Die drei Pappnasen und der wilde Horst

09. Mrz. 2012 | 10 Kommentare

Da stehen drei Pappnasen da draußen. Und so ein Torrichter. Ich frag‘ mich: Warum stehen die überhaupt da? Das ist wahrscheinlich nur eine Beschäftigungstherapie. Es macht echt keinen Spaß, wenn man solche Amateure auf dem Platz hat. Und dann sagen die einem noch, man solle sich nicht aufregen, wenn die Mist bauen.

Horst Heldt war gestern direkt nach dem Spiel im Interview mit dem TV-Sender Sky geladen. Wahrscheinlich wird die UEFA nun eine saftige Geldstrafe und/oder ein Innenraumverbot gegen Schalkes Manager verhängen. Geschenkt. Ich wäre gerne bereit, im Rückspiel den Hotte-Kartext-Euro zu bezahlen. Denn wo er Recht hat, da hat er Recht.

Schiedsrichter Craig Thomson entschied gestern ein von beiden Seiten kontrolliert geführtes Spiel zwischen dem FC Twente und Schalke 04 durch eine Fehlentscheidung der übelsten Art. Es war in der 60. Minute kein Foul im Strafraum von Joel Matip. Es war entweder eine sehr geschickte Schwalbe von Luuk de Jong oder ein ziemlich ungeschickter Stolperer. Es war auf gar keinen Fall ein Elfmeter und selbst bei genauester Betrachtung tue ich mich schwer dabei, eine Berührung zwischen Matipscher Kniescheibe und Jongscher Schuhsohle zu erkennen, die einen Pfiff – geschweige denn die gezeigte Rote Karte – rechtfertigen könnte. Ohne die gütige Zuarbeit von Craig Thomson hätte Twente – da lege ich mich fest – gestern kein Tor erzielt. Das Problem ist jedoch: Schalke hätte ebenfalls die Hilfe des Spielleiters gebraucht, um zu treffen.

Der FC Twente war zunächst die aktivere Mannschaft und deutete an, dass man wirklich das Offensivmonster sein kann, als das das Team in den letzten Tagen dargestellt wurde. Doch relativ schnell fand Schalke in die Partie und neutralisierte die erlahmenden Gastgeberangriffe. Spätestens nach einer halben Stunde war das Match ausgeglichen und das Geschehen waberte ohne Höhepunkte so dahin. Erst die Kapriole des Schiedsrichtergespanns sollte daran etwas ändern.

In Unterzahl verlegte sich Schalke noch deutlicher auf die kontrollierte Defensive und rettete immerhin die knappe Niederlage über die Ziellinie. Nach vorne spielte Schalke jedoch nicht mehr. Das in der Europapokal-KO-Wertung so wichtige Auswärtstor hatte man sich bereits beim Stand von 0:0 nicht konsequent erarbeiten wollen. In der halben Stunde der nummerischen und ergebnistechnischen Unterlegenheit tat man noch weniger dafür.

Natürlich sind die Spieler sauer und sinnen im Rückspiel auf Vergeltung. Natürlich hat jeder gesehen, dass ein Schiedsrichtergespann einen rabenschwarzen Tag erwischt hat. Natürlich ist es scheiße drei Spiele in Folge zu verlieren und natürlich geht man durchaus mit Chancen in das Rückspiel. Das alles aber entbindet Schalke nicht von der Pflicht, dann selbst etwas für einen eigenen Torerfolg zu tun. Gestern tat man es nicht. Zunächst weil man in einem 0:0 ein gutes Ergebnis sah, danach weil man ein 0:2 vermeiden wollte. Menschlich verständlich ist beides. Und dennoch muss man, wenn man im Europapokal eine Runde weiterkommen möchte, mindestens ein Tor erzielen. Fällt es in den 90 Minuten am kommenden Donnerstag nicht, kann man den Namen Craig Thomson als eine Randnotiz des Fußballjahres getrost und ohne Groll wieder vergessen. Mehr zum Spiel schreibt die „Süddeutsche Zeitung“.

Anders als in einem Europacup-Hinspiel gibt es in einem Ligamatch keine zweite Chance um das versäumte nachzuholen. Am Samstag Sonntag kommt der HSV auf Schalke. Es wird entweder einen Sieg, ein Unentschieden oder eine Niederlage geben. Will Schalke den Dreier holen, muss auch am Sonntag mindestens ein Tor fallen. Dafür wäre es zielführend, wenn Schalke – anders als heute – selbst wieder am Offensivspiel teilnähme.

Für die Online-Sportredaktion der „Zeit“ werde ich das Spiel gegen Hamburg als „Twitter-Reporter“ aus dem Pressebereich begleiten. Als ich zuletzt für die „Zeit“ hinter den Kulissen tätig sein durfte, holte ich durch zuvorkommendes Grüßen und freundliches Nicken im Alleingang Huub Stevens auf Schalke zurück. Gibt es für Sonntag spezielle Wünsche? Es muss ja nicht immer gleich ein neuer Trainer sein.

