Schalkes Serie reißt
Jede Serie reißt irgendwann. Da kann man nichts dran ändern. Als die Königsblauen in der letzten Woche mit 1:0 gegen Werder Bremen gewannen, verkündete Torhüter Manuel Neuer keck, dies sei der Auftakt einer großen Serie. Wenn dem so ist, dann wurde diese großartige tabellarische Aufholjagd heute beendet. Mit 2:1 verlor der FC Schalke 04 höchstverdient beim VfL Bochum. Das ist an sich schon ärgerlich. Noch ärgerlicher wird es aber, wenn man sich eingestehen muss, dass Bochum eine durchweg biedere Leistung zeigte und dennoch locker die drei Punkte im heimischen Stadion behielt.
Zehn Minuten lang passierte auf dem Rasen gar nichts. Dann versuchte Bochum zaghaft etwas zum Spiel beizutragen und Schalke ging mit der ersten Möglichkeit in Führung. Ein Weitschuss von Altintop, der von der Gastgeber-Abwehr überhaupt nicht angegangen wurde, eine schlechte Abwehr von VfL-Keeper Fernandes und plötzlich steht Kevin Kuranyi frei vor dem Tor und schiebt den Abpraller locker zum 1:0 ein. Da war etwas mehr als eine Viertelstunde gespielt und fast ertappte ich mich in Gedanken dabei, trotz des bis dato miserablen Spiels die Blitztabelle im Kopf auszurechnen.
Nach dem Führungstreffer tat Schalke noch weniger. Obwohl man gleich vier Stürmer aufgeboten hatte – neben Kuranyi durften sich auch Asamoah, Farfan und (hinter den Spitzen) Altintop versuchen – spielte man letztendlich gänzlich ohne Offensive. Auch im Mittelfeld konnte man zu keinem Zeitpunkt Dominanz ausüben und das Fehlen des gelbgesperrten Jermaine Jones kompensieren. Ivan Rakitic mühte sich zwar redlich, ließ sich aber durch viele nickelige Fouls des VfL zu schnell und zu leicht den Schneid abkaufen. Orlando Engelaar tat indes das, was in den Niederlanden eventuell „kontrollieren“ genannt wird. Ich nenne es jedoch lieber „sinnlose Pirouetten drehen“.
Kein Sturm, kein Mittelfeld – eine bessere Einladung kann es für einen Gegner gar nicht geben. Und so ließ sich Bochum letztendlich von Schalke nach langem Bitten dazu überreden, die bessere Mannschaft zu werden. Zunächst ohne irgendeine Folge für das Spiel (sieht man mal vom Eckballverhältnis von 11:0 ab, das allerdings in erster Linie einem Krstajic’schen Querschlägerfestival geschuldet war), kurz vor der Halbzeit dann aber doch mit Erfolg. Keine 60 Sekunden nachdem Sestak aus sechs Metern an Manuel Neuer gescheitert war, zieht Mimoun Azaouagh aus 25 Metern einfach mal ab und überwindet mit einem Flatterball den Schalker Schlussmann. Mit dem – bereits jetzt – aus Schalker Sicht sehr schmeichelhaften 1:1 ging es kurz darauf in die Kabinen.
Zurück aus der Pause hatte man für ein paar Minuten den Eindruck, als habe die Schalker Mannschaft den Ernst der Lage erkannt. Schalke war das aktivere Team nach dem Wiederanpfiff und fing sich dennoch durch einen Konter das überflüssige 1:2 (57. Minute). Dass Rakitic im Mittelfeld ausrutscht und somit den Angriff für Bochum überhaupt erst ermöglicht, kann ja noch passieren. Dass danach zwei Bochumer die gesamte Schalker Abwehr alt aussehen lassen und Dabrowski letztendlich den Ball aus drei Metern vorbei am auf der Linie klebenden Kobiashvili reindrücken darf (Neuer war nach einem Querschläger unter Beteiligung von Krstajic längst geschlagen) ist hingegen dumm.
Stichwort „dumm“. Genau so präsentierte sich Schalke in der Folgezeit. Bochum drehte nach dem 2:1 nur noch an der Uhr, Schalke ergötzte sich daran, den Ball zwischen der eigenen Abwehr und dem defensiven Mittelfeld hin und her zu schieben. Als man dann endlich realisierte, dass man zurückliegt und eventuell die eine oder andere Aktion nach vorne zeigen sollte, war die 88. Minute bereits angebrochen. Zu mehr als zu einem Pfostenschuss nach Freistoß des eingewechselten Christian Pander und einer unglaublich fahrlässig vergebenen Großchance des ebenfalls eingewechselten Sanchez reichte es dann nicht mehr.
