Archiv für die Kategorie 'Schalke'

Aug 24 2010

Jetzt die eigene Fan-Biografie ersteigern!

Autor: . Abgelegt unter Schalke

Es gibt Ereignisse in der jüngeren Geschichte des FC Schalke 04, bei denen jeder dabei war. Das legendäre 3:1 bei Union Solingen im März 1989, als Schalke erfolgreich nach dem letzten Strohhalm in Richtung Zweitliga-Klassenerhalt griff. Das historische Match gegen Blau-Weiß 90 Berlin in derselben Saison, als vor 60.000 Besuchern der Klassenerhalt nach einer Horror-Saison auch rechnerisch sichergestellt wurde. Später, in der Spielzeit 1990/91, waren es die wegweisenden letzten Spieltage der Saison, in denen Schalke die Rückkehr in das Oberhaus sicherstellte und bei denen natürlich ausnahmslos jeder mit von der Partie war.

Der erste Bundesliga-Sieg gegen Dortmund nach dem Aufstieg; das Jens-Lehmann-Straßenbahnspiel in Leverkusen; Jenselmanns Kopfballtreffer in Dortmund; Andreas Müllers Tor nach Europa; das Finale in Mailand und – um etwas aktueller zu werden – die „19:04-Aktion“ beim Spiel gegen Bayern, das auch gleichzeitig Manuel Neuers erstes Spiel für den S04 war: All‘ diese Ereignisse dürfen nicht unerwähnt bleiben, wenn zwei oder mehr Schalker beim abendlichen Bierchen miteinander klönen. Und natürlich hat jeder seine ganz eigenen Erinnerungen an die besagten Tage. Man war ja schließlich dabei.

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Aug 22 2010

Nicht alles war schlecht

Autor: . Abgelegt unter Schalke

Sekunden vor dem Schlusspfiff hatte Lukas Schmitz den Ausgleich auf dem Fuß. Die Schussbahn zum Tor war frei, HSV-Keeper Rost war nach seiner Parade eines Gewaltschusses von Uchida für Sekundenbruchteile aus dem Spiel genommen, der Winkel war auch nicht zu spitz, doch Schmitz verzog den Schuss und semmelte den Ball in den Hamburger Abendhimmel. Es wäre ein glücklicher Ausgleich gewesen, denn in den 90 Minuten zuvor hatte sich der HSV den Sieg redlich verdient. Mit Ausnahme der Torhüterposition hatte Schalke zum Saisonauftakt im direkten Vergleich mit dem Gegner in allen Mannschaftsteilen einfach zu wenig gezeigt, um sich einen Auswärtspunkt zu verdienen.

Nein, es war nicht alles schlecht, was der mitten im Umbruch befindliche Kader präsentierte. Die Moral beispielsweise stimmte. Anders hätte man 30 Minuten in Unterzahl gegen einen in der zweiten Halbzeit teilweise wie entfesselt aufspielenden Gegner nicht überstanden. Hamburg war beim Spielstand von 1:0 und mit dem Rückendwind der Überzahl zeitweise drauf und dran, Schalke abzuschießen. Doch Manuel Neuer, eine gehörige Portion Glück und die Hamburger Chancenschlamperei hielten den S04 im Spiel. Mehr noch: Nach 80 Minuten konnte Jefferson Farfán durch eine spektakuläre Volleyabnahme einer Rakitic-Freistoßflanke sogar ausgleichen. Da beinahe im direkten Gegenzug Ruud van Nistelrooy, der bereits Sekunden nach dem Wiederanpfiff getroffen hatte, seinen zweiten Treffer folgen ließ, blieb es jedoch nur ein kurzer Moment des königsblauen Glücks.

Beide Gegentore wurden über die rechte Außenbahn eingeleitet, auf der sich zunächst Matip, später Uchida zwar mühten, zu keinem Zeitpunkt aber ihre flinken Gegenspieler Elia und Zé Roberto stoppen konnten. Man musste kein Prophet sein, um in den letzten Wochen die Mutmaßung anzustellen, dass die rechte Außenbahn nach dem Abgang von Rafinha eine größere Schalker Baustelle sein wird. Dermaßen desaströs wie gestern musste man es allerdings auch nicht befürchten. So gerne ich den jungen Joel Matip spielen sehe, so entschieden hoffe ich, dass Magath ihn nicht noch einmal hinten rechts spielen lässt. Matip ist im defensiven Mittelfeld deutlich besser aufgehoben.

