Achtzehn zu Eins!
Der FC Bayern gewinnt auf Schalke mit 2:1 und hat alles richtig gemacht. Auf ganze drei Angriffe in 89 Minuten brachten es die Münchner, schossen dabei aber zwei Tore und stellten sich ansonsten ausschließlich in bester Hansa-Rostock-Manier mit zwei dicht gestaffelten Fünfer-Riegeln in die eigene Hälfte. Schalke spielte in den ersten 45 Minuten zwar hochüberlegen, blieb auch in der deutlich schwächeren zweiten Halbzeit stets das bestimmende Team, erzielte aber nur ein Tor. So gesehen hat Schalke alles falsch gemacht. Dass ich dennoch – auch angesichts eines Eckballverhältnisses von 18:1 (!) und daraus resultierenden 0 Tormöglichkeiten – nicht Trübsal blase, hat diverse Gründe.
Denn lässt man mal das reine Ergebnis außen vor, war es ein gutes Spiel von Schalke. Ich habe im Verlauf meines Fan-Dasseins ja schon so einige Duelle mit den Münchnern gesehen und zumeist verliefen diese wie folgt: Schalke igelte sich in der Abwehr ein und hoffte auf den einen Konter, die Bayern machten das Spiel und lamentierten im Anschluss über vergebene Chancen. Gestern hingegen hatte Schalke das Heft in der Hand und Bayern musste reagieren. Waren das da jetzt tatsächlich die Ãœber-Bayern, die unter Klinsmann zu neuer Spielkultur heranreifen? Ich denke nicht und mich überraschen die überschwenglichen Worte aus der Führungsriege der Münchner wirklich ungemein. Eine Taktik, die einzig darauf aufbaut, mit einem guten Pass und einem schnellen Stürmer ohne Spielbeteiligung zum Erfolg zu gelangen kannte ich bislang nur von Mannschaften wie Bielefeld. Gut – Luca Toni ist dann doch eine Klasse besser als Arthur Wichniarek, doch zumindest lässt sich letzterer nicht nach jedem verlorenen Laufduell zu Boden sinken. Kurzum: Dass ich es nochmal erleben darf, dass Bayern auf Schalke agiert wie das Mäuschen vor der Schlange, hätte ich nicht gedacht. Und wer jetzt mit dem reinen Endergebnis argumentiert, dem halte ich entgegen, dass es durchaus auch schon Mäuse gegeben hat, die der Schlange entkommen sind. Letztendlich würde dennoch jede Maus in einer derartigen Situation ohne groß nachzudenken mit der Schlange tauschen.
Es ist mir letztendlich aber auch egal, wie Bayern spielt und wie sich die Mannschaft entwickeln wird. Mir geht’s um Schalke. Und da sah ich gestern eine Mannschaft, die sich zweifelsohne in den letzten Wochen weiterentwickelt hat, deren herausragende Schwäche zugleich aber immer deutlicher wird. Es ist nicht der Sturm, wo der Hund begraben ist. Ein Kevin Kuranyi, an dem das Spiel gestern in weiten Teilen vorbeilief und ein Halil Altintop, von dem man eigentlich erst bei seiner Auswechslung Notiz nahm, sind mir allemal lieber als ein Luca Toni, der zwar gestern getroffen, sich ansonsten aber 85 Minuten alleinstehend an der Mittelinie die Deckenkonstruktion der Arena angeschaut hat. Schalkes Problem liegt im Kreativen. Im Mittelfeld, um es genau zu sagen. Seit dem Abgang von Lincoln lautete das Motto auf Schalke „Die Mannschaft braucht keinen Spielmacher – sie macht selbst das Spiel!“ Das stimmt leider nur zum Teil. Zwar ist es erstaunlich, wie homogen die Truppe mitunter agiert und auf wie viele Schultern die Last das „Spiel machens“ verteilt werden kann, zum letzten Tick fehlt jedoch dieser eine Geistesblitz, der gestern in Form von Ribery das Spiel zugunsten der Bayern entschied.
Ivan Raktitic spielte gestern eine Halbzeit ordentlich, wennglich ohne zu glänzen. Nach dem Seitenwechsel war er wie der Rest des Teams dann deutlich unauffälliger. Letztendlich zum Erliegen aber kam das Schalker Spiel aber erst, als Rakitic ausgewechselt wurde. Wenn selbst an einem (chronisch) formschwachen Möchtegern-Spielmacher derart vieles hängt, was wäre dann erst mit einer echten „10“ möglich? In 70 Prozent aller Spiele wird es Schalke auch ohne einen kreativen Spielmacher möglich sein, zu siegen. In Spielen wie gestern oder vor ein paar Wochen gegen Bielefeld aber braucht auch die homogenste Truppe diese eine Figur, die einen destruktiv-defensiven Gegner für sein Gewürge betraft.
Die Hinrunde ist nun auch schon wieder deutlich fortgeschritten. Vom Titelkampf spricht auf Schalke längst niemand mehr, obwohl es gerade einmal fünf Punkte Abstand zur Tabellenspitze sind. Die bis zur Winterpause anstehenden Auswärtsspiele in Leverkusen, Stuttgart und Hoffenheim versprechen allerdings nicht wirklich eine reichhaltige Punktausbeute. Es ist somit Zeit, der Realität ins Auge zu blicken: Schalke befindet sich mal wieder in einer Ãœbergangssaison. Vielleicht gelingt es ja diesmal, diese Ãœbergangssaison zu nutzen und den Kader für anstehende Aufgaben zu stärken. In der Winterpause sollte man sich von vier bis fünf Spielern trennen, die ganz offensichtlich ohnehin schon längst keine Rolle mehr spielen. Einen bezahlbaren Spielmacher wird man indes kaum finden und Gott bewahre uns vor dem nächsten „begnadeten Allrounder aus Südamerika, der eine absolute Granate ist, den man schon seit Jahren auf dem Zettel hat und der jetzt, und nur jetzt, auf dem Markt zu haben war“. Es läuft letztendlich darauf hinaus, dass man Rakitic das Vertrauen schenken und hoffen muss, das er dieses eines Tages tatsächlich zurückzahlt.
