Mit Schalke in Barcelona – das große Finale
Ein paar Stunden vor dem Anpfiff des Achtelfinales im UEFA-Cup beim US Palermo komme ich jetzt endlich dazu, die begonnene Serie mit Reiseberichten zur mittlerweile zwei Wochen zurückliegenden UEFA-Cup-Runde der letzten 32 Mannschaften abzuschließen: Mit Schalke in Barcelona – das große Finale!
Mit dem Samstag (25. Februar) war unser letzter „voller“ Tag in der Hauptstadt der Katalanen angebrochen. Die zurückliegenden drei Tage waren anstrengend, feierintensiv, eindrucksvoll und die darauf folgenden Nächte viel zu kurz. Nach Rücksprache mit unseren Waden und Füßen entschloss sich unsere kleine Reisegruppe, bestehend aus Michael, Oliver, Georg, Henrietta und mir, das Angebot des öffentlichen Personen-Nahverkehrs in Barcelona wahrzunehmen und uns so ein paar Laufkilometer zu ersparen.
Die erste Station des Tages wurde der „Park Güell„. Wer nach Barcelona kommt und einen halben Tag Zeit mitbringt, darf sich dieses Highlight nicht entgehen lassen. „Park Güell“ ist eine Mischung aus Landschaftsgarten und Freilichtmuseum mit atemberaubender Architektur, die so perfekt in die Natur und Umgebung eingefügt ist, dass man sie zumeist erst auf den zweiten Blick erkennt. Säulen und Arkadengänge wirken nicht wie künstlich angelegt, sondern als seien sie in Jahrtausenden gewachsen. Und hier erkennt der geübte Barcelona-Tourist schnell: Da hat doch wohl wieder der Gaudi seine Finger im Spiel gehabt.
Die Entstehungsgeschichte von Park Güell ist ziemlich lustig. Verkürzt niedergeschrieben begab es sich in etwa so: Um 1900 herum hatten Industriebarone die Innenstadt von Barcelona mit Schornsteinen und Produktionshallen zugekleistert. Da die Stadt in einer Talsenke liegt und die umliegenden Berge einen nur zum Meer hin offenen Kessel bilden, kam es insbesondere im Sommer oft vor, dass die verschmutzte Luft tagelang drückend in der Stadt stand. Das passte den steinreichen Industriebossen natürlich nicht und sie sagten sich: „Kerl, dat Barcelona is‘ abba auch’n ganz schön schäbbiges Plätzken. Da muss doch wat zu machen sein! Da oben auffem Hang is‘ doch noch wat frei, oder?“ Ein Industrieller namens Eusebi Güell gab schließlich den Auftrag, am Rande von Barcelona, auf einem der Stadt zugeneigten Berghang, eine Gartenstadt zu erbauen, in die sich die Schönen und Reichen der Zeit zurückziehen konnten. Der Park wurde in den Jahren 1900 bis 1914 tatsächlich vom Architekten Antoni Gaudi und ein paar Mitstreitern angelegt. Die geplante Gartenstadt entstand allerdings niemals, da sich keine Käufer für die Grundstücke im Park fanden. Dumm gelaufen. Unter dem Strich muss es also ein ziemlicher finanzieller Reinfall für den guten Herrn Güell gewesen sein, dem Barcelona heute ein Weltkulturerbe verdankt.
Im Park kann man stundenlang spazieren, auf verschlungenen Wegen kleinere Gipfel erklimmen, auf der riesigen Sonnenterasse sowie in kunstvoll gestalteten Sitzecken ausspannen und immer mal wieder den Blick über Barcelona genießen. Da an unserem vierten Tag auch endlich die Sonne komplett herauskam und sich frühlingshafte Temperaturen einstellten, verweilten wir bis in den frühen Nachmittag hinein in der Anlage und genossen das Leben.