Stichwort Mittelfeld. Hier fehlt Schalke nach wie vor die Kreativität. Zwar sind insbesondere bei Ivan Rakitic einige positive Ansätze zu erkennen, doch einen echten Spielmacher kann er einfach nicht darstellen. Jermaine Jones ackerte zwar in seinem ersten Bundesligaspiel seit mehr als einem Jahr redlich und war zeitweise der aktivste wennglich auch glückloseste Schalker, doch auch er ist es nicht, der die Bälle gekonnt in die Spitze spielt. Genau deshalb hing der Schalker Sturm fast über die gesamte Spielzeit hinweg in der Luft, was insbesondere an Raul zu erkennen war.

Das positive Fazit des Samstagabends ist, dass man durchaus erahnen kann, wie diese Mannschaft in den kommenden Wochen noch zusammenwächst. Realistisch gesehen muss man jedoch feststellen, dass Schalke noch mindestens ein stabiler Außenverteidiger (auch Hao auf links kann nur eine Übergangslösung sein) und ein kreativer Mittelfeldspieler fehlt. Ich bin zuversichtlich, dass sich hier noch etwas tun wird. In Hoffenheim, wenn die Sommer-Transferliste geschlossen ist, wird sich zeigen, ob Schalke das Übergangsjahr mit dem Erreichen von höheren Zielen verbinden kann.

Mehr zum Spiel schreibt derwesten.de.

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Aug 19 2010

Google Stadium-View

soccerview
Die Diskussionen um Google Street-View werden immer skurriler.
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Aug 18 2010

SFCV: „Faktisch seit einem Jahr keine Kommunikation mehr“

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Die nächste Runde im hausgemachten Zoff ist eingeläutet: Heute veröffentlichte der Schalker Fan-Club-Verband auf seiner Internetseite eine Erklärung, die das Resultat einer gestrigen Versammlung ist und in ihrer Ur-Form auch von den Ultras Gelsenkirchen, dem FC Schalke 04 Supporters Club e.V., der Schalker Fan-Initiative e.V. und dem Schalker Fanprojekt unterzeichnet wurde. Was mich am Inhalt dieser Erklärung besonders traurig stimmt ist, dass laut Angaben des SFCV die Kommunikation zwischen den „organisierten Fans“ und dem Verein bereits seit längerem brach liegt. Und das halte ich für eine sehr, sehr bedenkliche und unwürdige Entwicklung in unseren Verein. Hier geht es direkt zum Offenen Brief.

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Aug 18 2010

Heute bin ich Sampdoria-Fan

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Diesen Angriff auf das deutsche Fußballherz möchte ich mit einer kleinen Klugscheißerei in Richtung der Sport1-Sendung „Bundesliga Aktuell“ beginnen. Mag ja sein, dass sich Werder Bremens heutiger Champions-League-Quali-Gegner Sampdoria Genua in dieser Saison kostenintensiv verstärkt hat. Nur: Rafinha gehört nicht zu den Neuzugängen. Der Ex-Schalker spielt zwar neuerdings in der ligurischen Hauptstadt, jedoch beim Ortsrivalen CFC Genua.

Und dann möchte ich es nicht versäumen, dem SV Werder Bremen zu einem sensationellen Transfer zu beglückwünschen. Der Rede nach rund 15 Millionen Euro soll sich Real Madrid die Dienste von Mesut Özil haben kosten lassen. Das ist ein stattliches Sümmchen für einen Spieler, der in einem Jahr ablösefrei gewesen wäre und der zuletzt keinen Hehl daraus machte, dass er der Liste seiner Karrierestationen nach Buer und Bremen nun Bernabéu hinzufügen möchte. Natürlich gehen meine besten Glück- und Segenswünsche auch direkt an den Schalker Jungen, der jetzt das Trikot eines der bedeutendsten Clubs der Welt tragen wird.

