… und im Mittelfeld das große Loch
Nach fünf Siegen in Folge musste sich Schalke 04 mit einem 1:1 gegen Mainz zufrieden geben. „Nur 1:1“ sagten viele nach dem Spiel auf dem Weg zu den Parkplätzen. „Immerhin 1:1!“ hielt ich dagegen. Denn so ein Spiel, wie das am Samstag, kann auch ganz böse in die Hose gehen. Die Gäste waren über weite Phasen der Partie hinweg die bessere weil die besser geordnete Mannschaft. Vor allem aber trat der FSV mit einem Mittelfeld an – ein Mannschaftsteil, in dem auf Seiten der Schalker am Samstag ein riesiges Loch klaffte, in das der Ball pausenlos hineinfiel, um in den Reihen der Mainzer wieder aufzutauchen. Lediglich in den 20 Minuten nach der Halbzeit, als der eingewechselte Jurado stark begann, danach aber stark abbaute, konnte man sehen, was möglich gewesen wäre. In dieser Phase löste sich Schalke von den Flügeln, verlagerte das Spiel in die Mitte und baute Druck auf das gegnerische Tor auf. Doch diese ordentliche Phase war letztendlich zu wenig.
Ich will an dieser Stelle gar keine systemische Baustelle aufmachen. Zu deutlich war zu erkennen, dass sich am Samstag einige Spieler im königsblauen Dress einen gebrauchten Tag hatten andrehen lassen. Marica, Draxler, Raúl – sie alle fanden gegen Mainz so gut wie gar nicht statt und wurden deshalb zu Recht ausgewechselt. Christian Fuchs und Marco Höger wären ebenfalls geeignete Wechsel-Kandidaten gewesen, mussten sich aber bis zum Schluss glücklos abmühen. So etwas kommt vor. So etwas nennt man Tagesform und manchmal ist diese Tagesform bei zu vielen Spielern gleichzeitig im Keller. Dann muss man froh sein, wenn man einen Punkt holt.
Jetzt weiß ich, wo ich die Flugbahn schon mal gesehen habe. Neulich auf einer Baustelle haben sich die Arbeiter Zementsäcke zugeworfen. Die flogen ganz genau so – nur weiter!
… wurde im Block gescherzt. Gemeint war die Flugbahn von Lars Unnerstalls Abschlägen. Gab es einen einzigen langen Ball, den er klar an den eigenen Mann brachte? Ich weiß es wirklich nicht! So gut Lars Unnerstall seine Sache zwischen den Pfosten macht, so eklatant tritt zwischenzeitlich zu Tage, dass eine Spieleröffnung von ihm einem Glücksspiel mit gezinkten Würfeln gleicht. In der letzten Viertelstunde war es kaum noch zu ertragen: Gerade erst hatte sich die Schalker Abwehr abgemüht, einen Mainzer Angriff abzuwehren, schon schenkte Unnerstall den Ball wieder ab. Dass dabei kein Spielfluss aufkommen kann, versteht sich von selbst. Umso unverständlicher finde ich, dass Unnerstall – nachdem er ganz offensichtlich mit der Vorgabe, nur noch kurze Abstöße auszuführen, aus der Halbzeit zurückgekommen war – ab der 70. Minute wieder die Bälle planlos durch die Arena knallte.
Auch wenn es für Schalke nur zu einem Punkt reichte hat sich die Tabelle nur minimal verändert. Der Abstand zum ersten Nicht-CL-Platz konnte dank des ligaweiten Remis-Festivals gehalten werden. Schalke ist mit einem blauen Auge davongekommen. In der kommenden Woche wird es einen derartig neutralisierten Spieltag jedoch nicht geben. Dann sollte die Tagesform der Spieler besser wieder stimmen.
Mehr zu Spiel schreibt das Hamburger Abendblatt.
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12 Kommentare zu “… und im Mittelfeld das große Loch”
Super Zusammenfassung. Die weiten Abschläge unseres Torwarts haben einen echt wahnsinnig gemacht. Es muß doch möglich sein gegen ein gut gestaffelte gegnerische Mannschaft die Spieleröffnung flach und schnell hinzubekommen. Wenn der Gegner kompakt und aggressiv spielt, antwortet unsere Mannschaft mit Notabschlägen oder Notpässen in das Nichts des Raums.
Bin gespannt, ob die Mannschaft das bald verbessern kann. Denn mit Gladbach, Wolfsburg und Bayern haben wir demnächst drei Gegner, die unsere Schwäche bestimmt schon fest im Auge haben.
Matthias, anscheinend haben wir das gleiche Spiel gesehen. Das Loch im Mittelfeld war eklatant, Matip stand zu weit hinten und Raul zu weit vorne – das wurde nachher durch die Doppelsechs etwas besser, aber es hat an diesem Tag einfach nicht gereicht.