Gegen 14 Uhr brachen wir dann auf in Richtung „Camp Nou„, dem Stadion des FC Barcelona. Natürlich wäre es uns lieber gewesen, wenn Schalke statt gegen die kleinen Espanyols im Olympiastadion gegen den großen „FC“ im Camp Nou gespielt hätte. Eine Besichtigung des Stadions wollten wir uns dennoch nicht entgehen lassen. Leider – oder auch zum Glück – hatte der FC Barcelona an diesem Tag kein Heimspiel, so dass uns auf unserer Besuchertour durch den Fußballtempel fast alle Wege offen standen. Sogar die Umkleidekabine für Gästemannschaften durften wir besuchen und danach den Spielertunnel bis hinauf auf den Rasen durchschreiten. Wirklich beeindruckend! Offen standen uns auch die VIP-Tribünen, die Kabinen für die Pressevertreter und der Raum, in dem nach Spiel die Pressekonferenzen abgehalten werden, inklusive „Mixed-Zone“, wo Spieler und Journalisten direkt nach dem Spiel aufeinander treffen. [Im Pressekonferenz-Raum entstand auch das kleine Foto von mir etwas weiter unten.] Gegen 17 Uhr, wir saßen gerade wie die Ölgötzen auf den Fernseh-Reporterplätzen, vermeldete mir mein mobiles Handtelefon per Kurznachrichtendienst das 2:0 von Schalke gegen Nürnberg – besser kann es kaum laufen, oder.
Witzig wurde es im Vereinsmuseum, wo mich ein Mädchen ansprach, ob ich denn nicht ein Foto von mir und dem Champions-League-Pokal machen wolle. „Niemals packe ich den jetzt an! Erst wenn Schalke den Pott gewonnen hat!“, erwiderte ich im Brustton der Ãœberzeugung, schlug aber vor, die Gute könne ja den UEFA-Cup hervorkramen, mit dem ich mich sehr wohl fotografieren lassen würde. Betretendes Schweigen war die Folge und dann folgte die Erklärung: „Barcelona never won the UEFA-Cup“, teilte mir die Museumswärterin betreten mit, was mein angesichts der beeindruckenden Barca-Trophäensammlung leicht angeschlagenes Schalker Selbstwertgefühl schlagartig aufrichtete.
Nach einem Besuch des FC Barcelona-Fanshops, der so manchem Karstadt-Warenhaus hierzulande Ehre machen würde, trotteten wir weiter in den Stadtteil „Sants“, wo an diesem Abend ein Karnevalszug stattfinden sollte. Er fand dann auch statt und so feierten wir mitten in Barcelona eine Mischung aus rheinischem und südamerikanischen Karneval. Mit der U-Bahn ging es gegen 21 Uhr schließlich zurück zum Hotel. Es folgte ein kurzes Abendessen in einer nahegelegenen Bar, aber insgesamt waren wir nach den vier zurückliegenden Tagen einfach zu platt, um noch einmal einen „richtigen Ball“ veranstalten zu können. Weit vor Mitternacht landeten wir so bereits in unseren Betten.
Der Rest der Reise ist schnell erzählt. Gegen sechs Uhr morgens klingelte uns der Wecker am Sonntag aus den Federn, danach checkten wir schleunigst aus dem Hotel aus, wanderten zum Busbahnhof „Estacio del Nord“ und bestiegen den Shuttlebus zum Flughafen Girona. Der Flug selbst verlief ruhiger als der Hinflug, obwohl immer noch etliche Schalker sich mit Schals und Mützen zu erkennen gaben. Als wir gegen 13 Uhr in Weeze aufsetzten hatte uns das kalte Deutschland wieder. Etwa zweieinhalb Stunden später standen Henrietta und ich erschöpft aber glücklich vor unserer Wohnungstür.
Barcelona war auch in diesem Jahr eine Reise wert und es kann gut sein, dass es Henrietta und mich auch 2007 wieder in diese wunderschöne Stadt ziehen wird. Obwohl wir jetzt schon unseren zweiten Trip nach Barcelona innerhalb von 12 Monaten hinter uns gebracht haben, ist immer noch viel zu viel zu entdecken als das man sagen könnte: OK, das war’s. Die Kombination von Schalke-Tour und Städtereise hatte insbesondere für mich durchaus ihren Charme. Ob ich Henrietta allerdings noch einmal dazu überreden kann, mit Schalke auf Europatournee zu gehen, lasse ich angesichts mancher leider auch negativer Erfahrung (Stichwort: besoffene jugendliche Fußballprolls, die sich für die „ganz Harten“ halten) aber dahingestellt.
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