Mehr zum Spiel gegen die Bayern schreibt der „Tagesspiegel„. Bewegte Bilder findet man wie üblich im Schalke04-TV auf „Maxdome“.
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3 Kommentare zu “Achtzehn zu Eins!”
Die maue Leistung in der zweiten Halbzeit war wohl dem hohem Tempo der ersten Halbzeit gegönnt. Ich sehe den Fortschritt der Mannschaft genauso wie Du und wenn man ehrlich ist, war der Sieg der Bayern lediglich durch ihre zwei Super Fußballer Ze Roberto und Ribery möglich, die zwei Unachtsamkeiten im Spielaufbau der Schalker ausnutzten. Dennoch nagt es am Gemüt, daß die Schiedsrichterleistung im entscheidenden Moment leider wieder zu Ungunsten Schalkes unter aller Kanone war. Es ist Fakt, daß Borowskis Foul an Farfan offensichtlich war. Schalke hatte sich zuvor dieses Foul erspielt, nicht provoziert. Daß es Bayern Fans gibt, die behaupten Farfan wäre selbst Schuld, weil er theatralisch gefallen sei zeigt nur wie froh sie über den ausbleibenden Pfiff sind. Nehme ich noch die offensichtliche Benachteilung aus dem Derby dazu, kann ich Schalkes Tabellensituation wirklich einschätzen. Und glaube mir Rudi hätte in dieser Situation schon wieder von Fußballgöttern gefaselt. Ich denke auch, daß Schalke sich so schnell wie möglich von denen trennen sollte, die eh keine Perspektive in der Mannschaft haben. Ganz klar wird hier momentan Geld verbrannt, aber ein wenig Risiko muß man halt bei Neuverpflichtungen immer eingehen. Und wenn ich ganz ehrlich bin kann man sich auch von Ivan Rakitic trennen sobald mal wirklich ein 14 Millionen Angebot auf dem Tisch liegt. Er ist bestimmt kein schlechter Fußballer, aber das Supertalent sehe ich nicht. Sorry, da haben mal wieder die anderen den echten Rohdiamanten aus der Schweiz entführt;)
Der Vergeich mit Maus und Schlange trifft es sehr gut. Es ist schade und ärgerlich, dass die Bayern trotz schwacher Leistung siegen, während die starken Schalker verlieren. Aber getreu dem Motto „Ausnahmen bestätigen die Regel“ verspricht ein solches Auftreten, wie es Schalke an den Tag legte, eine größere Chance zu siegen, als die Mauertaktik der Bayern. Die Ausnahme haben wir nun glücklicherweise hinter uns und so können wir in Anbetracht der Art und Weise des Schalker Spiels optimistisch auf die folgenden Partien schauen, die allesamt nicht einfach werden. Genauso wie in diesen anstehenden Spielen der Anschluss an die Spitze gänzlich verloren gehen kann, ist auch das Gegenteil möglich – v.a. dann, wenn Schalke so agiert, wie gegen die Bayern. Allein ein paar Törchen bedarf es.
Meister wird man nicht, wenn man beide Spiele gegen Bayern gewinnt. Von einer Zwischensaison zu schreiben halte ich für zu früh. Letztes Jahr auf Karnevale seinen Anfang war es nach der Niederlage gegen Kotbuß richtig. Ein Lincoln fehlt nicht, der war immer gesperrt. Ein Möller wäre schon eher wichtig. Ein Engelar oder ein Pander hätten gestern mehr bewirken können. 18:1, richtig genug für einen Artikel, auch wenn er sehr spät an diesem Montag auf der Seite erschien. Scheint aber unter den Bloggerern üblich abzuwarten, was der andere so denkt und äußert. Über den nicht gepfiffenen 11er beim Stande von 1:1 ärgere ich mich auch noch immer, wohlwissend, dass es dann ein 1:1 gegeben hätte. Oder das Spiel hätte wahrscheinlich einen anderen Verlauf genommen.
Schlimmer als das Spiel, und auch in Anbetracht der Tatsache, dass der fcb das Aushängeschild Deutschlands in der EU, EG, EWG, UEFA, ETC sein soll ist ein Buch, welches absurder Weise auf den Gabentisch meines Geburtstagstisches gelandet sein muß: …es ist das einzige…
Jede Seite voll mit „vfl,“ „doofe Schalker“…, und dann die Seite 151 ffg: ein nach sehrvielenunendlichnochmalsovielenjahrenendlich gewonnener Sieg in Bremen vom vfl, wird hier ein Auswärtssieg der Bochumer mit den gewissen 4 Minuten aus GE/HH verglichen. Lächerlich! Da zeigt es sich schon, dass der vfl mit all seinen Meisterschaft- und Pokalgewinnen eine Fanfreundschaft zum Aushängeschild von ganz Europa und natürlich hier auch weltweit unterhält. Matthias, wie konntest Du?