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Aug 17 2010

Ein mäßig erfolgreich herbeigegeiferter Pokalfight

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DFB-Pokal - Bildquelle: wikipedia.orgWolf-Dieter Poschmann sah einen offenen, spannenden Pokalfight. Er sah eine unberechtigte Rote Karte, weil das Foul keine klare Torchance verhinderte, als der gerade erst von einer eineinvierteljährigen Langzeitverletzung genesene Jermaine Jones brutal von schräg-hinten umgegrätscht wurde. Er schilderte einen klaren Elfmeter, als ein Aalener Spieler geschwächt in Gegenwart von Christoph Metzelder zusammenbrach, und diagnostizierte daraufhin eine unsouveräne, von Unsicherheit geprägte Leistung des Schalker Neuzugangs. Immerhin, die Bratwurst war lecker – da waren sich die Kollegen des ZDF und von Sky einig. Das Drehbuch für den „Pokalfight am Montagabend“ stand bereits fest, als die TV-Movie-Redaktion vor ca. sechs Wochen völlig überraschend entschied, eine heiße Ische auf das Cover zu heben und die Ankündigung für die vermeintliche Sensation im DFB-Pokal abzudrucken. Wie das Spiel dann letztendlich läuft, ist total egal. Hauptsache man kann es irgendwie in das Schema „packender Pokalabend“ zwängen.

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Aug 16 2010

Rolf Rojek

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Rolf Rojek, Vorsitzender der Schalker Fan-Club Verbandes (SFCV) und deshalb oftmals als „Ober-Fan“ bezeichnet, ist nicht mehr offizieller Fan-Beauftragter des FC Schalke 04. Dies teilte der Verein dem SFCV am vergangenen Donnerstag telefonisch mit. Während der FC Schalke 04 als Begründung angibt, es bestünde beim  SFCV-Vorsitzenden Rojek ein Interessenkonflikt, der den neuen DFL-Statuten nach eine Weiterbeschäftigung als Fan-Beauftragter unmöglich mache, dementiert dies der SFCV in seiner offiziellen Stellungnahme und lässt stattdessen verlautbaren:

Wir betrachten diese Entscheidung als einen massiven und grundlosen Angriff auf die jahrzehntelang gewachsenen, intakten und durchaus manchmal auch kritischen Strukturen der gesamten Schalker Fanszene.

Die einstimmig gefallene Entscheidung des Schalker Vorstandes zur Absetzung des langjährigen Fan-Beauftragten sorgt seitdem in der Presse für großen Wirbel. Im Internetangebot der WAZ-Gruppe kommentiert Reinhard Schüssler beispielsweise:

Unter diesen Vorzeichen gilt es als selbstzerstörerisch, mindestens aber als Eigentor, sich mit den eigenen Fans anzulegen. (…) Ein riskanter Kurs. (…) Es geht um den Stil, die Vermittlung und die öffentliche Wahrnehmung einer Handlung, die fatal daran erinnert, dass Magaths erste ‚Sanierungsversuche‘ auf Kosten von acht langjährigen Mitarbeitern, u.a. einem Hausmeister, gingen.

Auch in der heutigen Print-Ausgabe der Zeitschrift „Reviersport“ nimmt das Thema einen großen Raum ein. Heiko Buschmann prognostiziert einen großen „Fans vs. Magath-Machtkampf“:

Den Kampf mit 85.000 Mitgliedern des Dachverbands der Anhänger kann er auf Dauer nicht gewinnen. (…) Rojek abzusägen war vor einer Spielzeit, in der die Mannschaft es so schon schwer genug haben wird, das Erreichte zu wiederholen, ein folgenschweres Eigentor.

Als Grund für die Demission Rolf Rojeks wird allenthalben ein Interview mit dem „Reviersport“ angegeben, in der Rolf Rojek am 4. Juni unter der Überschrift „Die Fans müssen wieder mit ins Boot“ Kritik an der Führung des FC Schalke 04 geäußert haben soll. Die kritischste Passage dieses Interviews, das ansonsten relativ unspektakulär daherkommt und in dem sich Rojek zumeist sehr versöhnlich und vermittelnd gibt, liest sich wie folgt:

Uns auf Schalke hat immer der Zusammenhalt stark gemacht. Wir Fans wollen Verantwortung für unseren Verein übernehmen. Vielleicht ist es für Menschen, die aus anderen Klubs zu uns kommen, mitunter auch schwierig hier. Das soll gar kein Vorwurf sein, aber Schalke ist nun einmal nicht Wolfsburg. Hier haben die Fans einen anderen Stellenwert.

