Aspekt ist, dass sowohl Hamburg als auch Leverkusen Schalke gezeigt haben, dass der Weg zu einem echten Spitzenteam noch sehr lang ist. Aber in manchen Szenen hat man den Eindruck, als ob die handelnden und spielenden Personen auf Schalke wirklich wissen, wo dieser Weg lang führt.

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4 Kommentare zu “Die Comebacker”

  1. McPam 2. November 2009 um 02:47 1

    „Der negative Aspekt ist, dass sowohl Hamburg als auch Leverkusen Schalke gezeigt haben, dass der Weg zu einem echten Spitzenteam noch sehr lang ist.“

    Sehe ich anders. Das ist für mich ein positiver Aspekt (wobei ich vermute, dass wir deshalb nicht unbedingt unterschiedlicher Meinung sind). Es konnte Schalke und Magath und letztlich auch den Spielern doch nichts besseres passieren, als oben dran zu sein, Stärken zu haben und gleichzeitig zu wissen, dass noch viel, viel zu tun ist. Der Schlendrian ist ein Eichhörnchen.

  2. Marcel04am 2. November 2009 um 09:04 2

    Was für Kämpfer! Endlich beweist das Team wieder Moral, und schließt an alte Eurofighter-Zeiten an. Dazu kommt auch noch, dass der Fußballgott und Fortuna uns endlich die Tore „in letzter Minute“ bescheren – nicht wie früher, als Schalke kurz vor knapp noch eines druff bekommen hat.

    Glück auf!

  3. Supercliveam 2. November 2009 um 12:16 3

    Ich hatte das Glück am Samstag in der Arena gewesen zu sein. Welch ein Fight und wieder einmal mit einem glücklichen Ende. Was mich aber sehr beeindruckt hat, war die Szene mit Vicente Sanchez in der Nachspielzeit, der einem Leverkusener den Ball zum Einwurf in die Hand gedrückt hat – und damit deutlich gemacht hat, spielt weiter, dann hauen wir euch noch einen rein. Diese Körpersprache war klasse und ist genau das, was auch schon in der letzten Woche geblogt wurde, nämlich das die Mannschaft lebt. Dazu bleibt mir nur zu sagen: Vielen Dank Felix, keine Ahnung wie du das hinbekommen hast, aber so sind wir (endlich wieder) der geilste Club der Welt! Glück Auf

  4. Christianam 2. November 2009 um 22:04 4

    Ich glaube es hätte nichts schlimmeres passieren können als Tabellenführer zu werden.