Wie ein Zweitligist auf Erlebnisausflug

11. Feb. 2013 | 20 Kommentare

Bayern - Schalke

Da fährst du nach München und wirklich jeder ist sich sicher, dass es eine Klatsche geben wird. Eine Münchener Boulevardzeitung titelte am Morgen gar fies: „Bayern – heute öffentliches Training gegen Schalke!“ Mit Jefferson Farfán trudelt der wichtigste Spieler erst am Vormittag nach einer südamerikanischen Flughafenodyssee ein. Der Rest des Kaders ist entweder angeschlagen oder völlig außer Form. Und dann ist in den letzten Wochen auch noch wirklich alles falsch gelaufen, was falsch laufen konnte. Kurzum: Keiner gibt auch nur einen Pfifferling auf dich. In dieser Situation fährst du also nach München und holst dir die Klatsche ab. Alles OK, also? Quatsch! Gar nichts ist OK auf Schalke.

Natürlich kann man in München verlieren. Natürlich sind die Pfiffe vor dem Elfmeter zum 1:0 und dem Freistoß zum 2:0 sehr gastgeberfreundlich ausgefallen. Natürlich war das 3:0 ein Abseitstor. Und dennoch: So wie sich Schalke in München präsentiert hat, zeigt sich in der Regel nur ein Zweitliga-Aufsteiger, den das Los in der zweiten Runde des Pokals einen Erlebnisausflug zu den Bayern spendiert hat. Selbst der SV Sandhausen spielte vor wenigen Monaten in der Gelsenkirchener Arena mutiger und ambitionierter als Schalke es am Samstagabend in München tat. Es geht nicht darum, dass Schalke verloren hat. Es geht darum wie diese Niederlage zustande kam.


Dass Schalke ultradefensiv auftrat, kann man dem Team nicht wirklich zum Vorwurf machen. Ganz im Gegenteil kann es sogar ein probates Mittel gegen einen überlegenen Gegner sein. Vor einer Woche noch ergatterte Greuther Fürth exakt so die drei Punkte. Vor ein paar Monaten eliminierte der FC Chelsea auf diese Weise zunächst den FC Barcelona und dann den FC Bayern in der Champions-League. Aber Schalke hat es selbst beim Spielstand von 0:2 versäumt, eigene Akzente – die berühmten Nadelstiche – zu setzen. Defensiv agieren heißt nicht „einfach nur hinten drin stehen“. Es beinhaltet auch, die zwei bis drei Möglichkeiten auf einen viel versprechenden Konter konsequent auszunutzen. Doch das sah der Matchplan offensichtlich nicht vor. Angesichts dieser Schalker Herangehensweise war es fast verlogen, mit Teemu Pukki einen nominellen Stürmer aufzustellen. Eine Papp-Figur hätte es auch getan.

Am Tag nach dem Spiel las man allenthalben, dass wenigstens die Schalker Fans in München Präsenz zeigten. Ja, großartig, super, toll. Ich halte nichts davon, die Spieler auszupfeifen. Sie allerdings unabhängig von ihren Leistungen zu feiern ist mindestens genauso gefährlich. Längst hat es sich auch der letzte Spieler in der Loser-Hängematte bequem gemacht. Rauf auf den Platz, 90 Minuten Leibesertüchtigung, danach noch in der Mixed-Zone betroffen kucken und Besserung geloben – so einfach lässt sich auf Schalke derzeit gutes Geld verdienen.

München wäre die Chance gewesen zu beweisen, dass im Team noch Leben steckt. Es war de facto das leichteste Spiel der letzten Monate. Niemand hat im Vorfeld etwas erwartet. Die Mannschaft hätte alles versuchen und dabei scheitern können und wäre doch gelobt worden. Sie entschied sich jedoch dafür, überhaupt nichts zu unternehmen und das Unheil stoisch auszusitzen. Wenn selbst eine aussichtlose Aufgabe keine Stimulanz mehr darstellt, wenn selbst der Blick in den Abgrund kein Adrenalin mehr ausschüttet, dann ist es längst schon zu spät. Dann ist es auch egal, wer der Übungsleiter ist und wer auf der Ebene des Managements die Personalentscheidungen trifft. Dann ist ein Team einfach nur noch mausetot und sollte sich endlich selbst hinterfragen.

Mehr zum Spiel schreibt die FAZ.