Man kann sich sicherlich darüber streiten, ob diese Anmerkungen ausreichen, den Zorn eines gesamten (Stichwort: einstimmige Abberufung) Vorstandes auf sich zu ziehen. Und da ich – ähnlich wie Torsten Wieland – ungerne im Kaffeesatz von Internas herumprokele, die mir nicht bekannt sind, muss man die vorgenannten Medienzitate vielleicht auch einfach so stehen lassen. Allerdings möchte ich doch noch etwas Grundsätzliches zum ebenfalls oft veröffentlichen Vorwurf anmerken, nachdem Rolf Rojek durch Ausspielung seiner „Fan-Macht“ eine Satzungsänderung zugunsten einer erweiterten finanziellen Machtbefugnis des Vorstandsmitgliedes Felix Magath im Alleingang verhindert habe:

Als aktives Mitglied und Schriftführer des münsterschen Schalke-Fanclubs „Monasteria“ kann ich nicht bestätigen, dass der SFCV oder Rolf Rojek sich vor oder nach der letzten Jahreshauptversammlung an unseren Fanclub gewandt und gegen eine Satzungsänderung Stimmung gemacht haben.

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Jul 26 2010

So wie einst Real Madrid!

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In den nächsten Minuten dürfte Raúl González seinen Wechsel von Real Madrid zum FC Schalke 04 bekannt geben. Alles andere wäre nach dem jetzigen Stand doch eine riesige Überraschung. Raúl ist zweifelsohne eine der schillerndsten Fußballpersönlichkeiten der letzten eineinhalb Jahrzehnte. Seine sportlichen Verdienste sind unbestritten, seine charakterlichen Eigenschaften sind – zumindest nach dem, was man hier in Deutschland mitbekommen hat – tadellos. Seit elf Jahren (mit derselben Frau!) verheiratet, fünf Kinder, private Eskapaden sind nicht bekannt – einen Hallodri stellt man sich anders vor. Zweifel sind aufgrund seines Alters allerdings erlaubt. 33 Lenze sind zwar noch nicht die Vorstufe zur Frühverrentung, aber im Profifußball doch eindeutig die Zielgerade der Karriere. Keine Zweifel sollten hingegen an der Spielpraxis bestehen. Zwar spielte Raúl bei den Königlichen zuletzt nicht mehr die erste Geige, jedoch brachte er es in der letztjährigen Champions-League-Saison immerhin auf sieben Einsätze (zwei Tore, ein Assist) und in der Primera Division auf 30 Spiele (fünf Tore, fünf Assists). Einschränkend muss man jedoch anmerken, dass er von diesen 30 Spielen lediglich zwei über die vollen 90 Minuten bestritten hat. Zumeist wurde er zwischen Minute 65 und 80 eingewechselt. Aber hey! Mit Karim Benzema, Angel di Maria und Gonzalo Higuain buhlten neben Raúl eben auch keine Vollblinden um die Stammplätze im Sturm. Außerdem sind die Vorgenannten durch die Bank zehn Jahre jünger als das „Schlachtross“.

Raúl war über mehr als ein Jahrzehnt hinweg „das Gesicht von Real Madrid“ und das, obwohl er kein Eigengewächs war, spielte er doch in seiner Jugend beim Lokalrivalen Atletico. Angedenk seiner Verdienste steht jetzt schon fest, dass Raúl nach seinen zwei Jahren auf Schalke wieder zurück zu den Königlichen gehen wird, um dort im Verein außerfußballerische Tätigkeiten zu übernehmen. Und genau das kommt einem doch echt bekannt vor, denn genau so einen Fall hat Schalke mit Gerald Asamoah auch. Und noch eine Parallele gibt es, denn zusammen mit dem Stürmer wechselte auch ein Abwehrspieler den Verein, der sich beim bisherigen Arbeitgeber nicht mehr die größten Chancen ausrechnete. Bei Madrid war es Christoph Metzelder, bei Schalke Carlos Zambrano. Schalke macht’s also genau so wie Real Madrid – das ist doch schon mal was!

Bliebe nur noch die Frage, an wen St. Pauli gedenkt, einen verdienten Stürmer und einen mehr oder minder perspektivlosen Abwehrspieler abzugeben. Im Sinne des kosmischen Gleichgewichts sollte da doch etwas zu machen sein.