Was unseren Torhüter betrifft, ist er wirklich in der Spieleröffnung nur zweitklassig – hier besteht dringend handlungsbedarf. In einigen Situationen hat er die (kurz entfernten) freistehenden Spieler zwar gesehen, sich aber nicht getraut. Grausam. Ich möchte keine große Baustelle aufmachen und in dieser Situation einen Torwartwechsel fordern, aber einfach für den Sommer noch einmal den Namen Rene Adler in den Ring werfen…
@Wilbor
Was willste denn mit dem dauerverletzten Adler? Lars Unnerstall macht seine Sache wirklich gut. Und spätestens im Sommer kommt mit Ralf Fährmann ein weiterer guter Keeper zurück!
Ohne Frage, dass Aufbauspiel vom Lars ist ausbaufähig, aber ich glaube, dass wir Schalker von unserem ehemaligen Keeper auch noch sehr verwöhnt sind.
Ich denke, wir sind in der Spieleröffnung auch ein wenig überverwöhnt von den letzten Jahren.
Sicher hat Unnerstall dort seine Schwächen, aber mir ist es lieber, er hält die Kiste einigermaßen sauber, als dass er immer versucht, den Ball schnell nach vorne zu befördern.
Gerade diese Dinge kann man lernen. Aber auch das dauert seine Zeit. Ich sehe da nicht das allzu große Problem.
Zu Unnerstall: ich hatte in den ersten beiden Spielen der Rückrunde eigentlich dem Eindruck, dass es besser geworden sei. Dieser Eindruck war wohl leider falsch.
Allerdings teile ich die Meinung von TobiTatze, wichtig ist zunächst mal das Kerngeschäft, also den Kasten sauber zu halten. Alles andere kann dann ja noch kommen…
…schreiben Tobi und RWDJojo.
Bevor hier Missverständnisse aufkommen: Das Letzte, was ich will, ist jetzt den guten Lars mit einer Schmähkritik zu überziehen. Denn er macht zwischen den Pfosten und vor allem in 1:1-Situationen seine Sache viel besser, als es ihm selbst seine größten Befürworter zugetraut haben.
Aber ich denke nicht, dass wir „überverwöhnt“ sind. Ich bin’s zumindest nicht. Unnerstall muss keinen 50-Meter-Abwurf in den Fuß des Stürmers legen, aber es darf nicht sein, dass jeder (!) Abschlag direkt in den Reihen des Gegners landet. Das muss er lernen, vor allem aber muss er einsehen, dass lange Abschläge nicht sein Ding sind. Es ist ja nicht so, dass Mainz in der Schlussviertelstunde die Anspielstationen für einen kurzen Ball zugestellt hätte.
Im Spiel am Samstag steckte der Wurm und Unnerstall war dafür nicht alleinverantwortlich. Aber er hatte einen Anteil daran, dass Schalke ab der 75. Minute nur noch Mittellinien-Ping-Pong spielte: Hoher Ball in Richtung Mittellinie (ping), hektische Betriebssamkeit um irgendwie den direkten Mainzer Gegenangriff zu unterbinden, langer Ball zurück zu Unnerstall (pong). Ich erwarte von einem Torhüter, dass er zumindest eine vage Ahnung hat, wohin ein Ball fliegt, nachdem er ihn getreten hat. Und das ist bei Unnerstall leider nicht der Fall. Das hat wirklich nichts mit „überverwöhnt“ zu tun.
Oder – um es anders zu sagen: Ein Abstoß ist ein Ballbesitz für die eigene Mannschaft. Ganz oft sogar ist es ein Ballbesitz, den man sich hart erkämpfen musste. Ein Abstoß sollte ein Vorteil sein. Diesen Vorteil sehe ich aktuell nicht.
Ich war seit langem einmal wieder in der Arena. Es hätte auch ein schönes Spiel werden können. Huub Stevens wird bei der Aufstellung seine Gründe gehabt haben. Was ich jedoch nicht verstehen kann ist, warum der Lars die Abschläge durchführt. Es stehen mindestens 10 andere Spieler auf dem Platz, die besser gegen den Ball treten können als der Lars, zumindest im Moment. Weite Abschläge nach vorne, die auch einmal einen Königsblauen treffen, können trainiert werden.
Das Lars Probleme mit den Abstößen hat weiss doch mittlerweile jeder, aber das er auch aus dem Spiel heraus schwache Bälle nach vorne spielt, sollte seinen Mitspielern doch auch bekannt sein. Allerdings spielen Sie ihn vom Mittelkreis aus an, um dann die Spieleröffnung beim Torwart zu starten. Muss nicht sein, könnte man verhindern solche unnötigen Ballverluste.
Zum obigen Text – Spiel gut zusammengefasst, habe ein ähnliches Spiel gesehen.
Lars Unnerstall ist ein super Torwart!