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20 Kommentare zu “Wie ein Zweitligist auf Erlebnisausflug”

  1. eakus1904am 11. Februar 2013 um 08:37 1

    Ich stimme dir in allen Punkten zu, bis auf die Sache mit den Fans. Ich habe das Spiel zwar nicht live gesehen und kann nur auf Infos von youtube und co. zugreifen, aber ich denke,dass war etwas anderes als die Mannschaft für die dürftige Leistung zu feiern! Es war seit langem mal wieder ein Moment der Zusammengehörigkeit und das Gefühl, dass es trotz allem noch etwas besonderes ist, Fan des FC Schalke 04 zu sein. „MSorghum“ beschrieb es via Twitter als eine Art Bekenntnis.
    Ich denke, so ein Bekenntnis tut gut. Nicht unbedingt den Spielern, aber uns Fans! Für mich war es einer der wenigen schönen Schalke-Momente der letzten Zeit, dass kann und will ich nicht negativ sehen, selbst wenn die Mannschaft es eigentlich nicht verdiente!

  2. ozzi76am 11. Februar 2013 um 08:46 2

    Keiner hat die „Mannschaft“ bzw. die 11 Personen im weissen Shirt am Sa für irgendetwas gefeiert. Die Fans haben sich und Ihren Verein gefeiert und das ist gut so.

  3. uweam 11. Februar 2013 um 08:55 3

    Danke Matthias, mal wieder auf den Punkt gebracht! Ich sehe deses „bedingungslose Abfeiern“ auch ehe kritisch, auch wenn die Kollegen, die offensichtlich im Stadion waren, andere Rückmeldungen geben. Die Frage ist doch auch, ob die Spieler diffenzieren können…

  4. Stephanam 11. Februar 2013 um 09:05 4

    29 Punkte reichen noch nicht zum Klassenerhalt…
    Gegen wen wollen (können) wir gewinnen?

  5. OldSchalkeam 11. Februar 2013 um 09:24 5

    Die Zeit der Ausreden ist jetzt bald vorbei.Spätestens nach dem Ausscheiden in der CL ist ja endgültig die enorme Dreifachbelastung überstanden.Und eines sollte man nicht vergessen:Auch in München standen fast nur aktuelle oder ehemalige Nationalspieler auf dem Platz.Und dann läßt sich der gegnerische TW von den Ersatzspielern warm halten,weil der hochmotivierte und vom Trainer gut eingestellte Gegner nicht über die Mittellinie kommt!
    Aber jetz schauen wir voraus und gegn Mainz müssen wir anders auftreten wenn wir noch unter die ersten 4 wollen.
    Mann kann es nicht mehr hören,es ist einfach nur ein Armutszeugnis!
    Uns fehlt einer wie Sammer ,der mal jedem kräftig in den Hintern tritt!!
    Glück auf!

    PS: War am Samstag im Sportstudio.Wir sind im Moment spielerisch und was die Kommentare nach dem Spiel angeht die Lachnummer der Liga!Aber wenigstens auf der Gehaltsliste der“Spieler“die Nr.3.

  6. Chrisam 11. Februar 2013 um 10:15 6

    Aus der Seele gesprochen Matthias (und OldSchalke) was die Mannschaft, ihren Zustand und ihr Leistung angeht. Fehlt nur noch, dass Herr Jones Beifall der gegnerischen Fans einfordert, weil man doch immerhin mit dem Bus die weite Strecke nach München gefahren ist.

  7. Matthiasam 11. Februar 2013 um 10:36 7

    Die Frage ist doch auch, ob die Spieler diffenzieren können…

    Genau das ist der Punkt. Dass die Fans in einer derartigen Situation von „die Spieler feiern“ auf „trotzig sich selbst und den Verein feiern“ umschwenken weiß jeder, der auch nur einmal bei einer Auswärtsniederlage mit dabei war. Dieser Extrem-Support bei schlechten Spielen ist das verbale Äquivalent von „Wenn wir schon nicht gewinnen, treten wir ihnen wenigstens den Rasen kaputt“. Das Problem aber ist: Den Spielern und auch den Medien fehlt jegliches Gesprür dafür, wie sie diese eigentlich extrem sarkastische „Unterstützung“ bewerten sollen. Für sie war „der Support klasse“, wie bspw. Jermaine Jones nach dem Spiel feststellte.