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Jul 22 2010

Tage der Weichenstellung, Teil 2

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Am vergangenen Wochenende lernte ich am Rande des “Schlager-Move” in Hamburg zusammen mit ein paar Kumpels ein mittelaltes Mädel kennen. Früher oder später musste beim Small-Talk auch das Thema “Arbeit” aufs Tapet. Und noch bevor ich meine angestrengt höfliche Frage “Und, was machst du so beruflich?” loswerden konnte, wusste ich im Grunde längst die Antwort. Schwarze Hornbrille, schwarze Jeans, schwarzes Oberteil, schwarze Schuhe, desinteressiert-gelangweilter Blick… “Ich bin Kreative!” schallte es mir entgegen und bestätigte sämtliche Vorurteile, die ich seit Jahren gegen dieses Klientel von Leuten hege, die sich selbst ohne Rot zu werden “Kreative” schimpfen.

Mit der Kreativität ist das so eine Sache. Ich habe schon Affen im Zoo gesehen, die unglaublich kreative Dinge mit ihren Körperausscheidungsprodukten anstellen. Und ich habe schon unglaublich viele Menschen gesehen, die für ihre überbordende Kreativität mit unmoralisch hohen Gehältern bedacht werden, denen Privat aber auch nichts besseres einfällt, als sich in die schwarz-schwarz-schwarze Uniform zu werfen, schwarze Hornbrille inklusive.

Wenn es einen Ort gibt, in dem ich das Wort “Kreativer” allerdings unumwunden anerkenne, dann ist es das Fußballfeld. Der Rasen ist für alle Spieler gleich groß, das Spiel dauert für alle gleich lang, der Ball ist für alle gleich schwer und gleich rund. Dennoch gibt es Spieler, die mit Raum, Zeit und Ball anders, einfach kreativer, umgehen, als die meisten. Um es gleich zu sagen: Einen solchen Ballkreativen haben wir auf Schalke schon verdammt lange nicht mehr gehabt. Womit wir dann auch beim heutigen Thema wären: dem Mittelfeld.

Die Liste der Schalker Mittelfeldspieler ist unendlich lang. Nominell im Mittelfeld beschäftigt sind Hao, Rakitic, Baumjohann, Kluge, Jones, Pliatsikas, Latza, Moritz, Kenia, Matip und Stefanovic. Im letzten Jahr waren Lewis Holtby und Jan Moravek auch noch dabei, doch mittlerweile kicken ausgerechnet die beiden, denen ein gewisses Maß an Kreativität zurecht nachgesagt wird, auf Leihbasis bei anderen Vereinen. Einen “Kreativen” sucht somit man unter den elf verbliebenen vergeblich. Kluge, Jones, Pliatsikas, Latza, Moritz, Hao und Matip kann man dies noch am wenigsten vorwerfen, denn sie gehören allein schon von ihrer Spielanlage her eher in die vorgezogene Abwehr, als ins kreative Spielzentrum. Blieben also Baumjohann, Kenia und Rakitic. (Den lange Zeit verletzten Nachwuchsspieler Stefanovic lasse ich mangels Kenntnis komplett außen vor.) Drei Spieler, die eigentlich Schalkes pulsierendes Offensiverz sein sollten, es aber nicht können. Bei Rakitic ist man ja mittlerweile hochzufrieden, wenn er “ordentlich” spielt. Seitdem er als “6er” im Mittelfeld das Spiel des Gegners beackerte, leistet er in der Tat seinen Teil zum Erfolg. Doch es hat fast drei Jahre gedauert, um ihm klarzumachen, dass er alles ist, nur kein Spielmacher. Baumjohann kam in der vergangenen Winterpause von den Bayern und scheint den zwischenzeitlich hergestellten Anschluss zum Kader auch schon wieder komplett verloren zu haben. In Magaths öffentlichen Überlegungen spielt der ehemalige “Wunschspieler” jedenfalls keine große Rolle. Und Kenia? Hochtalentiert ja, aber bringt er sein Potenzial auch auf die Straße? Bedingt. Es wäre fahrlässig, in ihm die große Spielmacherhoffnung zu sehen.