Er muss nicht von heut‘ auf morgen eine Spieleröffnung wie Olaf Thon oder Tanne Fichtel beherrschen, nur sollte er nicht *immer* kurz-lange Abschläge machen, die beim Gegner oder im oben dargestellten weißen Loch landen …
Es geht nicht darum, etwas zu lernen, sondern etwas zu lassen. Das traue ich ihm und unseren Trainern selbstverständlich zu, auch kurzfristig. Hoffentlich ist das eine Erkenntnis des Spiels. Dann wird auch der eine erspielte Punkt, im Hinblick auf die kommenden Aufgaben, wertvoller.
Man darf aber die Vergangenheit auch nicht verklären. Rafi war nicht zufällig der Spieler mit den meisten Ballkontakten pro Spiel, der Abwurf auf die Nr. 18 war ein Klassiker und lange Zeit sogar unser einziges Mittel im Spielaufbau. Höwedes spielt ungefähr so gute Pässe wie Bordon und Hajto. Fuchs knallt zu oft und zu riskant den Ball quer. Alles spricht dafür, endlich einen Rechtsverteidiger zu verpflichten, der das auch hauptberuflich macht. Die kurzen Optionen für Unnerstall sind nicht tauglich. Dieses Problem hätte auch ein Hildebrandt.
@Matthias
Ich lese deinen Blog seit einiger Zeit mit viel Interesse. Du hast laut eigener Aussage auch eine Abneigung gegen BILD wie du im Koenigsblog.net in einem Kommentar schreibst. Auch die Springer-Brut kommt nicht gut weg.
Da bin ich auch völlig einverstanden mit, da ich auch alle Springer Publikationen meide.
Leider verlinkst du aber in diesem Eintrag das Hamburger Abendblatt was auch vom Springer Verlag Herausgegeben wird.
Nur so ein Gedanke.
http://de.wikipedia.org/wiki/Publikationen_der_Axel_Springer_AG
Ach ja, wie ich’s mache, mache ich’s falsch. Erst neulich wurde ich kritisiert, dass ich den „kicker“ als Spielberichtsquelle verlinke – und jetzt das.
Was mein Verhältnis zu BILD angeht, muss ich – glaube ich – mal etwas konkreter werden. Wenn ich sage „Ich finde BILD zum kotzen“, dann heißt das „Ich finde die Methoden, den Maschinengewehr-Journalismus und einen Großteil der in BILD behandelten Themen zu kotzen und werde mir deshalb keine BILD kaufen, noch für sie arbeiten, noch für sie werben.“ Es heißt allerdings nicht „Sobald ich das Wort BILD höre, kneife ich die Augen zu, stecke ich mir die Finger in die Ohren, schreie laut ‚Lalalalalalala‘ und renne weg.“
Ein Medium wie BILD, das trotz rapide sinkender Leserzahlen immer noch eine echte „Macht“ ist, kann man nicht totschweigen. Es bedarf der kritischen Auseinandersetzung und dabei kann, nein muss!, man die Zeitung auch mal namentlich sowie inhaltlich erwähnen und der Lächerlichkeit preisgeben.
In der Praxis verlinke ich höchst selten und ungerne direkt auf Themen, die der BILD entstammen. Aber gänzlich ausschließen werde ich das nicht. So zu tun, als gäbe es BILD nicht, ist jedoch das Falscheste was man machen kann. Denn es gibt BILD, Leute lesen BILD und übernehmen deren vorgefertige Meinung. Leute, die mir dann im realen Leben begegnen und mit mir interagieren. Da kann ich mir dann auch nicht die Finger in die Ohren stecken und wegrennen.
Zum ‚Hamburger Abendblatt‘: Ja, das ist eine Springer-Publikation, wie im übrigen „Metal Hammer“ oder „Rolling Stone“ auch. Jedoch ist mir das Abendblatt bislang noch nicht als „Witwenschüttler“ aufgefallen und die Redakteure des „Metal Hammer“ werden sicherlich nicht den Müll von James Hetfield durchwühlen um irgendein intimes Detail in die Öffentlichkeit zu zerren. BILD-Zuarbeiter tun dies im Zweifel jedoch sehr wohl. Es scheint also auch innerhalb der Axel Springer AG Leute zu geben, die durchaus nach ethischeren Gesichtspunkten arbeiten, als es das Verlags-Flaggschiff BILD vermuten lässt. Das heißt jetzt nicht, dass ich das „Hamburger Abendblatt“ total super finde – dafür kenne ich es viel zu wenig und sicherlich hat auch diese Zeitung etliche Leichen im Keller. Aber der von mir verlinkte Text hat mir gefallen und erschien mir als eine gute Ergänzung zu meinen Zeilen.
Vielen Dank für die Anmerkung. Ich hatte es am Sonntagnachmittag, als ich den Bericht schrieb, in der Tat nicht auf dem Schirm, dass das Hamburger Abendblatt auch zum Springer-Konzern gehört. Ob mich das Wissen jedoch davon abgehalten hätte, den Text zu verlinken, weiß ich ehrlich gesagt nicht.