    Es war seit langem mal wieder ein Moment der Zusammengehörigkeit und das Gefühl, dass es trotz allem noch etwas besonderes ist, Fan des FC Schalke 04 zu sein.

    Man kann ja viele Meinungen zu den Ultras und/oder den ihnen nahe stehenden Allesfahrern haben. Aber dass sie eine besondere Art der Zusammengehörigkeit pflegen, dürfte selbst vom größten Ultra-Kritiker anerkannt werden. Bei einem Heimspiel ist das Verhältnis von Ultra/Allesfahrer zu Normalfans im Stadion etwa 10:90. Bei einem Auswärtsspiel ist dieses Verhältnis ziemlich genau einmal umgedreht. Deshalb glaube ich auch nicht, dass sich etwas im Innenverhältnis „der Schalker Fans“ zueinander geändert hat. Nicht dass ich mir das nicht wünsche, aber ein Auswärtsspiel ist leider kein Spiegelbild der Arena.

  8. eakus1904am 11. Februar 2013 um 10:59 8

    Deshalb glaube ich auch nicht, dass sich etwas im Innenverhältnis “der Schalker Fans” zueinander geändert hat. Nicht dass ich mir das nicht wünsche, aber ein Auswärtsspiel ist leider kein Spiegelbild der Arena.

    Nein, wenn dazu ein einiziges Auswärtsspiel reichen würde, dann wären es keine wirklichen Probleme,die die Fans untereinander haben.
    Aber es könnte durchaus ein Anfang sein, die Probleme zu lösen!

  9. Matthiasam 11. Februar 2013 um 11:15 9

    Nee, eakus, das glaube ich leider wirklich nicht. Viel wahrscheinlicher ist sogar eine weitere Trennung zwischen „denen, die in München großartig supportet haben“ und „denen, die beim nächsten Heimspiel wieder in der 82. Minute nörgelnd abhauen“.

  10. eakus1904am 11. Februar 2013 um 11:58 10

    Ich glaube, das wird nicht bis zur 82. Minute dauern! Sollte in Mainz nicht gepunktet werden, wird das schon weit vorher ungemütlich! Spätestens beim ersten Rückpass……aber daran will ich eigentlich jetzt noch gar nicht denken! Ich brauche etwas positives in Bezug auf Schalke, irgendetwas und sei es nur eine durchgesungene Halbzeitpause!

  11. Markusam 11. Februar 2013 um 13:34 11

    Hi,
    noch kurz zum Support, als einer derer, die durchgesungen haben: „Wir sind die Fans, die zu dir steh’n, auch wenn du verlierst“, ist sicher kein Beifall für das Spiel unten. Aber es ist auch nicht nur selbst feiern: Das hat durchaus Aussagekraft.

  12. Markusam 11. Februar 2013 um 13:35 12

    Es ist aber nicht ironisch. Und was eine „Fanspaltung“ angeht: Es ist so, dass z.B. Allesfahrer oft eine andere Sicht haben als „nur“ Dauerkartenkarteninhaber. Das ist nichts neues und wird durch München nicht verschärft. (Bitte die Anführungszeichen um das „nur“ dringend zu beachten – Allesfahrer haben auch DK).

  13. KönigsblauMSam 11. Februar 2013 um 13:40 13

    Der gelernte KFZ-Mechaniker Horst Heldt hat Schalke nicht rechtzeitig winterfest gemacht. Der „Schrauber“ hat die falschen Schlüssel angesetzt. Bei den nächsten beiden Starts muss der Motor alles geben und die Karre vernünftig rollen. Sonst wird Tönnies, der alternativlose Dukaten-Boss und Beziehungsmanager von Schalke bald die letzte Runde für seinen strategisch wichtigsten Mitarbeiter einläuten müssen. Munster bleiben!

  14. Matthiasam 11. Februar 2013 um 16:29 14

    Markus, genau das meine ich ja: Der Support in München hat „die Fans“ nicht wieder zusammengebracht. Dementsprechenden Hoffnungen muss man leider eine Abfuhr erteilen.