Ich wünsche ein schönes Wochenende!

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10 Kommentare zu “Die drei Pappnasen und der wilde Horst”

  1. Marcel04am 9. März 2012 um 07:49 1

    Wenn sogar gewisse Medien, die ja gerne mal auf Schalke rumhacken, Schalke in der Schwalbensache (und nichts anderes war es) Recht geben ist es genauso eindeutig, wie der Erz-Schwatz-Gelbe der gestern neben mir saß und die Situation ebenso Pro-Schalke bewertete.

  2. Florianam 9. März 2012 um 08:23 2

    Hi, kleiner Fehler im Text.

    Das Spiel ist am Sonntag und nicht am Samstag.

    Gruß
    Florian

  3. Voiceam 9. März 2012 um 10:37 3

    Ich teile Deine Einschätzung, möchte aber noch eins hinzufügen. Nehmen wir mal an, de Jong wäre nicht gestolpert oder gestolpert worden (durch eine auch in zig Widederholungen nicht zu sehende Berührung), so hätte er zumindest eine gute Chance gehabt, das Tor auch ohne Pfiff zu erzielen. Das entschuldigt zwar nicht die für mich unfassbare Fehlentscheidung, aber das Ergebnis wäre das gleiche.
    Denn ich denke nicht, dass unsere Offensive, die eigentlich auch zu elft so gut wie unsichtbar war, ansonsten ein Tor erzielt hätte. Allerdings wäre dann Matip nächste Woche nicht gesperrt. Das bringt mich im Übrigen wieder auf die schwachsinnige Regel, einen Spieler auch dann zu sperren, wenn die Tatsachenentscheidung offenkundig falsch war.
    Die Schri-Entscheidung erinnerte mich fatal an den Elfer und den Platzverweis (Höwedes) in Suttgart letzte Saison.
    Heldts Leistung hatte großes Unterhaltungspotenzial, kommt zwar noch nicht an Trappatoni und Völler ran, aber immerhin. Ich würde mich übrigens an Deiner Sammelaktion „Hotte-Klartext-Euro“ beteiligen.

  4. Malaoshiam 9. März 2012 um 17:23 4

    Unser bester Mann war gestern Horst Heldt, also ich mache auch bei der „Hotte-Klartext-Euro-Aktion“ mit!

    Von den Spielern haben mir gestern Uschi und Höger gut gefallen. Der Sturm war gar nicht stürmisch, hoffe am Sonntag bekommt Pukki mal wieder ’ne Chance, und zwar von Anfang an.

    Außerdem: Wie wäre es mit Ralf Rangnick und Huub als Trainer-Duo? Spielerisch sehne ich mich schon ein bisschen an die Wochen von Ralf Rangnick zurück, auch wenn die Früchte seiner Taktik nur in Ansätzen und in einigen Spielen zum Vorschein kamen. Von der Perspektive her hatte ich bei ihm das Gefühl, dass wir weiter kommen und langfristig mehr Potential entwickeln können. Aber auch Huub hat auch so seine Vorzüge.
    Eine Kombination aus beiden, warum nicht?

  5. Rudinhoam 9. März 2012 um 19:23 5

    Ich habe das Spiel in Spanien nicht gesehen aber die Schlagzeile und der Text in der „AS“ sagen das gleiche.

  6. hellwacham 10. März 2012 um 00:28 6

    Pappnasen

    Darf man zu einem Schiedsrichter Pappnase sagen?

    Als Fan in der Kurve? Geht.
    Als Event-Fan auf der Tribüne? Geht.
    Als Blogger? Geht.
    Als Spieler? Geht, gibt aber eine rote Karte.
    Als geschäftsführendes Vorstandsmitglied des FC Schalke 04, der 120-140 Mio pro Jahr umsetzt? Geht, in der Kabine. Geht, in der Vorstandssitzung am Montag. Im TV-Interview ca. 45 Minuten nach der in Rede stehenden Fehlentscheidung? Geht gar nicht.

    Horst Heldt, der vermutlich einen satten, mindestens nennenswert sechsstelligen Betrag pro Jahr verdient, hat am Donnerstag vor laufenden Kameras völlig unkontrolliert seinem Frust Luft verschafft. Das ist inakzeptabel aus einer Reihe von Gründen:
    1. Dieses unkontrollierte Gebaren ist unprofessionell
    2. Es schadet dem Ansehen des FC Schalke 04
    3. Es provoziert eine Gegenreaktion der Schiedsrichter national wie international in den nächsten Spielen am Sonntag und am kommenden Donnerstag) .

    Nicht falsch verstehen: Die Schiedsrichter in Enschede haben eine Fehlentscheidung getroffen, die den Ausgang des Spiels maßgeblich beeinflusst hat (haben könnte). Fehlentscheidungen darf man kritisieren. Fehlentscheidungen gilt es unbedingt zu kritisieren. Das Recht zur Kritik beinhaltet aber nicht automatisch das Recht zur Verunglimpfung und Beleidigung.