Notgedrungen spielte Schalke in den letzten Jahren deshalb ohne kreatives Mittelfeld. Vor Manuel Neuer stand zumeist eine achtköpfige Abwehr, die das Spiel des Gegners zu stören versuchte. Kreatives Passspiel auf Schalke meinte zumeist den einen Pass, der einen Konter einleitete. “Das Spiel machen” hieß für Schalke zu oft “Immer um den 16er herum spielen und irgendwann mal langer Hafer auf die Rübe von Kuranyi”. Wohlgemerkt auch unter Magath, der dieses System zuletzt regelrecht kultivierte.

Nun soll mal wieder alles anders werden. Magath wolle ein klassisches 4-4-2 mit Spielmacher spielen lassen, heißt es. Die Frage ist: Wer soll der Spielmacher sein? Im jetzigen Schalker Kader findet sich niemand, der diese Rolle auch nur ansatzweise ausfüllen könnte. Also wird gemutmaßt. Wer wird in den nächsten Tagen noch vorgestellt? Misimovic aus Wolfsburg? Finanziell unrealistisch! Affelay aus Eindhoven? Finanziell möglicher, aber durch die Vielzahl der Interessenten ebenfalls wohl eher eine Magath’sche Nebelkerze denn eine realistische Option. Realistisch ist leider etwas anderes: Entweder kommt ein total unbekannter “Bli-bla-blub-ovic” vom Balkan, oder Magath weiß längst, dass er sich seinen 4-4-2-Traum wieder ganz fein abschminken kann.

Nicht das hier ein falscher Eindruck aufkommt: Ich sehe das Schalker Mittelfeld an sich als gar nicht einmal ganz so schlecht. Es ist gespickt mit ehrlichen Arbeitern, die das vom Trainer vorgegebene Pflichtenheft brav und zuverlässig abarbeiten. Als ein prominenter “Neuzugang” stößt in diesem Jahr auch wieder Jermaine Jones hinzu, der Schalke zuletzt 13 lange Monate gefehlt hatte. Jones wird den kämpferischen Aspekt des Mittelfeldes zusätzlich stärken. Das Ur-Schalker Verständnis von “Mittelfeld als vorgezogene Abwehr” wird also auch in diesem Jahr wieder bedient werden. Mehr ist jedoch noch nicht in Sicht.

Genau deshalb fällt mein Fazit für die Substanz des Mittelfeldes auch deutlich pessimistischer aus, als für die der Abwehr. Ich befürchte, dass wir auch in der kommenden Saison nicht davon ausgehen können, dass Schalke agiert. Das Spiel des Gegners lesen, es behindern und dann blitzschnell durch einen Konter zuschlagen: das wird wohl auch 2010/2011 alles sein, was wir von den Blauen erwarten dürfen. Schade eigentlich.

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Jul 19 2010

Heiko Westermanns Abschied

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Seit Monaten schon wurde Heiko Westermann (im stetigen Wechsel mit Benedikt Höwedes) entweder mit dem Hamburger SV oder mit dem VfL Wolfsburg in Verbindung gebracht. Zumeist jedoch auf “transfermarkt.de-Niveau”, sprich: ohne größere Substanz. Das hat sich heute in einer Blitzaktion geändert. Sollte er sich auf dem Weg nach Hamburg, auf dem sich Westermann gerade befindet, nicht beide Beine brechen, wird er am Dienstag oder Mittwoch als Neuzugang der Hanseaten vorgestellt. Angeblich soll Schalke für den ursprünglich bis 2014 gebundenen Abwehrspieler eine Ablöse in Höhe von 7,5 Millionen Euro erhalten. Ob es jetzt in der Tat so viel ist, oder doch ein paar Hunderttausender weniger, sei einfach dahingestellt. Es bleibt dennoch eine fürstliche Summe und damit der erste nennenswerte Transfererlös seit dem Wechsel von Fabian Ernst in die Türkei zum Start der vorvergangenen Rückrunde.