  15. holzboy2008am 11. Februar 2013 um 18:39 15

    Diese Spaltungen werden durch Hr.Jones ständig geschürt,nicht der sich über alles Gedanken machende und auch kritische Fan ist gefragt ,nein KLatsch und Zahlvieh .(ich glaube das es er ein sich
    selber feiern ist ,da sie sich als die Schalker schlechthin halten).Sie
    vetreten also den wahren Glauben und diese Dinge sind auf der Welt oder im Verein mehr als Gefährlich.Das große ganze SCHALKE
    wurde schon lange aus den Augen verloren.(Schalkefans bestehen
    aus jungen,alten ,gesunden,kranken egal welcher Haurfarbe usw
    das macht ein Verein aus und nicht diese Scheiß Kastenbilung).
    Wer diese Manschaft vor dem Spiel im Kabinengang ins Gesicht
    geschaut hatte wußte was da kommt.Ich weiß das Situation für
    die nicht einfach ist ,ich hätte aber eine BITTE haltet mal vier
    Wochen die Schnauze und laßt das gesülze von Qualität und so
    sondern beweißt das.

    glück auf

  16. Matthiasam 11. Februar 2013 um 18:49 16

    Wer dieser Manschaft vor dem Spiel im Kabinengang ins Gesicht geschaut hatte wusste was da kommt.

    Ja. Genau denselben Eindruck hatte ich auch.

  17. Heikoo4am 12. Februar 2013 um 20:58 17

    Matthias : Pflichte Dir in allem bei………..muß mittlerweile öfters an deine Worte denken als das ganze Drama angefangen hat, von wegen (man traut es sich ja schon gar nicht mehr zusagen) man will dauerhaft Champions League spielen, was ja angeblich jeder Spieler will.
    “ Ja, dann tu`s doch !!!“ Ich weiß allerdings wirklich nicht wie man den Herren beibringen soll, das sie letztendlich auch alles für sich selber tun, wenn schon nicht für den Verein.
    Beim letzten Heimspiel gegen Greuther haben es die Herren ja noch nicht mal mehr für nötig gehalten in die Kurve zu kommen, bzw. sich der Kurve zu stellen. Mann ! Das sagt doch schon alles !
    Trotzdem, wenn auch mit relativ wenig Hoffnung, lass uns bei dem alten Spruch bleiben :
    AUF GEHTS SCHALKE ! KÄMPFEN UND SIEGEN !

  18. Wälderam 14. Februar 2013 um 21:54 18

    Hallo erstmal,
    also ich war auch in München, und ja, ich habe auch gesungen und gejubelt. Das haben meine 4 Kollegen übrigens auch gemacht.
    Wir hatten dabei unseren S04 im Sinn.
    Ich weiß ja nicht wie es anderen ergeht, aber ich bzw wir würden für unsere (momentan) rückgratlose Truppe jeden Support verweigern. Wenn sie es sich wieder verdient haben, aber sofort.
    Jetzt muss ein Zeichen von der Mannschaft kommen.

  19. Klausam 15. Februar 2013 um 07:21 19

    Kein Trainer
    Kein Manager
    keine Mannschaft

    ohne Raul nur noch Tristesse….. was für ein Armutszeugnis

    verhätschelte Millionäre für die das Wort „kämpfen“ fremd ist – eine Schande!

    zum Glück hat Hoppelheim, Augsburg und Büskens zu wenig Punkte!

  20. Hansam 15. Februar 2013 um 23:44 20

    Es ist einfach unglaublich, was mit S04 passiert. Das Spiel gegen München war der bisherige Höhepunkt eines fast beispiellosen Absturzes. Ich kann mich wirklich an keine gefährliche Torszene Seitens der Schalker erinnern. Selbst nach dem Rückstand kamen die Mannschaft kaum mal über die Mittellinie.

    Der einzige, der zur Zeit noch ein wenig kämpft, ist Bastos, der Rest scheint sich schon fast aufgegeben zu haben. Da frage ich mich doch, wie sowas denn passieren konnte?

    Man stand in der Liga sehr gut da, hat sogar das Derby in Dortmund gewonnen… und jetzt? Kein Feuer, kein Aufbäumen, kein gar nichts. Ich kann nur sagen: Am Trainer liegt es mit Sicherheit nicht, dass da einfach nichts mehr kommt. Egal ob unter Stevens oder jetzt unter Keller, die Bilder gleichen sich von Spieltag zu Spieltag.

    Nächstes Spiel: Auswärts gegen Mainz. Na, ob es da wohl besser werden wird?

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