    Wie soll man den Jungs am Sonntag, wenn um drei die DJK SW Gelsenkirchen-Süd III gegen Blau-Weiß Gelsenkirchen II spielt, abverlangen, den Schiri nicht zu beleidigen, schlagen, treten, sondern zu respektieren?
    Wie soll die Basis, sollen die Vereine Nachwuchs für den Job des Schiedsrichters, der besonders in den unteren Klassen aufwendig, finanziell gar nicht lukrativ ist, gewinnen?

    Die „Pappnase“, die am Donnerstag gegen uns eine Fehlentscheidung getroffen hat, hat sich über Jahre in einem anspruchsvollen, leistungsorientierten Verfahren für diese Liga qualifiziert und ist dennoch nicht fehlerfrei.

    Horst Heldt sollte es besser können.

  7. Matthiasam 10. März 2012 um 01:35 7

    Hellwach, danke für diese sehr gut ausformulierte Meinung. Ich teile sie nicht zu 104%, aber sie hat mich zum Nachdenken angeregt. Viel mehr als alles andere, was ich in den letzten Stunden lesen musste, u.a. diesen unausgegorenen Kommentar des WAZ-Redakteurs Reinhard Schüssler. Wie gesagt: Ich teile deine Meinung nicht zu 104%. Die genaue Prozentzahl versuche ich in den nächsten Stunden herauszufinden. Aber nochmal: Danke für den tollen Beitrag.

  8. Löbbiam 10. März 2012 um 07:44 8

    Ich möchte Horst Held beinah gratulieren. In einer so emotional aufgeladenen Situation die Begriffe “ Pappnase und Heini “ zu finden.
    Wenn ich ehrlich bin muß ich gestehen, dass ich vor dem Fernseher ganz andere Ausdrücke benutzt habe und Pappnase und Heini sind nun wirklich Begriffe, die ich noch nicht mal kleinen Kindern verbieten würde.

  9. Malaoshiam 10. März 2012 um 07:47 9

    @Hellwach: Dein Beitrag ist gut geschrieben und regt zum Nachdenken an. Ich teile Deine Meinung und die Argumentation trotzdem nicht:

    1. Wie Horst Heldt sich ausgedrückt hat, fand ich schon kompetent.
    2. Aus Sicht der Schiedsrichter schadet er ggf. dem S04, aber ich sehe und höre auch Zustimmung, nicht nur aus Schalker-Kreisen.
    3. Schiedsrichter Gegenreaktion? Ist es besser, sich allenthalben anzubiedern und sich durch das System mundtod machen zu lassen?

    Kritisiert er nicht vielmehr das System der UEFA, das Schiedsrichter-System – mehr als die Protagonisten selbst? So habe ich es gehört.

    Sollte er schweigen, wie so viele Menschen zu (zugegeben schlimmeren und gravierenderen) Missständen in der Welt? Ich finde es mutig von Horst Heldt, mal scharfe Kritik zu äußern.

    Wer das ganze Interview sieht oder hört, der merkt doch, was Horst Heldt stört: Dass das Schiedsrichter-System mit der Professionalität des Fußballs nicht mithält, dass den Offiziellen die sekundengenaue Ankunft der Mannschaft 75 Minuten vorm Spiel wichtiger ist als ein spielentscheidender falsch gepfiffener 11m, und vor allem: dass dieses System nicht fähig und willens zum Eingeständnis von Fehlern ist!

    @Matthias: Den Artikel in der WAZ habe ich gestern auch gelesen und er ging mir länger durch den Kopf. Der Autor tut m.E.n. Herrn Rafati und anderen unrecht, da Horst Heldt ein verrostetes System anprangert, nicht persönlich einen Menschen. Ich finde den Artikel sehr oberflächlich: Die Brücke, die der Autor zu schlagen versucht, kann die zu weit entfernten Ufer nicht verbinden…

  10. Diego_04am 12. März 2012 um 07:15 10

    @malaoshi
    Gerade weil Heldt in der Sache Recht hat und in der Sache gut argumentiert, ist es schade, dass er das so Geschaffene mit dem Hintern unwirft, indem er diese Beleidigungen benutzt. Noch dazu ist das nicht sein Stil. Sowas kann man bei einem Hoeness, konnte man bei einem Assauer einordnen als der Verärgerung geschuldet, Heldt steht das nicht, es wirkt aufgesetzt. Der sonst eher konturlose Manager hat allein durch die Verwendung der Beleidigung sein und unser Anliegen unnötig verzerrt und wird dadurch nur bewirken, auch im übrigen nicht ernst genommen zu werden. Er wäre sich besser treu geblieben, aalglatt, klug und ein bisschen langweilig.