Schalke verliert verdient in Bochum. Von der oft beschworenen spielerischen Weiterentwicklung ist nichts zu sehen. Im Gegenteil wirkt das Team mittlerweile erschreckend blutleer , einfalls- und emotionslos. Der „kicker“ sieht’s ganz ähnlich.
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9 Kommentare zu “Schalkes Serie reißt”
Hallo Matthias !
Eine sehr treffende Analyse. Die Mannschaft scheint wirklich den Ernst der Lage nicht zu begreifen, was mich allerdings im Nachgang viel mehr erschüttert ist, wie im Schalker Umfeld reagiert wird. Der Manager verordnet sich einen „Maulkorb“ (ok, vielleicht nicht die schlechteste Idee), der Rechtsverteidiger Rafinha erlaubt sich (wiedermal) eine Disziplinlosigkeit (man konnte genau sehen, dass er den Gegenspieler erwartete und dann den Ellbogen nach hinten hochzog) und der darauf angesprochene Trainer versucht einen lächerlichen Erklärungswischwasch anstatt auf die Situation nicht einzugehen und sich im Anschluß diesen Spieler zu „kaufen“. Der Disziplinlosigkeit wird unser Trainerstab offensichtlich nicht Herr ! Und dann lässt man sich von Premiere noch Herrn Kuranyi zum Interview laden, der in letzter Zeit in der Presse eher unglücklich agierte. Ein völliges Versagen der sportlichen Führung des Vereins.
Das „Manni Breukmannsche“ 0:7:3 System wurde wieder mit aller Gewalt zu Ende gespielt. Der Mittelfeldstratege Engelaar fiel einmal mehr durch spielerische Eröffnungspässe in die Breite des Raums, gekonnter Ballannahmen mit Ballgewinn für den Gegner und allzu ungenauer Pässe um Sicherheit auszustrahlen auf. Spielerischen Fortschritt, den das Management ja durch Herrn Rutten erreichen wollte ist überhaupt nicht auszumachen. Der Auftritt ist genauso, momentan sogar blutleerer. Fazit: Entweder ist die Mannschaft so , dass sie diese Anforderungen nicht umsetzen kann oder der Trainer nicht in der Lage Ihnen eine spielerische Weiterentwicklung einzurichten. Es kommt auf das selbe raus, die Spieler sind von der sportlichen Führung geholt worden und der Trainer auch. Grundsätzlich muss man sich fragen ob hier das Schalker Scoutingsystem nach dem Weggang von Helmut Schulte und Rudi Assauer gänzlich zusammengebrochen ist.
Ich hoffe auf eine zumindest von der Einstellung her gut eingestellte Mannschaft für das Derby gegen Lüdenscheid und werde jetzt versuchen diese völlig verdiente Niederlage zu vergessen.
Ganz Fußball-Deutschland, außer BXB, hofft am Freitag auf einen Schalker Sieg. Dann werden Müller und Rutten vorerst nicht entlassen und es darf weiter über Schalke gelacht und geschrieben werden. (BLÖD-Zeitung)
Das über Jahre hinweg mühsam aufgebaute positive Renommee in ganz Europa, als deutscher Spitzenverein mit modernster Arena, ist derzeit völlig zerstört. Zudem zerfällt die Mannschaft zusehends. Spieler wie Löve werden „abgeschenkt“ aus ihrem Vertrag entlassen, Ernst verlässt den Verein, wohl vorausschauend, in einer Nacht- und Nebelaktion und Rafinha provoziert mit seinen wiederholten Undiszipliniertheiten auf und neben dem Platz seinen Abgang im Sommer. Wenn es keine Kehrtwende gibt, werden andere Spieler sicher folgen. Ebenso werden dann einige Sponsoren die Höhe ihres finanziellen Engagement auf Schalke überdenken müssen.
Müller hängt hingegen an seinem Job wie Bankmanager Ackermann am Geld, unterwirft sich selber einem Presseboykott (???) und disqualifiziert sich damit vollends für diese Aufgabe. Auch Rutten beweist von Spiel zu Spiel auf dem Platz und in Interviews, dass er eben nur ein Provinztrainer aus dem Frittenland ist – mehr nicht.