Schalke muss sparen. “Sparen” bedeutet einerseits, ganz klassisch die Ausgaben zu reduzieren. In der Politik und im Sport besitzt “sparen” aber auch die Bedeutung von “Einnahmen generieren”. Genau das haben die Königsblauen im letzten Jahr durch Ligaplatz Zwei, den Einzug in die Champions-League, der Teilnahme am DFB-Pokal-Halbfinale und nicht zuletzt durch saftige Eintrittspreiserhöhungen zur kommenden Saison zwar getan, jedoch deutete sich zuletzt nach einer ziemlich langwierigen Knötterrunde von Felix Magath an, dass die erwarteten 20 Millionen Euro Mehreinnahmen direkt wieder reinvestiert werden sollen. Von “sparen” kann da also keine Rede sein.

Gespart hat Schalke in den letzten Wochen allerdings beim Gehalt. Mit Kevin Kuranyi ging der verlässlichste Torelieferant der letzten Jahre von Bord, aber eben auch der Top-Verdiener. Dass jetzt ausgerechnet mit Madrids Raul ein Kandidat in der Pipeline steht, der sicherlich nicht für einen warmen Händedruck spielen wird, steht zunächst auf einem anderen Blatt. Verabschiedet wurde auch Gerald Asamoah, der subventioniert nach St. Pauli abgegeben wurde. Die Ersparnis in diesem Fall soll bei ca. 1,5 Millionen Euro im Jahr liegen – kein Pappenstiel. Und dann ist da natürlich auch noch Marcelo Bordon, der in den Orient verschenkt wurde und nun seinen Gehaltsscheck in Katar bezieht. Deutlich geringer dürfte der Spareffekt beim an St. Pauli abgegebenen Carlos Zambrano ausgefallen sein, oder bei Jan Moravek, der wie Zambrano auf Leihbasis wechselte, allerdings zum anderen Aufsteiger nach Kaiserslautern. Kuranyi, Bordon und Asamoah schlagen also als echte Batzen in die Sparbilanz ein, der Rest ist eher zu vernachlässigen. So gesehen ist es sinnvoll und konsequent, dass mit Westermann nun auch ein vierter Großverdiener abgegeben wurde, und diesmal sogar gegen ein stattliches Entgelt.

Doch auch wenn man die finanzielle Seite einmal außen vor lässt, ist der Wechsel für mich von einer gewissen Sinnhaftigkeit umgeben. Sportlich gesehen gehörte Heiko Westermann leider zu den Verlierern der letzten beiden Jahre. Von der Sicherheit, mit der er insbesondere in seinem ersten Jahr auf Schalke auftrat und die ihn als Shootingstar in die Nationalmannschaft beförderte, war zuletzt nicht mehr ganz so viel zu sehen. Das mag vielleicht auch daran gelegen haben, weil er unter Magath überall spielte, nur nicht auf seiner bevorzugten Position des Innenverteidigers. Jedoch war es doch einst gerade die Flexibilität, die Westermann stark machte.

Die Übernahme der Kapitänsbinde wirkte sich zuletzt zusätzlich geradezu lähmend auf ihn aus. Das sahen längst auch neutrale Beobachter so, die offen über einen Wechsel der Kapitänsbinde spekulierten. Kurzum: In der letzten Saison war Heiko Westermann objektiv gesehen nach Rafinha, Bordon und Höwedes der schlechteste Stamm-Abwehrspieler.

Nach aktuellem Stand von heute besteht die Schalker Abwehr der kommenden Saison aus Höwedes, Metzelder, Rafinha, Hoogland, Papadopoulos und Uchida. Außerdem stehen mit Matip und Moritz noch zwei Youngster aus dem letzten Jahr bereit, die ebenfalls in der Defensive eingesetzt werden können. Acht Spieler für vier Positionen – das müsste unter normalen Umständen eigentlich reichen. Vielleicht wird Schalke in der kommenden Saison nicht mehr die zweitbeste Abwehr der Liga stellen, aber eine Schießbude werden die Blauen nach menschlichem Ermessen auch nicht abgeben.

Nichts desto trotz bleibt natürlich eine Frage, nämlich die, ob der Abgang von Heiko Westermann bei all’ diesen Überlegungen nicht doch eine sportliche Schwächung darstellt? Ja sicher! Westermann war trotz seiner Defizite der letzten 12 bis 18 Monate immerhin nicht ganz zu Unrecht Nationalspieler. Aber es ist nun einmal auch eine Schwächung, die man für 7,5 Millionen Euro in der aktuellen Schalker Finanzlage einfach hinnehmen muss.

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