Dieses ganze Szenario war schon vor Monaten absehbar und wurde in diesem Blog schon häufiger beschrieben. Ich hoffe, dass der Aufsichtsrats vorbereitet ist, bevor die Fans ganz durchdrehen oder resignieren. Glück auf!
Tolle, fundierte Kommentare, die ich mal so aus Frust so zusammenfassen will:
Es ist kaum noch vorstellbar, dass wir am Ende der Saison irgendwo in Europa mitspielen können. Selbst wenn nach dem verlorenen Spiel am kommenden Freitag Trainer und Herr Müller ihren Hut nehmen müssten, so müsste zusätzlich die Hälfte des Spielerkaders ausgetauscht werden, um wieder einen blauen Streifen am Horizont sehen zu können. Nach diesem Spiel bin ich überzeugt, dass auch viele der Spieler gar nicht mehr wollen, andere gar nicht richtig können, und offenbar auch keine Ideen von außen einfliessen, die dieses Elend abstellen könnten. —–
Hat sich irgendjemand schon mal die Mühe gemacht die Antriebsbereitschaft, Schnelligkeit des Einsatzes unserer Mannschaft mit modern spielenden anderen Bundesligamannschaften (Bayer, Hoffenheim, HSV und ein bißchen auch die anderen …) zu vergleichen?
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Ich denke wir müssen uns ernsthaft damit beschäftigen, dass in der nächsten Saison keine internationalen Spiele anstehen werden.
Damit verbunden sein dürfte dann der Weggang der wenigen Spieler die in Ansätzen die Qualifikation für internationale Wettbewerbe besitzen. So kommt dann zwar Geld in die Kasse, doch ohne internationale Wettbewerbe sinken die Einnahmen auch entsprechend, die Sponsorengelder nehmen ab und somit fehlt das Geld neue, gute Spieler zu bezahlen (wenn ich hier von neuen, guten Spielern spreche gehe ich davon aus das Herr Müller nicht mehr verantwortlich ist).
Das bonders Schlimme dabei ist, das in einer Saison alles, was in den letzten Jahren erarbeitet wurde einfach weggeschmissen wird.
@matthias
Hast Du eventuell auch schon einmal darüber nachgedacht, daß in Schalkes Kader viele Spieler sind, die davon profitieren falls Schalke sich nicht für einen internationalen Wettbewerb qualifiziert und damit keine großartigen finanziellen Möglichkeiten in der Sommerpause bestehen? Mir kommt das langsam so vor, zusätzlich zur spielerischen Armut natürlich. Irgendwie erinnert mich das alles an Stuttgart nach dem Weggang von Magath. Einige Spieler mit guten Verträgen, die aber bei Neuverpflichtungen bestimmt auf der Bank landen würden und einige Spieler, die gerne den Verein verlassen würden und sich vielleicht niedrigere Ablösesummen erhoffen. Ist aber nur so eine Vermutung meinerseits, aufgrund des Offensichtlichen. Ich garantiere für den Rest der Saison Siege, die einen internationalen Startplatz nicht in Reichweite bringen.
Den Spielern Absicht zu unterstellen finde ich hanebüchen. Gegen Bremen war der Einsatz ok. Gegen Hannover war Schalke die bessere Mannschaft und es wurde sicher nicht absichtlich 10 mal knapp am Tor vorbei geschossen. Und das letzte Spiel der Hinrunde im Hoffenheim war vom Kampf her das vielleicht stärkste Spiel der Saison.
Es gibt an der spielerischen Armut, an der mangelnden Torausbeute und an den Disziplinlosigkeiten sicher genug rumzumäkeln. Da muss man sich doch nicht auch noch was dazualbträumen …
Auch nicht so ein ganz kleines bisschen, so im Unterbewußtsein? Ist ja nicht so, das dies in Fußballmannschaften noch nie vorgekommen wäre. Da muß keine volle Absicht hinterstecken.
Ich halte die ganze Serien Geschichte für ein böses Omen. Es ist aber mittlerweile zur Serie ohne Zuschauer geworden. Langsam meint man das ein Herr „Schulz“ dringend ins Sanatorium gehört. Wie sonst kann diese Daily Soap durchbrochen werden??? Es wird Zeit das wieder richtig Fussball gespielt wird und das die Fans wieder eine Mannschaft sehen die mit Herzblut spielt. der alte Spruch „Elf Freunde sollt ihr sein“ sollte mal wiederbelebt werden.
Ich verpasse mir hier selber mal lieber einen Maulkorb.
Glück auf…